Uwes Kolumne: Me(h)r Schwein
Fast 19 Jahre habe ich standgehalten. Nun bin ich eingeknickt und habe mich geschlagen gegeben. Die Problematik kenn wohl jeder, der Kinder hat. Es kommt der Moment, an dem die kleinen Ungeheuer ihre Liebe zu den Tieren entdecken und als erstes den traurigen und sehnsüchtigen, aber auch furchtbar niedlichen Blick des Hunde-, Katzen- oder Hasenbabys annehmen, das sie gerade auf dem Arm haben.
„Kriege ich auch eins?“ Die langwierigen Erklärungen, warum besser nicht, enden meist mit sehr beleidigten Kindern, die so reagieren, als hätte man ihnen lebenslänglich Stubenarrest verpasst.
Der Hauptgrund, warum ich mich bislang gegen den tierischen Nachwuchs gewehrt habe, ist nicht etwa die Arbeit oder die Verantwortung, die man übernimmt. Ich leide immer mit den Tieren mit, wenn sie krank sind, und finde es furchtbar traurig, wenn sie uns dann für immer verlassen. Das kann einen schon traumatisieren. Noch heute verfolgen mich die Seelen der Wüstenrennmäuse im Schlaf, die ich an meine Königspythons verfüttert habe. Sie rufen klagend: „Warum nur, warum?“
Nun hatte sich aber Lieblingstochter 2.0 selbst um die Beschaffung eines Haustiers gekümmert und mich irgendwie weich geklopft. Ich kann mich nicht mehr genau an die Details erinnern und habe das Gefühl, ich habe unter einer temporären Hypnose gestanden. Jedenfalls war ich auf einmal mit Maike unterwegs und quälte mich anderthalb Stunden durch den Berufsverkehr, um in Berlin einen Käfig nebst Zubehör abzuholen. Der Rückweg dauerte dann zum Glück nur 90 Minuten. Zwei Tage später saß ich dann völlig überraschend wieder mit meiner Tochter im Auto, nur waren wir da nicht mehr alleine.
Mit an Bord – unsere zwei neuen Familienmitglieder „Oreo“ und „Nougat“. Beide gehören zur Gattung der Cavia, allgemein als Meerschweinchen bekannt. Als ich neulich den Wunsch nach mehr Schwein im Leben geäußert hatte, wurde ich wohl missverstanden. So sind nun die beiden Kack- und Fressmaschinen bei uns eingezogen. Ich weiß eigentlich wenig über diese Tiere, außer, dass sie in Peru als Delikatesse gelten, gegrillt versteht sich. Also hab eich mal schnell nach den besten Rezepten für gegrillte Meerschweine gegoogelt. Gibt es wirklich, sogar mit Bildern. Die habe ich dann mal meiner Tochter gezeigt. Komisch, die Rezepte fanden nicht ihre Zustimmung. Nach einer Woche hat sie dann endlich wieder mit mir gesprochen.
Eigentlich dachte ich, ich wäre ganz gut aus der Nummer rausgekommen, also zumindest kostentechnisch gesehen. Schwerer Irrtum meinerseits. Meine Frau hatte früher selber diese putzigen Quiker gehalten und entdeckte sofort ihre Muttergefühle. In der Folge wurden einige mehr oder weniger notwendige Anschaffungen getätigt, wie z.B. ein Transportkäfig, ein Freigehege, Spielzeug usw. Die direkte Folge: Wohnung mit Meerschweinkram voll, Konto leer. Das war aber noch nicht alles. Wegen einer Beule am Rücken musste „Nougat“ zum Tierarzt und operiert werden. Der Spaß kostete uns 70 Euro – erstmal. Es folgten bisher fünf Nachbehandlungen à 20 Euro. Naja, was soll´s. Von dem Geld hätte ich mir auch wieder eine Königspython anschaffen können, Futtertiere haben wir ja jetzt genug im Haus. Aber ich habe wohl den Knopfaugenfaktor unterschätzt. Inzwischen sind mir die beiden Meerschweine echt ans Herz gewachsen und werden täglich von mir geknuddelt. (Uwe Abel, Foto o. Maike Abel)
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