Scheibe Kolumne: Joggen gehen
Die Ferien sind vorbei, der Heuschnupfen auch, jetzt kann ich endlich wieder mit dem Joggen anfangen. Zum Glück macht auch der Nachbar mit. So kann man sich gegenseitig beflügeln und zum Aufraffen animieren. Wenn es da nur nicht so viele Hindernisse geben würde.
Sport ist gut. Für die Gesundheit, für das schmelzende Hüftgold und für das eigene Lebensgefühl. Das Joggen mag ich sehr gern, weil es gut für die Ausdauer ist und weil man sich dabei in der ganzen Nachbarschaft umsehen kann. Zusammen mit Nachbar Ebo geht es seit ein paar Tagen abends gemeinsam los: Einmal um den ganzen Block, um ein Gefühl für die Sache zu bekommen. Dann wollen wir uns den Falkenhagener See vornehmen.
Aber kommen wir da je an? Am ersten Rennabend hören die Gespräche beim Laufen schon an der ersten Häuserecke auf, damit mehr Puste zum asthmatischen Schnaufen bleibt. An der zweiten Ecke werden wir bereits von einer Omi mit ihrem altersschwachen Hund überholt. An der dritten Ecke bieten mitleidige Nachbarn auch schon eine Schulter zum Anlehen und Ausruhen an. Auf den letzten Metern haben sich die Waden zu harten Murmeln verknorpelt und die Augen beginnen zu schielen: Das mit dem Joggen, das war vor zehn Jahren doch irgendwie noch ein klein wenig einfacher. Wenigstens schwitzen wir nicht. Jedenfalls nicht, bis wir am Ziel ankommen. Dann läuft es auf einmal in Strömen.
Die Frauen sind begeistert, dass ihre Männer so sportiv sind. „Was, ihr seid schon wieder da? Wart ihr überhaupt weg?“ Na ja, wir werden die Länge unserer Strecke schon noch steigern. Ganz bestimmt.
Doch die Tücke des Sports liegt im Detail. An dem einen Abend kann Ebo nicht – die Familie hat eine Verabredung. Dann muss ich am Wochenende passen, denn der Tag ist viel zu schnell vorbei, ich muss kochen, die Kinder müssen fertig gemacht werden, es muss noch aufgeräumt werden. Außerdem hat es draußen die ganze Nacht geregnet. Die Schlaglöcher der Sandstraße sind so sehr mit Wasser gefüllt, dass wir Jogger sicherlich bis zu den Knien in ihnen versinken würden. Wenn wir überhaupt durch den zähen Matsch vorankommen würden. Sicherlich ist es jetzt an der Zeit, eine „richtige“ Laufstrecke zu finden, die wir am besten mit dem Auto ansteuern? Oder entspricht das dem sportlichen Gedanken nicht mehr und wir müssten mit dem Fahrrad anreisen?
Auf jeden Fall ist es tatsächlich so, dass das Joggen schnell süchtig macht. Wenn man die selbst gesetzte Strecke schafft, ohne keuchend und mit den Füßen nach oben mitten auf der Straße zusammenzubrechen, dann ist das schon ein echtes Erfolgserlebnis. Und auch wenn die Muskeln am Tag danach bei jedem Schritt jaulen: Da ist dann plötzlich dieser Kitzel im Bauch, der einen schnell wieder auf die Strecke treibt. Der nächste Joggingabend kommt bestimmt. (CS)
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