PROTZAUKTIONEN – Und verkauft!
Alle Stühle an den Tischen sind belegt, Händler harren hier der Dinge, die bald kommen werden. Auf dem Tisch haben sie Notizhefte ausgebreitet, daneben liegen Lupe, Feinwaage und Taschenrechner bereit. Alle Anwesenden hoffen auf ein Schnäppchen, denn gleich kommt es zu einer öffentlichen Pfandversteigerung. (ANZEIGE)
Sebastian Protz (34) ist derjenige, der in wenigen Minuten als Dirigent der Gebote festlegt, wer am Ende gewinnt in der Finanzschlacht um die neuen Eigentumsverhältnisse – und ein Schnäppchen mit nach Hause nehmen darf.
Wir befinden uns im vierten Stock in den Räumen von PROTZAUKTIONEN am Charlottenburger Einsteinufer. Ein Security-Mann bewacht den Eingang und öffnet die Glastür zum Treppenhaus nur auf klaren Wunsch. Das ist wichtig, denn bei einer Auktion lacht nur das Bargeld, eine Kreditkarte hat hier keine Macht. Demzufolge haben die anwesenden Händler genug Bargeld mit dabei, um einen geglückten Kauf auch bezahlen zu können.
Sebastian Protz ist in Berlin-Spandau großgeworden, lebt inzwischen aber mit Freundin Sonja und Hund in Dallgow. Die Besonderheit des Dallgowers: Er ist einer der jüngsten öffentlich bestellten und vereidigten Versteigerer, die es in Deutschland gibt. Um die Prüfung ablegen zu können, muss man wenigstens 30 Jahre alt sein. Protz: „Ich habe die Prüfung mit 32 bestanden. Insgesamt gibt es nur vier bis fünf Auktionatoren in Berlin, die öffentlich bestellt und vereidigt sind. Diese Zusatzqualifikation ist wichtig, denn nur wir dürfen Pfand- und Fundsachen zur Versteigerung bringen.“
PROTZAUKTIONEN arbeitet zurzeit vor allem für Leihhäuser, Pfandhäuser und Pfandkredithäuser – nicht nur aus Berlin, sondern auch aus Plauen, Chemnitz, Dresden und anderen Orten. Sebastian Protz: „Pfandhäuser nehmen etwa den Schmuck, ein Fahrrad, die Playstation oder einen anderen Wertgegenstand als Pfand und geben dem Besitzer dafür sofort einen gewissen Gegenwert bar in die Hand. Wird der Pfand nicht fristgerecht ausgelöst, darf er veräußert werden. Dieser Verkauf muss allerdings zwingend von einem Auktionator abgewickelt werden, der unparteiisch, gewissenhaft und zuverlässig versucht, marktübliche Preise zu erzielen.“
Heute kommt vor allem Schmuck aus dem Wedding unter den Hammer. Edle Uhren, Großmutters Geschmeide, eine echte Krügerrandmünze: Mehrere junge Mädchen gehen von Tisch zu Tisch und präsentieren den potenziellen Bietern die Ware auf einem kleinen Tablett. Die anwesenden Händler schauen sich jedes Stück genau an, prüfen die Verarbeitung und suchen nach Fehlern. Auf einem Notizzettel sind Gewicht, Goldanteil und ein Startpreis vermerkt.
Man sieht den Händlern an, dass sie manche Stücke überhaupt nicht interessieren, andere aber in Exstase geraten lassen. Sobald Sebastian Protz zu seinem kleinen Metallhammer greift und die Auktion für ein Teil eröffnet, ist die Anspannung groß. Manche Händler heben nur einen Finger, andere machen mit winkenden Händen deutlich: Das will ich unbedingt haben.
Der Auktionator nennt die Summen so schnell, wie die Angebote getätigt werden – und behält dabei den Überblick. Trotzdem ist jede Versteigerung nach wenigen Momenten bereits vorbei. Der Gewinner der Auktion erhält seine ersteigerte Ware sofort überreicht – und bezahlt sie auch gleich gegen Quittung. Die Versteigerung dauert von neun Uhr morgens bis in den Mittag hinein. Der Raum leert sich aber zunehmend, wenn einzelne Händler kein Geld oder Interesse mehr haben.
Sebastian Protz: „Es lohnt sich auch für Privatpersonen, bei einer solchen Auktion mitzubieten. Denn wir gehen z.B. bei Schmuck bei der Preisfestlegung für das Startgebot immer nur vom reinen Materialpreis aus. Dabei ist es egal, wie viel Zeit ein Goldschmied in die Verarbeitung gesteckt hat oder ob der Name einer großen Marke aufgedruckt ist. Das bedeutet, dass es durchaus möglich ist, ein Schnäppchen zu landen – und seiner Liebsten ein tolles Weihnachtsgeschenk zu ersteigern. Allerdings gilt – gekauft wie gesehen. Eine spätere Reklamation ist nicht möglich.“
Angst muss man keine haben, mit einem Nasekratzen zur falschen Zeit plötzlich eine edle Uhr für ein paar Tausender ersteigert zu haben: Sebastian Protz kann eine unwillkürliche Geste problemlos von einem echten Gebot unterscheiden. Spannend und aufregend ist es aber auf jeden Fall, bei einer Auktion einmal mit dabei zu sein.
Für den Dezember sind sehr viele öffentliche Pfandversteigerungen angesetzt, dann machen die Leihhäuser vor Weihnachten noch einmal ihre Lager leer und hoffen auf höhere Erlöse in der Vorweihnachtszeit.
PROTZAUKTIONEN ist aber nicht nur für Pfandleiher da. Jeder kann den Versteigerer buchen, um Wertgegenstände zu Geld zu machen – auf Provisionsbasis. Sebastian Protz: „Ich versteigere Nachlässe, übernehme für Rechtsanwälte das Räumen von Wohnungen und kann auch nach einem Todesfall in der Verwandtschaft den gesamten Hausrat an den Mann bringen.“
Und ja, auch das gehört dazu: Am Ende jeder Auktionsrunde knallt der Metallhammer auf den Tisch. Verkauft! (Fotos/Text: CS)
Info: PROTZAUKTIONEN, Sebastian Protz, Einsteinufer 63a, 10587 Berlin, Tel.: 030 – 915 22 88 8, www.protzauktionen.de
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