Scheibes Glosse: Technik-Krampf
Meine Eltern benutzen im Wohnzimmer eine Stereoanlage mit Radio, Plattenspieler und CD-Player, die bestimmt 20 Jahre alt ist. Meine Eltern verwehren sich vehement der Idee, die Anlage auszutauschen: „Wieso, sie geht doch noch?“ Ich war da schon immer anders. Als die CD aufkam, habe ich sofort meinen Plattenspieler verkauft und meine Platten zum Second-Hand-Händler gekarrt, um mir von dem gewonnenen Geld einen CD-Player und die wichtigsten CDs zu kaufen, darunter „Decade“ von Neil Young und „Dark Side of the Moon“ von Pink Floyd.
Jahre später verscherbelte ich meinen VHS-Videorekorder und meine umfangreiche VHS-Sammlung, um ins DVD-Metier zu wechseln. Das waren für mich einschneidende Erlebnisse.
Seit diesen Tagen habe ich das Gefühl, dass sich das Technikrad immer schneller dreht. Inzwischen habe ich wohl die vierte oder fünfte Digitalkamera. Die alten Geräte sind nicht kaputt gegangen. Aber eine bessere Bildqualität, neue Funktionen und vor allem mehr Megapixel zwingen mich immer wieder dazu, meinen Technikpool aufzurüsten.
Wer heutzutage mithalten möchte, muss für seine Technik ganz schön tief in die Tasche greifen. Kaum haben wir einen großen Flachbildfernseher, da kommt heraus, dass er nicht Full-HD-fähig ist, sodass sich Video-Blu-rays nicht in voller Auflösung abspielen lassen. Also kommt auch ein neuer TV schon wieder auf die Wunschliste.
Wie schnell sich das Technikkarussel dreht, zeigt sich auch bei den Kindern. In dem einen Jahr ist der Gameboy der King unter den mobilen Spielekonsolen, dann kommt der Nintendo DS, gefolgt vom DSi, anschließend ist die Sony PSP dran und zurzeit ist der iPod touch von Apple das Maß aller Dinge. Bei Geburtstagen und zu Weihnachten stehen die neuesten Technikgeräte deswegen ganz oben auf ihrer Wunschliste.
Ich bin selbst ein echter Technik-Fanboy. Ich mag es sehr, mein Home Office immer wieder aufzurüsten, um alte Hardware gegen neue auszutauschen. Trotzdem halte ich mich hier zurück und tausche die Rechner nur alle paar Jahre gegen ein neues Modell aus. Das schmerzt zwar, aber ein Blick auf den Kontostand verhindert hier Exzesse. So versage ich mir seit Jahren den Wechsel in die Apple-Welt. Ein Apple-Rechner mit Bildschirm oder ein Notebook mit dem Apfel auf dem Deckel kosten eben nicht nur ein paar Hunderter, sondern gleich ein, zwei Tausender.
Manchmal bin ich aber selbst überfordert. So bringt Apple jedes Jahr ein neues iPhone-Modell heraus – und schraubt so an den Geräten herum, dass ein Gerätetausch für einen echten Fanboy fast schon ein Muss ist. So sehr ich mich über neue Funktionen, mehr Design und eine noch höhere Auflösung freue, so sehr nervt mich der Kaufzwang. Ich habe mein iPhone 4 noch gar nicht richtig erkundet und abgenutzt, da droht mir Steve Jobs bereits mit dem Fünfer. Noch hoffe ich, der Versuchung widerstehen zu können. Das Fleisch ist schwach, der Geist aber leider auch: Deswegen wird es sicherlich beim Vorsatz bleiben. Und Steve Jobs wird mir auch das iPhone 5 andrehen können. (Carsten Scheibe)
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