Uwes Kolumne: Es leuchtet – zu Weihnachten
Ich soll keine Weihnachtskolumne schreiben, hat der Chef gesagt. Eigentlich habe ich dazu auch gar keine Lust. Jedes Jahr das Gleiche. Kurz vor Weihnachten muss ich noch einmal alle Kunden meiner Firma besuchen, um sie mit Weihnachtspräsenten zu beglücken. Das führt mich fast durch die halbe Republik. Die Rallye Paris-Dakar ist dagegen eine „Kindergarten Verkehrsschule“.
Wie soll bei diesem Stress so etwas wie besinnliche Stimmung aufkommen, um eine weihnachtliche Kolumne zu schreiben? Wobei – weihnachtliche Gefühle kommen schon manchmal auf, etwa, wenn ich an unserem schön beleuchteten Rathaus vorbeifahre. Tagsüber ist das Gebäude ja eher kein Augenschmaus, aber wenn ich morgens um 5:30 oder abends um 20 Uhr noch auf dem Weg in die Weiten der Republik oder von dort zurück bin, hebt die bunte Beleuchtung meine Laune. Irgendwie hat das Licht eine beruhigende Wirkung auf mich. Sehr schön.
Der aktuelle Trend: Eine weihnachtliche Beleuchtung im Haus oder drumherum ist wieder „in“. Früher war zwar mehr Lammetta, aber jetzt geht’s um Lichterketten. Um viele Lichterketten.
Hat sich zu meiner Kinderzeit die Beleuchtungstechnik nur auf den Weihnachtsbaum beschränkt, so leuchtet es nun auch in manchen Gärten von Falkensee grell weiß und bunt. Da empfiehlt sich beim Abendspaziergang A) eine Sonnenbrille und B) Sonnenschutzcreme mit Lichtschutzfaktor 100 und UV Repair.
Mitunter hat man das Gefühl, dass meine Nachbarn ein luminiertes Wettrüsten betreiben. Wer hat die längsten Lichterketten – oder die mit den meisten Birnen? Wer hat die aufwändigsten Dekorationen oder die ausgefallensten Figuren? Frei nach dem Motto: Kitsch as Kitsch can. Als Beweis, wer am Ende gewonnen hat, dient dann natürlich die Stromrechnung. Wobei der Sieger ja schon lange vorher feststeht: die Elektrizitätswerke.
Verschwörungstheoretiker behaupten ja, dass die Weihnachtsbeleuchtung eine Erfindung der Elektrizitätswerke ist und der Verkauf von Lichterketten von Watt n Fall und Co. gesponsert wird.
Aber irgendwie ist es doch schön, auch wenn man aufgrund der Weihnachtsbeleuchtung in den Gärten getrost die Straßenbeleuchtung ausschalten könnte. Man würde Falkensee vermutlich noch bis zur Beteigueze oder bis Alpha Centauri leuchten sehen. Sollte es dort irgendwo intelligentes Leben geben, so würden sich die dort ansässigen Astronomen vermutlich wundern, warum dieser eine Punkt auf dem 4. Planeten eines fernen Sonnensystems in der Milchstraße so unglaublich hell leuchtet – und das nur zu bestimmten Zeiten.
Aber auch wir sind dem Lichterwahn erlegen. Die ersten Lichterketten und Leuchtmittel sind schon 13 Jahre alt. In unserem Keller sieht es inzwischen aus wie in Erichs Lampenladen. Außerdem könnte ich einen Großhandel für Außensteckdosen und Verlängerungskabel eröffnen. Von den Erdspießen mit Sternchenlampen oder Lichternetzen mal ganz zu schweigen.
Beunruhigend finde ich aber das Eigenleben der Lichterketten. Im Wohnzimmer funktionieren die Dinger einwandfrei. Kaum im Garten installiert, bleibt alles dunkel. Also habe ich am Stecker gewackelt und alle Birnen auf einen festen Sitz hin überprüft. Aber es bleibt alles dunkel. Also habe ich wieder alles ins Wohnzimmer getragen – zum Glühbirnen tauschen. Oh Wunder, kaum ist der Stecker drin, leuchten alle Lampen wieder. Also wieder raus in den Garten und – wieder nur Dunkelheit. Was zur Hölle? Liegt es an der Feuchtigkeit? Also wieder ins Warme, rein in die Steckdose und – tata – alles leuchtet bunt. Raus in den Garten, nichts geht. Rein in die gute Stube, funktioniert einwandfrei. Das Rein-Raus-Spiel wiederholt sich ständig und wird inzwischen mit heftigen Flüchen und Verwünschungen unterlegt. Bis zu dem Zeitpunkt, wo meine Frau den Schalter betätigt und die Außensteckdose einschaltet. Ein kurzer Blitz – und der Garten erstrahlt in seiner ganzen Lichterpracht.
Im Fernsehen wird zeitgleich gemeldet, dass der in der Nähe liegende Flughafen Tegel den Flugverkehr einstellen muss, weil die Beleuchtung der Landebahnen ausgefallen ist. Auch das lokale Stromnetz ist zusammengebrochen.
Ich finde übrigens, dass der Airbus, der gerade über unser Haus donnert, verdammt niedrig fliegt. Das scheinen auch die Passagiere zu finden. Jedenfalls würde ich den Ausdruck in ihren Gesichtern so interpretieren, die ich recht deutlich durch die Fenster des vorbeisausenden A300 erkennen kann.
Also ich fand die Schlittenlandebahn für den Weihanchtsmann aus Lichterschläuchen war ein gute Idee.
Der erleuchtete Uwe (Text: Uwe Abel, Foto: Maike Abel)
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