Jugendweihe 2009
Für die Jugendlichen sind es die „Schottertage“. In den evangelischen Kirchen erhalten sie die Konfirmation, bei den Katholiken heißt das übrigens Firmung. Beiden Ritualen ist gleich, dass die Jugendlichen nach langen Kurswochen im Rahmen einer großen Feier in die Kirche aufgenommen werden. An die Feier in der Kirche schließt sich dann die große Party Zuhause an – mit der ganzen Familie und den Freunden.
Dabei wechselt in der Regel ordentlich Schotter, Knete und Knispel den Besitzer – und die Jugendlichen können sich mit dem Geld einen großen Wunsch erfüllen. Etwa ein eigenes Mofa.
In den neuen Bundesländern ist noch eine Alternative zur Konfirmation und Firmung zu nennen – das ist die Jugendweihe, die den Übergang vom Jugend- ins Erwachsenenalter kennzeichnet. Na klar, das ist die „Ost-version“ der Kirchenfeier. Das gleiche Brimborium, nur eben ohne Religion. So denken viele Zugezogene, die aus Berlin oder aus Westdeutschland nach Falkensee gekommen sind und in ihrem eigenen Kulturempfinden noch nie mit der Jugendweihe konfrontiert wurden. Wer allerdings tiefer gräbt und nachfragt, findet schnell heraus, dass die Wurzeln der Jugendweihe (auch „Jugendfeier“ genannt) tiefer reichen als nur bis in die DDR.
Die Jugendweihe wurde um 1846 herum von freireligiösen Gemeinden entwickelt. Erst nannte man sie ihrer Bedeutung folgend „Confirmationsersatzfeier“, 1852 stand dann bereits der Begriff „Jugendweihe“ fest. In Opposition zu den Kirchen veranstalteten Freidenker Veranstaltungen für Jugendliche im Alter von 14 Jahren, um ihren parallel zur Schulbildung auch einen Moralunterricht zu erteilen. Am Ende stand dann ein Vortrag über die freigeistige Weltanschauung, es folgte ein Gelöbnis und Erinnerungsblätter und Gedenkbücher wurden überreicht.
In der Weimarer Republik von 1918 bis 33 war die Jugendweihe äußerst populär – vor allem in der Arbeiterbewegung. Erst der Nationalsozialismus bereitete dem ein Ende. Unter den Nazis gab es eigene Jugendrituale, für die Jugendweihe war da kein Platz. Erst in der DDR kam sie wieder zur Blüte, hier allerdings als staatssozialistisches Fest mit Anwesenheitszwang und Blumen, die von Jungpionieren überreicht wurden. Nach der Jugendweihe wurden die Teilnehmer dann in den Kreis der Erwachsenen aufgenommen und mit „Sie“ angesprochen.
In Falkensee nimmt der Humanistische Freidenkerbund Havelland e.V. aus Nauen die ursprüngliche Tradition wieder auf. Am 16. Mai war die Falkenseer Stadthalle bis auf den letzten Platz belegt, etwa 200 Teenager um die 14 Jahre lauschten hier in zwei Etappen (9:30 und 12 Uhr) einer ausführlichen Rede vom Freidenkerbund und freuten sich, dass es anschließend Musik von einer Live-Band gab. Anschließend wurden immer acht Jugendliche auf die Bühne geholt, um mit einigen persönlichen Worten ihre eigene Jugendweihe zu erhalten.
Wie man auch immer zur Jugendweihe, zur Firmung und zur Konfirmation steht: Die Jugendlichen nehmen es sehr ernst und haben sich anlässlich der Feier in ihre besten Anzüge und die schönsten Kleider gezwängt. Manche der Teilnehmer wirken wirklich schon sehr erwachsen in diesem neuen, ungewohnten Outfit. Anderen sieht man es deutlich an, dass sie froh sind, wenn alles vorbei ist und Zuhause endlich die große Party steigt. Für die dabei zu erwartenden Geschenke zieht man sich ja auch gern einmal ein Jackett und eine Krawatte an. 🙂
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