Scheibes Glosse: Verschnarcht
Einmal im Leben kommt bei jedem Mann der Punkt in seinem Leben, wo die Familie ihn nicht mehr ganz so freundlich beiseite nimmt und stöhnt: „Du schnarchst!“ Ich habe zunächst im Wohnzimmer ein Kissen an den Kopf geworfen bekommen, sobald ich einmal abends vor dem Fernseher eingeschlafen bin.
Man könne kein Wort mehr verstehen von dem, was die Leute im TV sagen, hieß es. Das konnte ich nicht verstehen, denn sobald ich wieder wach war, konnte ich doch alles völlig klar hören.
Nachdem ich mir anhören musste, dass ich für die Setzungsrisse im Mauerwerk unseres Hauses verantwortlich sein sollte, hörte ich mich um im Bekanntenkreis. Ab einem bestimmten Zeitpunkt scheinen wir Männer mehr Verantwortung für die Familie übernehmen zu wollen. Das bedeutet, dass wir nachts Geräusche machen, um potenzielle wilde Tiere zu vertreiben. In meinem Fall sind das die Krähen, die morgens ab vier Uhr auf den Dachschindeln herumtoben und einen Mordskrach machen. Säbelzahntiger gibt es ja leider nicht mehr.
Die Frauen reagieren höchst unterschiedlich auf das nächtliche Gesäge. Die aggressiven Weibchen verbannen ihren Ehemann aus dem Bett und schicken ihn ins Gästezimmer. Die devoten Frauen resignieren und setzen auf Ohrenstöpsel. Wer beide Lösungen ablehnt, meldet den eigenen Mann zur Operation an. Da soll das Gaumensegel abgefräst werden, habe ich gehört.
Das große Problem ist doch, das Männer einfach schneller einschlafen als die Frauen. Und dass die Frauen besser hören als die Männer. Wäre es umgekehrt, wäre die Welt in Ordnung. Die Mädels würden in Frieden schlummern und die Kerle könnten schnarchen, bis Staub aus den Deckenbalken rieselt.
Leider sind die Damen der Schöpfung überaus kommunikativ. Bei jedem Treffen finden sie viel zu schnell heraus, dass alle Göttergatten gleichermaßen nachts das Zäpfchen vibrieren lassen. Dann tauschen sie schon bald Geheimrezepte aus, die dabei helfen sollen, das Schnarchen abzustellen. Meist sind die dabei erörterten Maßnahmen männerfeindlich, sehr infantil und – schmerzhaft.
Die Männer haben da eine ganz andere Idee: Sollen die Frauen doch mit dem klein bisschen Geschnarche klarkommen! So schlimm kann das doch gar nicht sein.
Und es kann sogar etwas Gutes bewirken. Ein Freund von mir schnarchte so laut, dass seine Frau nur noch mit Ohrenstöpseln ins Bett ging. Fing eins der Kinder an, nachts zu krähen, wurde mein Freund wach und brachte die Kinder ans Bett. Dann fuhr ich mit dem Kumpel eine Woche geschäftlich weg – und die Frau vergaß, Zuhause die Ohrenstöpsel herauszunehmen. Als er wieder nach Hause kam, war das jüngste Kind abgestillt und die älteren schliefen durch. Also: Das mit dem Schnarchen, das kann ja manchmal auch ganz positiv sein. Auch wenn es keine wilden Tiere zum Verjagen mehr gibt. (Carsten Scheibe)
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