Falkensee: Rosenkrieg im LMG
Wer würde nicht gerne einmal einem Teenager tief in die Seele schauen und sich dort einmal umsehen? Die meisten Eltern bemängeln ja, dass ihre so mitteilungsbedürftigen Kinder zu verschlossenen Wesen mutieren, sobald die Pubertät anbricht. Umso spannender ist es, wenn man dann doch einmal Einblicke bekommt in die Gedankenwelt eines Teenagers kurz vor dem Abitur.
Claudia Reckermann (Schulsozialarbeiterin des ASB am Lise-Meitner-Gymnasium) gelingt es seit mehreren Jahren, dass Jugendliche bereitwillig ihr Innerstes nach außen kehren – beim Poetry Slam. Dieser Rosenkrieg wird bereits seit mehreren Jahren – und meist unter dominanter Beteilung der LMG-Schülerschaft – in Falkensee ausgetragen. Am 29. April war es wieder so weit: 10 Redner schwangen sich auf das Podest in der Caféteria des Gymnasiums, um selbstgeschriebene Texte vorzutragen.
Sandra Krüger (18) bereitet sich am LMG aufs Abitur vor und war schon öfters beim Poetry Slam mit dabei. Nicht, dass die Erfahrung gegen die Aufregung helfen würde: „Ich habe immer noch Bühnenpanik und zittere vor jedem Auftritt.“ Dieses Mal erzählt sie den knapp 50 Zuschauern in der Caféteria, dass sie keinen Alkohol trinkt, aber manchmal trotzdem in dieser beschwippsten Stimmung ist. Dann schreibt sie Texte, in denen ihre Katze einen fliegenden Goldfisch über die Wiese jagt, während kleine Maulwurfskinder auf der Katze sitzen und ihr Zöpfe flechten.
Nach jedem Vortrag, der im Schnitt die fünf Minuten nicht überschreitet, entscheiden die Zuschauer für sich, ob der Auftritt so gut war, „dass man sofort einen Tätowierer aufsuchen muss, um ihn sich auf den Rücken stechen zu lassen“, wie Claudia Reckermann die maximale Euphorie des Zuhörers beschreibt. Dann fliegen Rosen, von denen jeder Zuhörer genau eine hat. Je mehr Rosen ein Poetry Slammer im Rosenkrieg einsammelt, umso besser.
Isabel „Isa“ Müller (18, kleines Foto oben) ist bereits zum dritten Mal beim Poetry Slam mit dabei. Sie liest einen Text vor, den sie ihrer Mutter zum Geburtstag geschenkt hat: „Engel ohne Flügel nennt man Mama“. Ach, da geht vielen Zuhörern das Herz auf. So einen Text vom eigenen Kind – manche Mutter würde dafür einiges geben.
Am Ende gewinnt Felix von Boxberg (16, Foto oben) aus der 11. Klasse des LMG. Bei drei Slams war er dabei, zwei hat er gewonnen. Im Battle gegen die auf Krücken auf die Bühne humpelnde Mayra, die Ostern hasst und von einer Insel träumt, auf der Sarkastisch die Amtssprache ist, gewinnt der Slammer mit brillanten Texten, die einer verbalen Achterbahnfahrt gleichkommen und jeden Mucks im Raum verstummen lassen. Gratulation! Der nächste Slam wird am 2. Juli im ASB stattfinden. (Fotos/ Text: CS)
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