Falkensee: Ein Abend für Gründer
In Deutschland macht man sich stark für eine neue Gründungskultur und ein freundlicheres Gründungsklima. Aus diesem Grund hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie vom 13. bis zum 19. November die „Gründerwoche 2017“ ausgerufen.
Deutschlandweit fanden im Rahmen dieser Woche über eintausend Workshops, Seminare, Planspiele und Wettbewerbe statt. Auch in Falkensee beteiligte man sich intensiv an der „Gründerwoche“.
Besonders interessant war in diesem Zusammenhang der Gründertag am 14. November. Babett Ullrich von der Wirtschaftsförderung der Stadt Falkensee übte an diesem Abend den Schulterschluss mit Leona Heymann als Projektleiterin vom Regionalen Lotsendienst des Landkreises Havelland (www.lotsendienst.standort-premnitz.de). Beide luden an die 50 Selbstständige, Gründer und Interessierte in das Foyer der neuen Falkenseer Stadthalle ein – zu einem abwechslungsreichen Programm.
Noch vor dem ersten Programmpunkt wurde Bürgermeister Heiko Müller mit der Frage konfrontiert, ob das Gründen in Falkensee denn überhaupt ein Thema sei.
Müller: „Wir haben etwa 3.500 Unternehmen in Falkensee, darunter 2.500 Kleinstunternehmen. Man gründet nicht gleich Firmen mit 500 Angestellten, sondern fängt deutlich kleiner an. In diesem Zusammenhang ist Gründen ganz eindeutig ein Thema in Falkensee. Ich war zum Beispiel sehr erstaunt, dass es in Falkensee gleich einhundert gastronomische Betriebe gibt. Viele Firmen, die bei uns existieren, fallen im Alltag übrigens gar nicht auf, weil sie stark Berlin-fixiert sind und dort ihren Geschäften nachgehen. Die Vernetzung nach Berlin hinein ist sehr hoch. Ein Problem in Falkensee ist: Wo sollen sich Firmen, die entsprechende Flächen benötigen, denn noch ansiedeln? Die Gewerbegebietsflächen sind alle bereits verkauft, nur werden sie von den aktuellen Besitzern leider oft noch nicht genutzt, was wir von der Stadt sehr schade finden, weil der Bedarf da ist.“
Der erste Programmpunkt des Abends – eine Podiumsdiskussion mit Nina Quade (Popcorn Bakery), Mathias Rehfeld (Webdesignbüro) und Iris Bradler. Leona Heymann stellte interessante Fragen und kitzelte so manche spannende Antwort aus den jungen Gründern heraus. Iris Bradler überlegt, nebenberuflich zu gründen. Sie möchte ihr Produkt aus dem Lebensmittelbereich Mitte 2018 der Öffentlichkeit vorstellen: „Bis dahin muss vor allem der Ehemann viel Geduld aufbringen und die Geschäftsidee ebenfalls gut finden. Denn Zuhause gibt es kein anderes Thema mehr als die bevorstehende Firmengründung. Aber – wenn das Thema so bestimmend ist, dann scheint es ja auch das richtige Thema zu sein.“
Mathias Rehfeld berichtete von den Problemen, die entstehen, wenn man eine Firma zu zweit gründet – und dann auch noch mit der eigenen Partnerin: „Man muss aufpassen, dass man als Paar den Büroalltag nicht auch noch mit nach Hause nimmt. Das hat zuerst gar nicht funktioniert, weil wir auch von Zuhause aus gearbeitet haben. Inzwischen haben wir ein ausgelagertes Büro, da funktioniert die Trennung Privat und Business deutlich besser.“
Nina Quade war mit ihrer Popcorn Bakery bereits in vielen Zeitungen und Magazinen. Zahlreiche Bestellungen kamen auch nach Auftritten in den TV-Sendungen „Galileo“ und „Abenteuer Leben“ im eigenen Online-Shop an. Wie sie es in die Medien geschafft hat? Quade: „Ich habe ganz klassische Pressearbeit gemacht, mich selbst ins Gespräch gebracht und auch bei den Sendern angerufen.“
Der Lotsendienst finanziert sich aus Fördermitteln der EU und des Landkreises. Leona Heymann: „Viele Gründer kommen mit einer ersten Idee zu uns. Wir begleiten sie dann bis zur erfolgreichen Gründung und geben ihnen unterwegs Hilfestellung. So laden wir sie auch zu einem viertägigen Workshop ein, wo wir ihre Stärken und Schwächen herausfinden und einen Business-Plan aufstellen. Wir kennen auch viele Berater aus etlichen Branchen, die den Gründern zur Seite stehen. Im Havelland unterstützen wir etwa 50 Gründer pro Jahr.“
Bürgermeister Heiko Müller: „Ich war 1992 selbst einmal selbstständig und habe ein Unternehmen gegründet. Daher weiß ich: Die Selbstständigkeit ist nicht nur Friede, Freude und Eierkuchen. Beim Gründen muss man sich die Frage stellen: Ist die eigene Geschäftsidee überhaupt sinnvoll? Ist sie das, dann ist auch ein gutes Marketing wichtig: Denn was nützt das beste Angebot der Welt – und niemand weiß davon?“
Nach der Podiumsdiskussion gab es bei belegten Brötchen und kalten Getränken viel Zeit zum Small Talk und zum Netzwerken mit Gleichgesinnten vor Ort. Es waren aber auch Experten der Industrie- und Handelskammer Potsdam, der Investitionsbank des Landes Brandenburg und der Handwerkskammer Potsdam im Foyer der Stadthalle präsent, um Fragen zu beantworten.
Jens Stache, Leiter des Geschäftskundenbereichs West-Brandenburg der Deutschen Bank: „Wir helfen den Gründern sehr gern und begleiten sie finanziell auf ihrem Weg. Viele Gründer vergessen bei ihren Kalkulationen gern den eigenen Unternehmerlohn. Deswegen fragen wir immer zuerst: Was braucht ihr denn zum Leben? Dann erst berechnen wir den Umsatz, der erzielt werden muss, damit schwarze Zahlen geschrieben werden. Schade finde ich persönlich, dass in Deutschland eine ‚Kultur des Scheiterns‘ noch unterentwickelt ist. In den USA etwa ist ein Fehlstart mit einem neuen Produkt kein langfristiger Makel. Fehler werden dort anders bewertet, nämlich als Chance für die unternehmerische Lernkurve und für die persönliche Weiterentwicklung. In den deutschen Unternehmen gibt es zurzeit drei große Zukunftsprobleme – die Suche nach einem Nachfolger, die Suche nach neuen Mitarbeitern und die Digitalisierung.“
Drei Vorträge rundeten den gelungenen Gründertag ab. Heike Faust referierte über „Persönlichkeit und Kommunikation“, Fabian Gerhardt über „Marketing und Werbung“ und Stefanie Grothe über „Warum Social Media für Unternehmen wichtig ist“.
Klug gedacht: Auf einem Tisch konnten alle anwesenden Firmen Flyer und Visitenkarten auslegen. So begann das Marketing in eigener Sache schon direkt auf dem Gründertag. Mehr davon! (Fotos / Text: CS)
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