Kino-Filmkritik: Es war einmal in Deutschland
1946, Frankfurt am Main. David Bermann (Moritz Bleibtreu) ist Jude. Er hat im KZ seine Eltern und seine Brüder verloren, vom ehrwürdigen Wäscheunternehmen der Familie sind nach dem Krieg nur Ruinen geblieben.
Immerhin: „Hitler ist tot, aber wir leben noch!“ Zusammen mit seinen jüdischen Freunden träumt Bermann davon, eher heute als morgen nach Amerika überzusiedeln. Aber dafür fehlt das nötige Kleingeld. Aus der Not wird eine Tugend und daraus ein Geschäft. Bermann: Was die Deutschen nach dem Krieg am dringlichsten benötigen, ist feinste Wäsche aus Paris. Die „Teilacher“, wie sich Bermanns Händlerfreunde nennen, erfinden mit Chuzpe und auch ein bisschen Ganoventum die verrücktesten Geschichten, um ihre Wäschepakete an den Mann zu bringen. Das Geschäft floriert. Doch dann wird Bermann bei den Amis einbestellt. Es wird ermittelt: Während seiner KZ-Zeit soll der Jude mit den Nazis kollaboriert haben.
Regisseur Sam Garbarski setzt mit „Es war einmal in Deutschland“ einen schwarzhumorigen Film um, bei dem Lachen und Weinen eng beieinander liegen. Der Film, der auf den semiautobiographischen Romanen „Die Teilacher“ und „Machloikes“ von Michel Bergmann basiert, erzählt die Nachkriegszeit aus der Sicht von Juden, die traumatische Ereignisse unter den Nazis erlebt haben und nun inmitten des Wiederaufbaus mit viel jiddischem Humor einen Weg in eine neue Zukunft suchen.
„Es war einmal in Deutschland“ ist ein sehr starker Film, weil er ein gutes Drehbuch hat, das auf jeder Ebene funktioniert: Man erfährt, was den Freunden und vor allem David Bermann im Krieg Schreckliches widerfahren ist. Man schaut voller Spannung zu, wie Bermann von der schönen US-Offizierin Sara Simon (Antje Traue) verhört wird. Und man folgt äußerst interessiert dem florierenden Wäschehandel der Teilacher.
Der Film ist historisch bewegend, erschütternd und traumatisch, witzig und lebensbejahend – und ein komplett neues Puzzle-Teil, wenn es darum geht, Deutschlands Geschichte im Kino nachzuerzählen. Große Mühe hat man sich mit den Kulissen gemacht, die bis ins Detail authentisch und zeitgemäß wirken. Vor allem das Schauspiel von Moritz Bleibtreu setzt Akzente. Das Lob gebührt aber auch den Teilachern, die von einem starken internationalen Ensemble gespielt werden: Tim Seyfi, Mark Ivanir, Anatole Taubman, Hans Löw, Pál Mácsai und Václav Jakoubek sind echte Entdeckungen.
„Es war einmal in Deutschland“ ist einer der ersten wirklichen Topfilme im noch jungen Jahr 2017. Viele Zuschauer seien ihm vergönnt. (CS / Bild: X Verleih)
Tipp: 4 von 5 Sternen
FSK: ab 12 Jahren
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=cNNvKIPTdZg
Seitenabrufe seit 1.12.2021:
Kennen Sie schon unsere Gratis-App?
Apple – https://unserhavelland.de/appapple
Android – https://unserhavelland.de/appandroid
Anzeige