Bücher binden in Falkensee!
In Falkensee blüht das Gewerbe: Zahlreiche Firmen haben ihren Sitz in der Gartenstadt vor den Toren Berlins. Eine von ihnen ist die Buchbinderei BAUR, die seit 1869 in Familienbesitz ist und seit 1964 in Falkensee wirkt. Guido Baur und sein Team halten vor Ort die alten Künste der Buchbinderei lebendig. Mit wuchtigen Maschinen und viel Fingerspitzengefühl werden uralte Bücher restauriert, Fachmagazine jahrgangsweise gebunden und Tageszeitungen so zwischen dicken Buchdeckeln archiviert, dass sie sich in Bibliotheken, Archiven und privaten Sammlungen jahrelang aufheben lassen.
Die Buchbinderei BAUR arbeitet durchaus für Privatanwender, die sich ihre Lieblingszeitungen binden lassen. Der Hauptauftraggeber, das sind aber die Universitäten und Bibliotheken in Berlin, Anwaltskanzleien und Notare.
Guido Baur hat gut zu tun. In den Arbeitsräumen stapeln sich Zeitungen, Magazine und Bücher in verschiedenen Fertigungsschritten. Wer die Liebe zum Buch hegt und im gedruckten Wort keinen Wegwerfartikel sieht, der kommt sich in den Firmenräumen in der Falkenseer Lerchenstraße vor wie im Paradies. Die Jahrzehnte sind an diesem Gewerk jedenfalls so gut wie spurlos vorbeigegangen.
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Die alte Kunst der Buchbinderei, sie ist in Falkensee noch ganz lebendig. Bei der Buchbinderei BAUR handelt es sich um einen echten Familienbetrieb, der in Berlin gegründet und im 2. Weltkrieg ausgebombt wurde. 1945 kamen die Großeltern nach Nauen, seit 1964 residiert das Unternehmen in Falkensee, erst in der Ringpromenade, jetzt in der Lerchenstraße. Guido Baur fungiert seit 2000 als Geschäftsführer. Inhaberin bleibt Mutter Hannelore. Ehefrau Petra arbeitet ebenso selbstverständlich mit im Betrieb wie Schwester Gabriele, die im Büro zu finden ist. Fünf zusätzliche Angestellte sind nötig, um die täglich anfallenden Arbeiten zu erledigen. Das sieht man: In den zahlreichen ineinander verschachtelten Räumen und Fluren des Firmengeländes sieht man überall verschiedenste Projekte in den unterschiedlichen Fertigungsstufen ausliegen.
Die Buchbinderei BAUR restauriert alte Bücher, bei denen vielleicht der Buchrücken brüchig geworden ist. Viele Privatkunden bewahren so lieb gewonnene Bücher – oft noch aus dem Erbe der Eltern oder Großeltern – vor dem Verfall. Die meisten Aufträge kommen aber von den öffentlichen Bibliotheken, von Archiven und Universitäten aus Berlin und Potsdam, die zum Teil 200 Jahre alte Bücher neu in Leder binden möchten – mit handgeschöpftem Marmorpapierbezug.
Guido Baur: „Gerade bei den öffentlichen Einrichtungen leben wir von unserem erstklassigen Ruf. Vor allem im vierten Quartal des Jahres geht es bei uns immer richtig rund – obwohl wir doch so eine zeitlose Arbeit haben. Dann geht es natürlich darum, ganze Jahrgänge der Fachzeitschriften zu binden, die von den Universitäten für ihre Studenten abonniert wurden.“
Das Buchbinden von Zeitschriften und Zeitungen ist eine sehr komplexe Arbeit. Der Kunde bestimmt die Art des Einbandes, legt Farben, Beschriftung und Prägeart fest. Die Experten schauen sich dann die zu bindenden Zeitungen an und entscheiden sich für eine Klebe- oder eine aufwändigere Fadenheftung.
In der „Vorrichtung“ werden die Drahtklammern bei Magazinen entfernt. Dann legt der Experte die Reihenfolge der einzelnen Hefte fest, schneidet den Rücken weg und sorgt für eine Klebebindung – wenn dies gewünscht wird. Der Buchrohling wird von drei Seiten beschnitten, damit alles schön gerade ist und keine einzelnen Seiten überstehen. Mit einer Maschine wird der Rücken gerundet, damit die typische Buchform mit rundem Rücken erzielt wird. In einer Presse wird das gebundene Werk anschließend komprimiert („abgepresst“) – für eine stabile, feste Form.
Zum Ende hin werden die einzelnen Komponenten zusammengeklebt. Der Einband besteht dabei aus zwei Deckeln, einer Rückeneinlage und einem Bezugsstoff. Dieser wird nun mit einer Titelprägung versehen. Beim „Einhängen“ wird das Buch in die Buchdecke geklebt.
Bei einem Gang durch die Räume der Buchbinderei wird schnell klar: Es steckt unglaublich viel Feinarbeit und Fachwissen in der Fertigung. Die Buchbinderei nutzt auch ein ganz eigenes Fachvokabular, das bei jedem Arbeitsschritt zum Einsatz kommt. Im Grunde genommen steckt ein ganzer Tag Arbeit in einem einzigen gebundenen Buch. Zurzeit müssen Neukunden mit einer Woche Wartezeit rechnen.
Wir fragen nach der Zukunft des Berufszweigs. Guido Baur: „Durch die Bibliotheken und Universitäten sind wir weiterhin mehr als ausgelastet. Wir stellen allerdings fest, dass der Trend dazu geht, Fachmagazine online zu nutzen und auch digital zu archivieren. Die klassische Bibliothek mit einigen hundert Laufmetern archivierter Magazine bekommt hier schnell Konkurrenz. Wir bekommen übrigens auch viele neue Aufträge von Diplomanten und Doktoranten, die ein paar Exemplare ihrer Arbeit, in die sie ja meist Jahre ihrer Lebenszeit investiert haben, richtig aufwändig in Buchform bringen möchten.“
Ein zweites Standbein hat sich die Buchbinderei BAUR übrigens mit dem Rahmen von Bildern aufgebaut. Guido Baur: „Viele Kunden auch aus dem Ort kommen mit Originalen zu uns und suchen dann für ihr Ölbild, ihr Aquarell oder für ihre Radierung für einen passenden Rahmen. “
Kontakt: Buchbinderei BAUR, Lerchenstr. 19 14612 Falkensee, Tel.: 03322 – 20 00 67, www.buchbinderei-baur.de
Fotos: Carsten Scheibe
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