Hyperinflation 1923
Der Erste Weltkrieg kostete richtig viel Geld. Um an die benötigten Finanzen zu kommen, hob die Regierung am 4. August 1914 die gesetzliche Noteneinlösungspflicht der Reichsbank auf. Die garantierte bis dahin, dass jeder Bürger einen Papierschein in der Bank seines Vertrauens gegen die entsprechende Gegenmenge an Metallgeld oder Gold eintauschen konnte.
Anschließend konnte das Geld im Umlauf hemmungslos vermehrt werden. Die Geldvermehrung wurde durch Kriegsanleihen gegenfinanziert. Der Plan war folgender: Nach dem Gewinn des Krieges wollten die Deutschen Reparationen von den Verlierern eintreiben und damit die Kriegsanleihen ausbezahlen. Das misslang gründlich. Der Krieg zog sich endlos in die Länge und am Ende musste Deutschland selbst Reparationen berappen.
Diese Reparationen mussten zwar in Fremdwährungen oder in Gold gezahlt werden. Das Geld dafür holte sich die Regierung aber wieder über die unkontrollierte Vermehrung des eigenen Papiergeldes. Das Deutsche Reich provozierte auf diese Weise den Ruin der eigenen Währung – auch als Trotzreaktion auf den Versailler Vertrag, bei dem viel zu hohe Reparationszahlungen vereinbart wurden, jedenfalls nach dem Empfinden der Deutschen.
Zugleich sank die Menge der verfügbaren Lebensmittel, der Anziehsachen und der Heizmittel. Das sorgte dafür, dass die Preise sehr schnell stiegen. Um Aufstände zu verhindern, wurden auch die Löhne der Arbeiter und Angestellten erhöht – allerdings mit Verspätung, sodass die Menschen schnell ihre letzten Reserven aufbrauchten und verstärkt in die Armut getrieben wurden. Dies war denn auch die Zeit des Kaffeeersatzes und der Brennnesselfaser als Ersatz für die teure Baumwolle zum Fertigen neuer Kleidung.
Mit der Ermordung von Walther Rathenau im Juni 1922 brachen die letzten Dämme und die deutsche Währung verlor immer schneller an Wert. Schnell wurden keine Hunderter und Tausender mehr zum Bezahlen verwendet, sondern Geldscheine, die laut Aufdruck Millionen, Milliarden und schließlich sogar Billionen Mark „wert“ waren.
Eine Hyperinflation wie 1923 in Deutschland ist nicht mehr kontrollierbar: Hier verliert eine Währung innerhalb von nur einem Monat 50 Prozent seines Wertes. Meist steht am Ende einer Hyperinflation eine Währungsreform.
Im Deutschen Reich kam es zunächst zur Ausgabe von wertbeständigem Notgeld, das versuchte, das Papiergeld wieder an einen bestimmten Wert zu koppeln. Das Weizengeld garantierte etwa, dass der Besitzer des Geldscheins dafür eine bestimmte Menge Mehl erhält. Am 15. November 1923 kam es dann aber zur Währungsreform, die Deutschland erst die Rentenmark und später die Reichsmark bescherte.
Übrigens: Gewinner der Hyperinflation waren damals die Immobilienbesitzer. Sie entschuldeten sich in dieser Zeit vollkommen. Über die so genannte Hauszinssteuer wurde immerhin versucht, diese Inflationsgewinne wieder abzuschöpfen.
Text & Fotos: Carsten Scheibe
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