Im Gespräch mit dem Jagdverband Nauen e.V.: Die Jäger aus Nauen
Einige Restaurants in Nauen und Umgebung haben Wild auf ihrer Speisekarte zu stehen – und geben an, Wildschweinkeulen und Rehrücken direkt von den lokalen Jägern zu beziehen. Aber – wer ist das eigentlich? Der Jagdverband Nauen e.V. ist einer von 33 Verbänden, die im Landesjagdverband Brandenburg e.V. organisiert sind. Er hat 265 Mitglieder, darunter sogar 26 Frauen, das entspricht knapp zehn Prozent.
Frank Wilke (45, kleines Foto) ist der Vorsitzende im Jagdverband Nauen. Er sagt: „Wir Jäger stehen für Naturschutz und für die aktive Landschaftspflege. In den letzten Jahrhunderten hat der Mensch die Natur durch sein Wirken deutlich verändert. Dadurch wurde auch die Landschaft um Nauen stark beeinflusst – und es kommt in der Folge zu einem Ungleichgewicht der vorhandenen Tierarten. Würden wir da nicht regulierend eingreifen, wären manche Arten schnell verschwunden. Die Jagd ist per se auch eine der ältesten Nutzungsformen der Natur, die es gibt. Für viele Jäger geht es aber nicht allein um das Ausüben der verschiedenen Jagdpflichten. Sie genießen den Aufenthalt in der Natur – als beruhigenden Ausgleich zu einem stressigen Alltag.“
Ein Jäger, der in seinem Revier Schwarz- oder aber Schalenwild schiesst, darf das Fleisch nach einer eingehenden Prüfung auf bedenkliche Merkmale weiterveräußern – etwa an einen Wildhändler, an eine Fleischerei oder an ein Restaurant. Frank Wilke: „Jeder Jäger sucht sich hier einen passenden Partner. Rund die Hälfte der Strecke wird aber oft gleich direkt an die Endverbraucher verkauft. Viele Familien, die gern einen leckeren Wildbraten in ihre Speisekarte übernehmen möchten, kaufen das Fleisch direkt beim Jäger ein.“
Ein Problem für die Jäger ist es sicherlich, geeigneten Nachwuchs zu finden. Wie spricht man die Jugend an, wie motiviert man sie, Jäger zu werden? Frank Wilke: „Oft sind es die Kinder von Jägern, die dann selbst mit der Idee kommen, in die Fußstapfen ihrer Väter oder Mütter zu treten. Bei mir war mein Vater schon Jäger – und mein Sohn interessiert sich jetzt auch schon dafür. Ansonsten entscheiden sich oft erst die Älteren dazu, Jäger zu werden – nämlich dann, wenn sie beruflich und in ihrer familiären Situation ‚angekommen‘ sind und nun nach einer Beschäftigung in ihrer Freizeit suchen. Dann sind die Anwärter aber oft schon 40 Jahre alt – oder älter.“
Da die aktiven Jäger immer älter werden und damit Beschränkungen einhergehen – etwa schwindende Kondition oder Sehprobleme -, möchten die Jäger schon möglichst früh passende Nachfolger begeistern. Jugendliche können bereits mit 16 Jahren die anspruchsvolle Jägerprüfung absolvieren. Bis zu ihrem 18 Lebensjahr dürfen sie dann zunächst nur unter Begleitung jagen. Nach Erreichen der Volljährigkeit können sie die Jagd uneingeschränkt ausüben. Für die jungen Jäger bis 30 Jahre ist Claus Zidek der richtige Ansprechpartner.
Interessant ist, dass sich die Jäger regelmäßig fortbilden. Frank Wilke: „Wir laden unsere Mitglieder zu Fachvorträgen ein. In den letzten Jahren haben wir Fachleute zu Themen wie dem Waffenrecht, dem Wildverbiss im Wald, zum Stand der Wiederbesiedlung durch den Wolf oder zur Situation der Großtrappe in Brandenburg gehört. In diesem Jahr geht es weiter mit einem Vortrag zum Thema ‚Jagdethische Betrachtung vs. Wildschadensminimierung.‘ Auch ein Verbandsübungsschiessen wird regelmäßig durchgeführt. Denn für die Jäger ist es von elementarer Bedeutung, dass jeder Schuss auf ein Tier auch wirklich ‚sitzt‘ und sofort tötet. Kein Tier soll unnötig leiden.“
Der Alltag des Jägers: Dabei geht es nicht nur darum, wildromantisch durch das Unterholz zu pirschen. Viele Aufgaben stehen an. So gilt es, die Wildtiergesundheit zu überwachen. Zu diesem Zweck werden vom Reh-, Rot-, Dam- und Schwarzwild kontinuierlich Blutproben genommen. Füchse, Waschbären und Marderhunde werden auch auf Krankheiten wie Tollwut und Parasitenbefall untersucht. Die Tollwut spielt zurzeit keine Rolle rund um Nauen. Das kann sich aber ändern, wenn die Präsenz des Wolfes in der Region weiter zunimmt.
