Havelland Kliniken: Im Gespräch mit Chefarzt Dr. Bernd Ruschen – Gift und Galle
Früher war es der Blinddarm, heute ist es die Gallenblase. Immer mehr Freunde und Bekannte erzählen davon, dass sie sich nach ersten Beschwerden die Gallenblase haben entfernen lassen. Der operative Eingriff ist heute Routine. Und der Verlust der Gallenblase kein Drama. Sie dient eh nur als Zwischenspeicher für den grünen Gallensaft, der in der Leber gebildet wird.
Fehlt die Blase, stellt sich die Leber darauf ein und produziert mehr oder schneller Galle, um so die Fettverdauung im Darm weiterhin anzuschieben. Oft merken die Patienten nicht einmal eine Änderung zum Status Quo vor der Operation. Etwa dann, wenn große Gallensteine die Gallenblase eh bereits so sehr blockiert haben, dass sie als Reservoir schon vorher ausgefallen ist.
Wer Probleme mit der Gallenblase hat, merkt das – deutlich. Oft kommt es zu plötzlichen, stechenden Koliken, seltener zu unspezifischen Oberbauchschmerzen, die dann beim Arzt abgeklärt werden. Der Arzt erkennt Probleme beim Sonografieren mit dem Ultraschall. Hierbei lassen sich Gallensteine leicht diagnostizieren. Wichtiger als die Zahl und die Größe der Gallensteine ist aber der Zustand der Gallenblase selbst. Eine verdickte Gallenblasenwand weist auf eine Entzündung hin – oft aufgrund der enthaltenen Steine. Eine solche Gallenblase kann starke Beschwerden verursachen. Im schlimmsten Fall kommt es zu einer bakteriellen Vereiterung, die zum Platzen der Gallenblase führen kann. Dann dringen die Bakterien in die gesamte Bauchhöhle ein. Ebenso ist es möglich, dass sich aus einer entzündeten Gallenblase ein Krebs entwickelt.
Also: Steht die ärztliche Indikation fest, so muss ein Krankenhaus gefunden werden, das die OP durchführen kann. Bei den Mund-zu-Mund-Empfehlungen werden immer wieder die Havelland Kliniken mit Standorten in Nauen und Rathenow genannt. Hier zeichnet Dr. med. Bernd Ruschen als Chefarzt für die Allgemein- und Viszeralchirurgie verantwortlich.
Er sagt: „In den Havelland Kliniken haben wir bereits über 3.500 Gallenblasen-Operationen durchgeführt, pro Jahr sind es etwa 300. Dabei gehen wir minimal-invasiv vor, führen also eine so genannte Schlüsselloch-Operation durch. Dabei werden nur kleinste Schnitte in der Haut gemacht, durch die wir die benötigten Instrumente in die Bauchhöhle einführen können. Diese Operationsmethode wurde von führenden Ärzten Anfang der Neunziger noch als ‚Micky-Maus-Methode‘ ohne Zukunft verunglimpft. Wir haben damals diese OP-Methode sofort aufgenommen und in die entsprechende Technik investiert. So zählten wir zu den ersten, die Erfahrung auf diesem Gebiet gesammelt haben. Ein Arzt aus unserem Team spezialisiert sich inzwischen sogar auf eine Single-Port-Operation, bei der nur noch ein einzelner Schnitt im Bauchnabel gemacht werden muss, um hier ein neues Arbeitsinstrument einzuführen, das alle benötigten Werkzeuge und Kameras kombiniert enthält. Auch nach dieser neuen Methode haben wir nun bereits erste Operationen durchgeführt.“
Chefarzt Dr. Ruschen ist zwar ausgewiesener Experte für Gallenblasenextraktionen, aber er legt großen Wert darauf, dass dies nicht die Königsdisziplin ist. Inzwischen lassen sich bei einer Schlüsselloch-OP noch ganz andere medizinische Probleme beheben. Ganz egal, ob Blinddarmextraktionen, Leistenbruch, Reflux-Krankheit oder Zwerchfell-Operationen: Alles lässt sich inzwischen minimal-invasiv „erledigen“. Das gilt auch für OPs bei adipös übergewichtigen Menschen, die sich nun ohne hässliche Narben einer Magenverkleinerung unterziehen können. Die Havelland Kliniken gehören auch zu den führenden Krankenhäusern, bei denen sich Krebsoperationen am Darm minimal-invasiv durchführen lassen. Für den Patienten hat das nur Vorteile, denn die kleinen Wunden schließen sich schnell wieder, der Wundschmerz hält sich in Grenzen, es gibt keine hässlichen Narben, die Patienten sind schneller wieder auf den Beinen und können das Krankenhaus früher verlassen. Das mindert Folgeprobleme wie Thrombosen oder Lungenentzündungen, die auftreten können, wenn man nach einer Operation lange liegen muss. Bei einem großen Bauchschnitt mussten die Patienten nach einer Gallenblasenextraktion früher acht bis zwölf Tage im Krankenhaus verbleiben, heute sind es meistens nur noch zwei bis vier.
