Botanik & Zoologie: Familien-Exkursion in Falkensee
Es ist einfach schade: Die wenigsten Menschen können noch etwas mit der Natur anfangen, die sie umgibt. Für sie sind alle Wildkräuter einfach nur störende Unkräuter, die man im heimischen Garten auf das einheitliche Rasen-Maß heruntermähen muss. Auch bei den Tieren herrscht ein solides Unwissen vor.
Gerade bei den heimischen Insekten und Spinnen ist doch eigentlich jeder froh, wenn sie dem eigenen Garten fern bleiben.
Martina Bauer alias Kräuterfee Tina, zertifizierte Kräuterpädagogin, und Carsten Scheibe, Diplom-Biologe, haben sich am 2. September 2017 zusammengetan, um interessierten Havelländern einen ganz neuen Blick auf ihre vegetarische und zoologische Nachbarschaft zu vermitteln.
Martina Bauer: „Vor einem Jahr hat mich Carsten Scheibe auf einer Wildkräuter-Tour begleitet – und diese plötzlich mit seinem Insekten- und Spinnenwissen bereichert. Das kam so gut an, dass wir uns überlegt haben, das in diesem Jahr zu wiederholen. Und zwar kostenfrei für alle Interessierten.“
Bei schönstem Sonnenwetter fanden sich acht Erwachsene und fünf Kinder mit langen Hosen, Gummistiefeln und Becherlupen am vereinbarten Treffpunkt am Rohrbecker Damm zwischen Falkensee und Dallgow-Döberitz ein, um gemeinsam über die hier vorhandene Wildwiese zu stapfen.
Und tatsächlich gab es einiges zu sehen. Alle paar Schritte blieb die Truppe stehen, um sich einen neuen kleinen Vortrag anzuhören. Die angehenden Naturkundler trafen auf die wärmeliebende Sichelschrecke, die in Deutschland noch sehr selten anzutreffen ist. Sie fanden Schwebfliegen vor, die dank Mimikry so tun, als seien sie stechwütige Bienen. Die wunderschöne Wespenspinne wurde in Kniehöhe entdeckt, wie sie Grashüpfer in ihrem Radnetz einspann. Die Nester vom Ammen-Dornfinger wurden vorsichtig unter die Lupe genommen.
Und die Teilnehmer fanden das giftigste Insekt der Wiese – einen Marienkäfer. Denn der trägt nicht umsonst eine knallrote Warnfarbe. Der rote Käfer kann bei Gefahr eine gelbe, bittere Flüssigkeit absondern, die ein starkes Gift enthält.
Das waren Informationen, auf die die Besucher der Veranstaltung nicht vorbereitet waren. Sie staunten auch über den Fakt, dass der Ammen-Dornfinger die einzige Spinne in Deutschland ist (abgesehen von der sehr seltenen Wasserspinne), deren Giftzähne durch die menschliche Haut dringen können. Die Kreuzspinne schafft das zum Beispiel nicht.
Gerade die Kinder staunten über Waldschaben, Pflanzensaft-saugende Wanzen, aufgespürte Schmetterlingspuppen, hüpfende Zikaden, Springspinnen und Schlupfwespen. Auch eine Blindschleiche sorgte für Erstaunen. Carsten Scheibe: „Viele Teilnehmer wussten nicht, dass die Blindschleiche eine Eidechse ist und keine Schlange. Sie wird übrigens bis zu 50 Jahre alt und ist lebendgebährend, legt also keine Eier.“
Auch Kräuterfee Tina hatte eine Menge Informationen in petto. Sie wies auf den Sauerampfer, den Gundermann, die eingeschleppte Goldrute und den Holunder hin. Martina Bauer (www.kraeuterfeetina.de): „Jeder Gartenbesitzer hasst den Giersch, weil er sich so explosiv verbreitet. Dabei kann man ihn ganz einfach – aufessen. Er enthält zehn Mal mehr Vitamin C als Petersilie und eignet sich perfekt für das Würzen von Kräuterbutter, von Suppen, von Pesto oder von selbstgemachten Limonaden.“
Interessant ist auch die Schafgarbe, die als Achilleskraut bekannt ist. Ihre Inhaltsstoffe haben dank der enthaltenen Gerbstoffe eine blutstillende Wirkung. Martina Bauer: „Wer unterwegs Nasenbluten bekommt, steckt sich einfach ein paar Blätter Schafgarbe in die Nase – und das Bluten hört auf.“
Beim Laufen über die Wiese kann man natürlich jederzeit von einem Insekt gestochen werden oder in eine Brennnessel laufen. In diesem Fall lohnt es sich, nach dem Spitzwegerich Ausschau zu halten. Die Arzneipflanze des Jahres 2014 verschafft sehr schnell Linderung, so melden Betroffene.
Anke Sach: „Danke für die tolle Führung! Meine zwei Jungs und ich waren total begeistert. Das nächste Mal wollen beide Omas und der Opa auch mit dabei sein!“
Der große Erfolg der zweistündigen Führung führt dazu: Das wird im kommenden Jahr wiederholt. (Text/Fotos: CS)
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