Denn dass der Wolf längst da ist, das glauben die Jäger durchaus. Frank Wilke: „Wir unterstützen das Wolfsmonitoring zurzeit mit vier Wolfsbeauftragten, die für diese Aufgabe besonders qualifiziert sind. Der Wolf ist gar nicht so einfach zu bestätigen, da das Tier sehr schlau ist und allen Menschen weiträumig aus dem Weg geht. So kann man ihn oft nur über seine Spuren nachweisen. Das ist aber ein echtes Problem, da er so gut wie keine Spuren hinterlässt. Reißt er etwa ein Reh, so bleibt in der Regel nichts zurück, was auf den Wolf hindeuten könnte. Wir wünschen uns auch, dass unsere Position als Jäger bei allen Diskussionen um den Wolf noch stärker berücksichtigt wird. Da sich der Wolf fast ausschließlich von Wild ernährt, greift er entscheidend mit in den Haushalt der Natur ein. Der Wolf unterliegt nicht dem Jagdrecht, die Jäger nehmen somit hier nur eine beobachtende Rolle ein.“
Die Mitglieder des Jagdverbandes Nauen kümmern sich übrigens auch um das Unfallwild. Kommt es auf den Straßen zu einem Unfall mit einer tödlichen Folge für das Tier, so sind die Jäger eigentlich nicht verpflichtet, das verendete Wild zu entfernen. Die Jäger tun es aber trotzdem – im Jahr 2012 sogar 834 Mal. Der Gedanke dahinter ist vor allem der, dass die toten Tieren nicht im Straßengraben verbleiben und verwesen.
Leider müssen sich die Jäger auch noch mit einem echten Zivilisationsproblem beschäftigen: Müll im Wald. In diesem Jahr wird die Müllsammel-Aktion „Sauberer Wald – Sauberes Revier“ bereits zum 17. Mal durchgeführt. Es werden rund um Nauen und in Rhinow 12 Container aufgestellt, in denen der aufgesammelte Müll aus den Wäldern entsorgt wird. Im Durchschnitt waren in den vergangenen Jahren stets um die 150 Jäger an der Aktion beteiligt. Da der Müll nicht abnimmt, wird in diesem Jahr wohl die Schallmauer von 2.000 Kubikmetern durchbrochen werden – ein trauriger Trend. Frank Wilke: „Immerhin lässt der Trend nach, dass die Leute giftige Autobatterien in den Wald schmeißen. Auch Metallschrott lässt sich noch an anderer Stelle versilbern und wird deswegen wenig im Wald gefunden. Dafür haben wir bereits über 2.500 Autoreifen aus dem Wald gezerrt.“
Auch mit den Landwirten müssen sich die Nauener Jäger arrangieren. Die Energiewende sorgt hier für veränderte Aufgaben. Da es sehr lukrativ ist, Biogasanlagen zu betreiben, werden zunehmend Energiepflanzen wie Mais und Raps angebaut. Frank Wilke: „Auf diese Weise geht Lebensraum für das Niederwild wie Fasan, Hase und Rebhuhn verloren. Das Rebhuhn ist bereits fast völlig aus der Region verschwunden. Und – die Wildschweine können sich perfekt im Mais oder in den Rapsfeldern verstecken und entziehen sich so der Bejagung. Die Folge auch für die Jäger und Landwirte sind höhere Wildschäden. Hier arbeiten wir aber gemeinsam mit dem Kreisbauernverband HVL an geeigneten Lösungen.“
Kontakt: Jagdverband Nauen e.V., www.jagdverband-nauen.de
Fotos: Claus Zidek + Carsten Scheibe (Porträtfoto)
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