20 Jahre LMG – was bleibt?
Erst einmal muss ich bekennen: Auch ich bin ein Kind des LMGs. „Eingeschult“ in das Lise-Meitner-Gymnasium wurde ich 1999 – als wir alle noch dachten, die Welt geht bald unter. Abitur habe ich 2006 an eben diesem Gymnasium abgelegt, damals waren wir räumlich ausgelagert in das Marie-Curie-Gymnasium. Mein Abiturdurchschnitt war annehmbar – und so verließ ich diesen Hort des Lernens ohne Groll im Herzen.
Kurz danach begann ich dann meine Laufbahn am nächsten Hort des Lernens, meiner Hochschule, wo ich meine Tage bis heute mehr oder minder fröhlich an der Charité in Berlin verbringe.
Nun ist die Frage: Was bleibt? Immerhin habe ich an meiner Sekundarschule mehr Zeit verbracht, als ich an meiner Hochschule verbringen werde. Und das waren noch besonders prägende Jahre. Damals nahm die Schule einen großen Teil meines Lebens ein, heute sehe ich nur noch durch Geschwister und Kinder von Freunden, was an der Schule passiert.
Bei meinem fortgeschrittenen Alter kann ich nun vielleicht nicht sagen, früher war alles besser, aber schön war‘s schon. Glaube ich jedenfalls. So genau erinnern kann ich mich nicht mehr, es ist ja bewiesen, dass die Gehirne von Teenagern nicht wirklich gut funktionieren.
Woran ich mich aber schon noch erinnern kann, das sind die meisten meiner Lehrer, und auch an einige meiner Mitschüler. Hachja. Noch heute denke ich an manche Sätze und Lebensweisheiten, die meine Lehrer damals zu uns gesagt haben. Unvergessen sind: „Ach, was interessiert mich mein Geschwätz von gestern“ – wenn wieder unangekündigt ein Test geschrieben wurde, oder „Nein, es heißt Norden, Westen, Süden, Osten!“, um nur zwei Beispiele zu nennen. Ja, es gab auch nicht so begabte Lehrer. Aber die meisten meiner Lehrer waren gut und engagiert. Damals war das Kollegium noch relativ klein und überschaubar, und ich kannte die meisten davon.
Heute sieht es anders aus, viele Lehrer sind neu dazugekommen, einige alte sind gegangen. Es wird immer schwieriger, bei meinen Geschwistern mitzureden, da es immer weniger Lehrer gibt, die ich kenne. Überhaupt hat sich die Schule in den letzten 12 Jahren stark verändert, nicht nur äußerlich. All der Schulklatsch, den ich durch meine „Informanten“ mitbekomme, ist doch viel dramatischer geworden. Meine Güte, früher war Schulgespräch, welchen kurzen Rock Frau X nun wieder trägt oder ob Herr Y heimlich doch Raucher ist. Heute geht es um Intrigen, Mobbing, Stalking, wer mit wem und am besten noch wo…
Das hat aber auch sehr viel damit zu tun, dass nicht nur die Lehrer andere sind, sondern auch vor allem die Schülerschaft. Wenn ich heute sehe, wie viel Wind um den schulischen Erfolg der lieben Kleinen gemacht wird, erschreckt mich das. Zu meiner Zeit war es meinen Eltern ziemlich egal, was ich in der Schule so gemacht habe und ich muss sagen, in den ersten drei, vier Jahren war ich auch nicht der Überflieger. Das war aber auch gut so, da waren andere Dinge wichtiger und zum Abitur hin hat sich das dann selbst reguliert.
Heute rufen die Eltern den Lehrer gleich an, wenn die Kinderlein in der 8. Klasse einmal keine Eins oder Zwei bekommen haben. Und dann gibt’s Nachhilfeunterricht und extra Hausaufgabenzeiten. Ich muss es wissen, ich bin nämlich nebenberuflich einer von diesen Nachhilfelehrern, die von dieser „Entwicklung“ profitieren. Und ich verdiene gut an der Angst dieser Eltern, dass ausgerechnet ihr Kind nicht zu den Besten der Besten gehört. (Antonia Stahl, 24)
Seitenabrufe seit 1.12.2021:
Kennen Sie schon unsere Gratis-App?
Apple – https://unserhavelland.de/appapple
Android – https://unserhavelland.de/appandroid
Anzeige