Kino-Filmkritik: Downsizing
Na, das ist ja mal ein Ding. In „Downsizing“ lernen wir Paul Safranek (Matt Damon) kennen. Der Durchschnittsamerikaner möchte seiner Frau Audrey (Kristen Wiig) ein schöneres Leben bieten. Wie gut, dass ein norwegisches Forscherteam ein Verfahren namens Downsizing erfunden hat.
Es lässt die Menschen auf 12 Zentimeter schrumpfen – die beste Methode gegen die Überbevölkerung und die Ressourcen-Knappheit auf dem Planeten Erde. Ein positiver Seiteneffekt: Weil man ja kaum noch Platz verbraucht und nur noch mikroskopisch kleine Nahrung benötigt, explodiert das eigene Guthaben – und man ist plötzlich Millionär. Was so gut klingt, wird im 135 Minuten langen Film für den armen Paul schnell zum Albtraum: Seine Frau entscheidet sich in letzter Sekunde gegen das Schrumpfen und so landet Paul allein im Paradies. Das zeigt schon bald seine negativen Seiten: Paul hat nur eine unvollkommene Welt gegen die nächste eingetauscht.
Der Werbe-Trailer gaukelt dem gespannten Zuschauer eine witzige Science-Fiction-Komödie vor. Es spielen schließlich Kristen Wiig („Ghostbusters“), Neil Patrick Harris („How I Met Your Mother“) und Jason Sudeikis („Kill The Boss“) mit. Aber – weit gefehlt. Regisseur und Oscar-Preisträger Alexander Payne („Sideways“, „The Descendants“) tat sich mit Jim Taylor zusammen, um gemeinsam ein Drehbuch zu verfassen, das am ehesten eine gesellschaftskritische Science-Fiction-Dystopie beschreibt.
Der Humor bleibt da leider ganz schnell auf der Strecke und so verwandelt sich der Film recht bald in eine äußerst träge dahinschippernde soziologische Analyse, in der man die unter bunten Bildern verborgenen zynischen Gesellschaftsaussagen förmlich mit Händen greifen kann.
Im Film trifft Paul auf eine einbeinige Vietnamesin (wunderbar gespielt von Hong Chau), die eben nicht freiwillig verkleinert wurde und die in der Miniaturwelt trotz ihrer Behinderung und ihrer schlimmen Vergangenheit beide Ärmel hochkrempelt, um den auch in der kleinen Gesellschaft gescheiterten Existenzen ihr armseliges Leben etwas angenehmer zu gestalten.
Von da an dreht „Downsizing“ den Moral-Wasserhahn so richtig weit auf. Leider erstickt genau dies auch jede Spannung im Film, sodass man als Kinogänger immer häufiger auf die Uhr schaut, um herauszufinden, wie lange das bedächtig dahinplätschernde Werk denn noch dauern wird. So empfiehlt sich „Downsizing“ nicht auch nur ansatzweise dem oberflächlichen Hollywood-Publikum, das vor der Leinwand unterhalten werden möchte, sondern eignet sich vor allem für die Betroffenheits-Cineasten, die sich gern im Elend suhlen und nach dem Wort ENDE noch lange bei einem Glas Rotwein über die tiefere Bedeutung des eben Gesehenen diskutieren möchten.
Schade ist auch, dass „Downsizing“ seine eigenen wunderbaren Miniaturbilder fast schamhaft hinter einem Unschärfefilter versteckt. Da haben die Techniker wirklich beeindruckende Bilder der künstlichen Miniaturwelt geschaffen. Sie erstrahlen aber niemals in brillanter Schärfe und in satten Farben, sondern haben oft einen gewissen Doku-Charme – als schämte man sich, der Science-Fiction-Dystopie ein buntes Bild von der schönen, neuen Welt zu spendieren.
Matt Damon gelingt es perfekt, mit kleiner Plauze und naivem Gesichtsausdruck den Durchschnittsbürger zu spielen. Was seine Rolle aber leider auch nicht unterhaltsamer macht.
In Sachen Unterhaltung rettet nur einer den Film – und das ist Oscar-Preisträger Christoph Waltz („Inglourious Basterds“, „Django“). Er mimt den geschrumpften osteuropäischen Kleinganoven Dusan, der über Paul wohnt und sein Geld damit verdient, indem er Luxusartikel aus der großen Welt in die kleine bringt – und die Miniatur-Reichen mit Cohiba-Zigarren und Absolut-Vodka versorgt. Wie Dusan mit breitem Grinsen sein Leben genießt und sich dabei keinen Deut um die Nöte des Planeten, den Zustand der Gesellschaft und kolportierte Geschichten vom nahenden Ende der Welt schert, das ist eine wunderbare Konteraussage zur schwerfälligen und depressiven Gesellschaftskritik des ganzen Films. Demnach gilt: „Downsizing“ kann man gesehen haben, wenn man sich für tiefschürfende und nachdenklich machende Sozialanalysen interessiert. Man muss es aber nicht. In Deutschland startet der Film Mitte Januar 2018. (CS / Bilder: Paramount Pictures German)
Tipp: 2 von 5 Sternen
FSK: noch nicht bekannt
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=gRY9KV1jynY
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