Scheibes Glosse: Mein lieber Hund…
Als wir dich vor über vier Jahren ins Haus holten, da solltest du ein Spielkamerad für die Kinder sein – und ansonsten einfach in der Familie „mitlaufen“, genügend Beine hast du ja. Jetzt, wo du kein kleiner schutzbedürftiger Welpe mehr bist, frage ich mich manchmal, wer der wahre Chef im Haus ist.
Deine zig Millionen Haare, die sich im Windschatten eines jeden Möbelsticks ansammeln, ermahnen uns zum ständigen Putzen und Saugen, damit du es auch immer schön ordentlich und sauber hast.
Wenn wir das Haus verlassen, rechnen wir stets nach, ob wir auch nicht zu lange fortbleiben und dich unnötig alleine lassen. Was ist da noch zumutbar? Notfalls wird ein Dogsitter besorgt, der dich in den Garten lässt. Oder du kommst zum Bruder nach Königswusterhausen, wenn wir einmal wegfahren.
Punkt 20 Uhr müssen wir eh Zuhause sein, denn dann erwartest du dein Fressen im Napf. Eine Minute mehr und du erscheinst im Wohnzimmer, rollst mit den Augen und gibst Geräusche von dir wie Darth Vader kurz vor seinem letzten Atemzug: Der Hund verhungert!
Das Kochen ist dir eh das Größte. Die ganze Familie verkommt dabei zu ungeschickten Trotteln, denen ständig etwas runterfällt. Der Küchenboden sieht so sauber aus, da könnte man drauf essen. Und das tust du ja auch. Alles wird weggeschlabbert. Brotkrümel, heruntergefallener Schafskäse, mal eine halbe Bulette. Mit Todesverachtung würgst du Gurke herunter und knackst mal eine Mohrrübe. An Salatblättern schnüffelst du hingegen nur verächtlich.
Du musst dich an uns gewöhnen? Wohl eher umgekehrt. Kein Raumspray vermag es, den modrigen Odor nach Gammelmoor zu vertreiben, der aufkommt, wenn du mal wieder in den morastigen Graben gesprungen bist und nun selig schlummernd darauf wartest, dass du auf der Fußbodenheizung trocknest. Sobald du aufstehst, bist du wieder sauber – und wir können sehen, wie wir den Grabenstaub aufsaugen.
Und nein, wir finden es nicht schön, wenn du Katzen durch die Straße jagst, dich in Wildschweindreck suhlst oder den Hermes-Boten so penetrant anbettelst, bis du ein Leckerli erschnorrt hast. Es ist auch eine Zumutung, wenn ich im Redaktionskeller ackere wie ein Irrer – und du liegst daneben und schläfst selig schnarchend. Maulwürfen im Garten nachzubuddeln, sorgt auch nicht eben für einen englischen Rasen.
Aber wo du jetzt schon einmal da bist, da fügen wir uns gern und richten unser Leben an deinem aus. Und die Frage, wer der wahre Chef ist, die ist jetzt wohl auch beantwortet. (Carsten Scheibe)
Seitenabrufe seit 1.12.2021:
Kennen Sie schon unsere Gratis-App?
Apple – https://unserhavelland.de/appapple
Android – https://unserhavelland.de/appandroid
Anzeige