Dr. Bernd Ruschen geht davon aus, dass 15 bis 20 Prozent der Menschen in der Bevölkerung Gallensteine haben. Die Ärzte sind sich aber nicht einig, ob man die Gallenblase vorbeugend entfernen sollte, sobald Steine festgestellt werden, oder erst dann, wenn Beschwerden auftreten. Dr. Ruschen: „Klar ist: Wer Steine hat und vielleicht schon mal ein Zwicken spürt, der sollte sich die Gallenblase auf jeden Fall vor längeren Reisen in unterentwickelte Länder entfernen lassen. Eine echte Gallenblasenkolik in einem Land ohne schnell erreichbares Krankenhaus wäre sonst eine Katastrophe.“
Viele Menschen denken, dass Gallensteine die Quittung für ein ungesundes Leben mit viel Fastfood und Fett sind.
Tatsache ist aber, dass es für diese Hypothese noch keine einzige gesicherte Studie gibt. Dr. Ruschen: „In meinen 35 Jahren als Chirurg habe ich auch vielen Patienten Gallensteine entfernt, die sich absolut gesund ernährt haben.“
Gefährlich sind nicht die Gallensteine selbst, ganz egal, ob sie klein oder groß sind, sondern die Komplikationen, die sie hervorrufen. So können sie in den Hauptgallengang wandern und ihn versperren, sodass die lebenswichtigen Gallensäfte nicht frei fließen können. Durch die direkte Verbindung über den Darm kann auch die Bauchspeicheldrüse geschädigt werden – und das wird leicht lebensbedrohlich.
Wer sich aufgrund der drohenden Komplikationen einer Gallenblasen-OP stellen muss, fragt sich natürlich: Wie funktioniert das eigentlich? Nun, sobald der Patient in Narkose liegt, wird über eine Nadel im Bauchnabel medizinisches Kohlendioxid in die Bauchhöhle geleitet, um den Bauch aufzublähen. So wird Platz für die Instrumente geschaffen. Dann werden weitere Hautschnitte gemacht, die vielleicht 5 bis 10 Millimeter lang sind. Diese Schnitte reichen aus, um alle medizinischen Geräte in die Bauchhöhle einführen zu können. Sollte die Gallenblase so sehr mit Steinen gefüllt sein, dass sie später nicht durch den Hautschlitz passt, so kann ein Schnitt problemlos „angepasst“ werden.
Die Ärzte können sich über Kamerabilder auf den Monitoren orientieren. Der Operateur schaut sich zunächst die Bauchhöhle an, orientiert sich und klemmt dann die kleine Arterie zur Gallenblase sowie den kleinen Gallengang von der Blase zum Hauptgallengang ab – mit Kunststoff-Clips, die sich später im Körper einfach auflösen, wenn alles verwachsen ist.
Anschließend wird die Gallenblase aus der Leber präpariert. Dabei auftretende Blutungen werden kauterisiert, also elektrisch „verschweißt“. Anschließend kann die Gallenblase auch schon herausgeschnitten und über einen der Bauchschnitte herausgezogen werden.
Dr. Ruschen: „Viele Patienten sind erstaunt, wie groß manche Gallensteine sind. Manche sind so groß wie Würfelzucker, steinhart und glatt poliert wie ein grünlicher Bernstein. Wer möchte, kann seine Gallensteine nach der Operation sogar im Gläschen mit nach Hause nehmen.“ (Text+Foto: Carsten Scheibe)
Kontakt: Havelland Kliniken GmbH, Ketziner Straße 19, 14641 Nauen, Tel.: 03321 42-1200, Web: www.havelland-kliniken.de
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