1. Alpakafarm im Havelland – in Börnicke: Alpakas zum Kuscheln
Wir fahren erst ein Stück am Ortsrand von Börnicke den Wald entlang und dann einen schmalen langen Weg auf ein Tor zu, das sich automatisch für uns öffnet. Dahinter wartet Joachim Kuntzagk bereits, um uns zu begrüßen – auf der 1. Alpakafarm im Havelland. Und tatsächlich, da steht bereits ein erster Paarhufer mit weißen Rastalocken und futtert in aller Ruhe frisches Grünzeug.
Das ist Caral, ein Suri-Alpaka und noch dazu ein echter Filmstar: Caral hat bereits in der TV-Serie „Unser Charly“ mitgespielt, stand auf der Bühne des Deutschen Theaters und war Star einer kommerziellen Werbeanzeige.
Während Caral weiter sein Gras mampft, erfahren wir von Joachim Kuntzagk bereits die ersten Fakten: „Die Alpakas haben keine Wolle, sondern tragen ein Edelhaar. Die Faser ist innen hohl, was die stark isolierende Wirkung etwa eines mit Alpaka-Faser gewebten Pullovers erklärt. Außerdem gibt es kein Haarfett wie beim Schaf, so ist die chemisch unbehandelte Faser vor allem für Allergiker bestens geeignet.“
Aha. Da haben wir doch schon etwas gelernt. 23 Alpakas sind zurzeit auf der 1. Alpakafarm zu sehen. 20 mehr als 1998, als die Farm vor 15 Jahren in Börnicke eröffnet wurde. Die Tiere vermehren sich anscheinend ausgesprochen gut in der Brandenburger Luft. Zu gut, denn zwei Männchen aus dem Nachwuchs werden bereits getrennt von der übrigen Gruppe gehalten, damit die Anzahl nicht noch weiter steigt. Denn im letzten Jahr gab es allein fünf Jungtiere. Und in diesem Jahr sind auch schon wieder drei Baby-Alpakas auf die Welt gekommen.
Die meisten Tiere auf der Farm gehören zu den Huacaya-Alpakas, die statt der hängenden Faser der Suris eine abstehende Faser haben. In der Tat sehen die braun gefärbten Tiere aus wie „aufgeplüscht“. Neugierig nähern sich die großen Tiere, als wir ihre große, eingezäunte Koppel betreten. Im Nu sind sie um uns herum. Der erste Eindruck: Das sind freundliche Tiere mit einem gewissen tolpatschigen Charme, einem extrem flauschig-weichen Fell, langen Wimpern, großen Augen und ganz weichen Schnauzen. Nur die unteren Schneidezähne schieben sich als vorstehender „Überbiss“ nach vorn, was ziemlich lustig aussehen kann – als würden die Alpakas ständig Grimassen schneiden. Ein Blick ins Maul zeigt: Die große Schneidezähne gibt es nur unten im Kiefer. Oben haben die aus den südamerikanischen Anden stammenden Alpakas eine harte Kauleiste.
Nora Kuntzagk beschäftigt sich bereits seit über 45 Jahren mit den Tieren. Und das durchaus beruflich, denn sie arbeitet hauptberuflich im Tierpark Berlin. Sie bringt uns einen Stapel Knäckebrot mit in die Koppel, sodass wir die hungrig herbeieilenden Tiere mit der knackenden Leckerei füttern können. Das ist doch sicherlich ein großer Spaß für alle Kinder, oder?
In der Tat kommen Schulklassen, Kindergartengruppen und Familien mit Kindern gern vorbei. Da die Alpakafarm nicht gewinnorientiert arbeitet und kein gewerblicher Betrieb ist, hat sie auch nicht rund um die Uhr geöffnet. Ein Besuch sollte deswegen unbedingt telefonisch angemeldet werden. Dann richtet das tierfreundliche Paar gern eine Führung aus, die anderthalb bis zwei Stunden dauern kann.
Zu sehen gibt es dabei einiges. Denn auf der Alpakafarm gibt es nicht nur die Alpakas zu bestaunen, sondern auch große Laufvögel, die Nandus. Laufenten, Hühner, Tauben, Kaninchen: Überall gibt es noch viele weitere Tiere zu sehen, viele davon zahm und unter Joachim Kuntzagks Aufsicht und Anweisung auch gern bereit für eine forschende Berührung. Dabei stellt der Farmbetreiber immer wieder verschmitzte Fragen und stellt den Wissensstand seiner Gäste auf die Probe. So bekommt man viel zu hören und lernt eine ganze Menge auf der Führung über die kleine Farm mitten im Havelland. Wenn alles gut läuft und Joachim Kuntzagk merkt, dass vor allem seine kleinen Gäste staunend Interesse zeigen, dann holt er aus dem Haus auch schon einmal eine besondere Überraschung – das große watschelnde Chamäleon oder die zahme Natter, die sich „mutigen“ Kindern wie eine Kette um den Hals legen lässt.
Interessant für uns ist natürlich die Frage, was mit der Wolle der Alpakas passiert. Gut, okay, eine „Wolle“ ist es im biologischen Sinn ja nicht, es sind Haare. Aber trotzdem. Nora Kuntzagk: „Da die Alpakas auf eine besonders starke Haarentwicklung hin gezüchtet worden sind, müssen sie unbedingt regelmäßig geschoren werden. Ansonsten leidet die Haut, weil sie nicht atmen kann. Ein Bekannter von uns schert die Huacayas etwa einmal im Jahr. Die unbehandelte Wolle geben wir gern direkt ab – etwa für alle, die selbst Wolle spinnen möchten. Leider ist die Nachfrage nach vorgereinigter und gesponnener Wolle sehr gering – für viele ist die hochwertige Alpakafaser einfach zu teuer. Wir verwenden die Alpakawolle deswegen vor allem, um Steppdecken anzufertigen, die wir für unsere Kunden im Wunschmaß herstellen können.“
Keine Frage: Das große Geld ist mit der Alpakafarm nicht zu verdienen. Aber man sieht an der Zutraulichkeit der Tiere sehr gut, wie viel Zeit die Kuntzagks mit ihnen verbringt und dass es hier nicht aufs Geld ankommt. Da steckt mehr dahinter. Echte Tierliebe und der Spaß daran, den Besuchern das Wissen über die domestizierte Kamelform, also über die Alpakas, zu vermitteln.
Und tatsächlich ist es ein Erlebnis, wenn die großen Tiere näher kommen und einen Nase an Nase beschnuppern, ohne dabei schreckhaft oder aggressiv zu sein, um sich dann einfach wieder zu trollen, sobald das Interesse nachlässt und keine Knäckebrote mehr hervorgezaubert werden.
Joachim Kuntzagk engagiert sich auch über seine Farm hinaus. Regelmäßig besucht er mit einem besonders zahmen Alpaka Seniorenheime in der Umgebung. Die alten Leutchen legen dann gern Hand an, freuen sich wie kleine Kinder über den Besuch und haben sehr viel Spaß. Kuntzagk: „Die Alpakas sind ganz ausgezeichnete Therapietiere. In meinen Augen sind sie sogar noch besser geeignet als Delfine: Eine weitere Anreise entfällt, die Kosten sind dramatisch niedriger und die Alpakas verlieren auch nach längerer Zeit nicht die Geduld, sich auf die Menschen einzulassen. Ich habe da nur beste Erfahrungen sammeln können.“
Kontakt: 1. Alpakafarm im Havelland, Nora und Joachim Kuntzagk, Landweg 23, 14641 Nauen OT Börnicke, Tel.: 033230 – 51041, www.hvl-alpaka.de
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