Familienhalt: Februar 2013
Sehr geehrte Frau van den Boogaard, es ist mir etwas unangenehm, über mein Anliegen zu schreiben. Aber wie ich mittlerweile erfahren habe, betrifft dieses Thema in groben Zügen mehr Eltern, als man vermuten mag. Unser Sohn ist 12 Jahre alt und ein wundervolles Kind. Leider wird er von seinen Klassenkameraden immer wieder geärgert – weil er eine Brille hat, nicht der Beste im Sport ist und wahrscheinlich auch, weil er nicht nur an und mit elektronischen Geräten abhängt.
Er geht weiterhin gerne zur Schule, obwohl er fast täglich über Hänseleien berichtet. Seit Anfang Dezember jedoch habe ich wiederholt Geld (Münzen) in seinem Ranzen gefunden. Sobald ich ihn darauf anspreche, weicht er mir aus. Anfangs erklärte er, dass er etwas Taschengeld mitnehmen würde, um sich auf dem Schulweg oder im Schulbistro auch mal was zum Essen zu kaufen. Da habe ich mir keine weiteren Gedanken gemacht, da er sein Taschengeld schließlich zur freien Verfügung erhält.
Nach Weihnachten haben wir dann bei einem Kassensturz seines Sparschweins jedoch festgestellt, dass fast kein Geld mehr da war (es hätten um die 40 Euro da sein müssen). Auf meine erneute Frage, wofür er so viel Geld in der Schule bräuchte, sagte er sinngemäß: für Kleinigkeiten und um anderen auch mal eine Freude zu machen.
Komischerweise hat er aber keine wirklichen Freunde in der Klasse, was mir die Klassenlehrerin bestätigte.
Ich frage mich nun, ob er sich mit dem Geld versucht, Freunde zu „erkaufen“. Vielleicht gibt es sogar Schüler, die ihm das Geld abknöpfen. Wie soll ich mit dem Thema umgehen? Ich bin wirklich ratlos.
Mit freundlichen Grüßen – Ihre G.H.
Liebe Frau G.H.,
vielen Dank für Ihr Schreiben. Ich kann sehr gut verstehen, dass Sie sich verunsichert fühlen. An erster Stelle sollten Sie in ruhiger Atmosphäre ein offenes Gespräch mit Ihrem Sohn führen. Betonen Sie gleich zu Beginn des Gesprächs, dass es Ihnen nicht um Kontrolle geht, sondern dass Sie sich um ihn sorgen. Sprechen Sie Ihre Vermutungen offen aus, jedoch ohne diese als Anschuldigung zu formulieren. Bieten Sie Ihre Hilfe an und stärken Sie ihn.
Sollte er mit dem Geld tatsächlich Freunden wiederholt eine Freude machen wollen, sollten Sie ihm klar erläutern, dass für eine Freundschaft keine „Geschenke“ notwendig sind und er mit diesem Verhalten leider auch unechte Freunde anzieht.
Sollte er jedoch das Geld benötigen, damit andere Kinder ihn in Ruhe lassen resp. dies ihm abgeknöpft wird, müssen Sie schnellstmöglich mit der Lehrerin und der Schulleitung sprechen. Erklären Sie Ihrem Sohn, dass dies einer Erpressung gleich kommt und Sie somit handeln müssen.
Natürlich kann es auch sein, dass er das Geld einfach für Kleinigkeiten „verschwendet“, die keines der beiden zuvor benannten Szenarien einschließt. Da er das Geld jedoch zur freien Verfügung erhält, sollten Sie diesen Ansatz überdenken, wenn Sie mit der Geldausgabe nicht einverstanden sind. Bedenken Sie jedoch bitte auch, dass Kinder erst im (für uns Erwachsene) vermeintlich verschwenderischen Einsatz von Taschengeld den Umgang damit lernen. Spätestens, wenn zur Realisierung eines größeren Wunsches dann der eine oder andere Euro fehlt, überdenken die Kinder ihre zuvor getätigten Ausgaben.
Bezüglich seiner Situation in der Klasse sollten wir uns nochmal in Ruhe austauschen: wie Sie ihn stärken können, seine Talente fördern sowie seine Position in der Klasse festigen können.
Ich drücke Ihnen von Herzen die Daumen und würde mich sehr über einen Anruf freuen unter: 033203 389731.
Herzlichste Grüße – Deborah van den Boogaard, www.familienhalt.de
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