Scheibes Glosse: Back dir ein Eis! (Hau ab)
Die ganz miese Nachricht gibt es heute gleich mal vorweg: Wer geglaubt hat, den Sprachslang unseres Nachwuchses inzwischen perfekt imitieren zu können, muss wieder ganz von vorn beginnen: Wörter wie „chillen“, „fett“ und „geil“ sind nämlich schon wieder megaout. Wer sie trotzdem benutzt, ist wahrscheinlich ein Vertreter der Beige-Generation. Beige heißen die älteren Semester, weil sie so oft Kleidung in dieser Farbe tragen.
Das weiß jedenfalls das neue „PONS Wörterbuch der Jugendsprache 2012“, das gerade erschienen ist und für 3,99 Euro auf 144 Seiten 1.500 Wörter vorstellt, die so nicht im Duden stehen, aller Wahrscheinlichkeit aber auf dem Schulhof zum Einsatz kommen. Es ist eine Lehrstunde in freier Wortschöpfung, dieses kleine Büchlein in die Hand zu nehmen, um den Sprachcode der jüngsten Generation zu entschlüsseln. Schüler aus Deutschland, Österreich und der Schweiz haben ihr Wissen geteilt, um das Wörterbuch möglich zu machen.
Wer eine Abschleppöse in der Nase hat, hat sich piercen lassen. Ein Achseldackel steht für eine üppige Achselbehaarung. Wer auf die Alugurke oder auf die Eierfeile steigt, hat ein Fahrrad unter sich. Er muss nur aufpassen, dass er keinen Asphaltpickel oder Hackenpisser überfährt, wie kleine Hunde genannt werden. Ein Apothekenfrühstück nimmt der zu sich, der morgens Medikamente einwerfen muss – und dafür die Bienenkotze (Honig) stehen lässt. Der Frühaufsteher muss dann aber auch seinen Bettsteward (Wecker) gestellt haben.
Computerfreaks haben eine Bildschirmbräune, sind also besonders bleich. Gehen sie mal pinkeln, dann gönnen sie sich eine Biopause. Hauptsache, es gibt dabei keinen Darmfasching (Durchfall). Wer für sein Alter noch zu klein geraten ist, geht als Bonsaikeimling oder Fruchtzwerg durch. In der Schule sind die Discoblitzer oder Frittennetze sehr verbreitet, das sind die Zahnspangen. Mädels, die ein paar Kilo mehr auf den Rippen haben, werden Dönerfee genannt. Was die Erwachsenen Wolken nennen, geht bei der Jugend als Flugschimmel durch. Aus dem leichten Mädchen wird ein Golfplatz, aus einem dummen Kind ein Golum und aus dem Hustensaft ein grüner Libanese.
Die Wörter, die das PONS Wörterbuch nun bereits im 11. Jahr auflistet, entstammen direkt aus den Zuschriften der Jugendlichen. Sie wurden unzensiert übernommen, weswegen es auch zig Umschreibungen für die verschiedenen primären und sekundären Geschlechtsorgane gibt. Der Hosenvibrator gehört aber nicht zu den versauten Texten, hier ist nur das Handy gemeint.
Wichtig ist freilich, dass Erwachsene niemals versuchen sollten, die Jugendsprache auch selbst anzuwenden. Wörter, die von der Elternfraktion übernommen und adaptiert werden, landen automatisch auf der Uncool-Liste. Es reicht doch, wenn man versteht, um was es geht. Haben die Kinder einen Haarwurzelkatarrh, so leiden sie an Kopfschmerzen. Steigen sie aufs Hafermoped, so ist ein Pferd gemeint. Und wer eine Hartzvierjeans trägt, ist in Jogginghosen unterwegs. Mit einem Heuchlerbesen ist der Blumenstrauss gemeint. Und wenn die Kinder vorhaben, Papier zu ermorden, dann ist das schon okay. Sie machen dann nur Hausaufgaben. (Carsten Scheibe)
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