Falkensee – in den Pilzen
Der September läutet die Pilzzeit ein. Viele Sammler warten nun wieder ungeduldig auf warme Tage und auf viel Regen. Denn dann sprießen wieder die Pilze in den Wäldern. Viele Pilzkenner haben ihre geheime Stelle im Wald, die sie regelmäßig aufsuchen, um nach essbaren Pilzen zu schauen.
Dabei wissen viele Pilzsucher gar nicht so recht, was sie da eigentlich in ihre Körbe packen. Pilze bilden neben den Tieren, den Pflanzen, den eukaryotischen Einzellern und den Bakterien das fünfte Reich der Lebewesen. Der Pilz, der seinen Hut aus dem Waldboden steckt, ist dabei nicht der ganze Organismus, sondern nur der Fruchtkörper. Der eigentliche Pilz ist ein im Waldboden weit verzweigtes Myzel aus kleinen Fäden. Oft sind die Pilze auf bestimmte Bäume angewiesen. Der Birkenpilz heißt also nicht umsonst so – er ist auf die Nähe einer Birke angewiesen. Baum und Pilz leben in Symbiose und tauschen aktiv Nährstoffe aus.
Die sichtbaren Pilze, also die Fruchtkörper, bilden Sporen aus, die aus der Unterseite des Pilzhutes rieseln, sobald sie reif sind. Dabei fallen sie entweder aus dem Schwamm oder aus den Lamellen.
Viele Pilzsucher mahnen, dass man die Pilze vorsichtig abschneiden soll, um die Wurzel des Pilzes nicht zu beschädigen. Aber ob Rupfen oder Schneiden, das ist eigentlich egal. Das quadratmetergroße Myzel bildet neue Pilze aus, wie Blüten aus einem Pflanzenzweig sprießen.
Pilze bilden ihre Zellwände nicht aus Zellulose wie die Pflanze, sondern aus Chitin – wie die Insekten. Dieser Stoff ist unverdaulich, weswegen eine Pilzmahlzeit ziemlich schwer im Magen liegen kann.
Pilze können mitunter sehr giftig sein. Aus diesem Grund müssen Sammler „ihre“ Pilze auch ganz genau kennen. Uwe Lachmann aus Dallgow: „Ich sammle eigentlich nur die Klassiker mit Schwamm, also Birkenpilz, Marone und Steinpilz. Einen Pfifferling würde ich auch nicht verschmähen. Mein Opa hat auch Lamellenpilze wie den Grünling oder den Parasol gesammelt. Da würde ich mich nicht herantrauen.“
Dabei soll gerade der große Parasol ein sehr nussiges Aroma haben. Viele bereiten den Pilz wie ein Schnitzel zu und legen ihn paniert in die Pfanne. Das soll auch mit jungen Riesenbovisten funktionieren.
Uwe Lachmann: „Ein Bestimmungsbuch hilft bei der ersten Orientierung, weil es den Unterschied zwischen einem essbaren Pilz und seinem mitunter vorhandenen giftigen Doppelgänger erklärt. Am besten ist es natürlich, wenn das Wissen um die essbaren Pilze innerhalb der Familie weitergegeben wird, etwa von einer Generation an die nächste.“
Jede Familie achtet beim Sammeln auf ganz andere Pilze. Melanie Russ aus Falkensee: „Wir sammeln gerne Schopftintlinge, die von anderen Sammlern stehengelassen werden. Wichtig ist nur, dass man sie sehr jung erntet. Wenn sie sich erst einmal verfärben, kann man sie nicht mehr essen.“
Wer sich beim Sammeln nicht hundertprozentig sicher ist, was er da tut, lässt es besser bleiben. Oder geht zur Pilzberatung, wie sie etwa im Botanischen Garten in Berlin-Dahlem angeboten wird.
Denn Pilzgifte können heimtückisch und lebensgefährlich sein. Das Gift vom Knollenblätterpilz, der immer wieder mit dem Champignon verwechselt wird, nennt sich Alpha-Amanitin. Dieses Gift wird nicht zerstört, wenn die Pilze gekocht werden. Noch schlimmer: Es wirkt sehr langsam. Bis die Wirkung einsetzt, vergehen Tage – und dann ist es schon zu spät. Das Gift setzt der Leber und auch den Nieren so sehr zu, dass die gesamten Organe zerstört werden. Mitunter rettet dann nur noch eine Transplantation das Leben der Betroffenen.
Auf der Plusseite steht: Pilze schmecken sehr lecker. Sie sind kalorienarm, enthalten viel Eisen und werten so manches Mittagessen deutlich auf. Auch lassen sich bestimmte Speisepilze gar nicht erst im Ladengeschäft kaufen, weil ein Sammeln über den Eigenbedarf hinaus verboten ist. Übrigens kann auch der Waldbesitzer etwas dagegen haben, dass Pilze in seinem Wald geerntet werden.
Früher hieß es, dass einmal zubereitete Pilzgerichte kein zweites Mal aufgewärmt werden dürfen. Diese Mahnung stammt aber noch aus den Zeiten ohne Kühlschrank: Pilze, die sich ungekühlt zersetzen, können giftige Abbaustoffe entwickeln. (Text/Fotos: CS)
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