Falkensee: Diskutieren über eine Starke Mitte
Wer über die Falkenseer Bahnhofstraße läuft, befindet sich formal gesehen im Zentrum der Gartenstadt. Ein Rundblick zeigt aber wenig, was nach Zentrum aussieht und eine gewisse „Aufenthaltsqualität“ verspricht. Die Kafferösterei und der Weltladen sind kleine Leuchttürme, ansonsten wünscht man sich doch noch deutlich mehr kleine Läden und Cafés, die zum Schlendern und Verweilen einladen. Kann man Falkensees Mitte stärken?
Das war eine Frage, die die Interessengemeinschaft Falkensee (IGF), die Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU Brandenburg (MIT) und die Werbegemeinschaft Falkensee-Starke-Mitte e.V. gern den Bürgern Falkensees stellen würde. Am 10. April luden die drei Vereinigungen alle interessierten Bewohner Falkensees zu einem Informations- und Diskussionsabend in das Foyer der Stadthalle Falkensee ein.
Zunächst einmal dies: Das Interesse der Bürger an ihrem Zentrum ist außerordentlich groß. Knapp 100 Personen nutzten den Abend, um sich zu informieren. Und auch die Stadt signalisierte große Bereitschaft dazu, sich den Wünschen der Bewohner zu stellen. Neben Bürgermeister Heiko Müller waren viele Stadtverordnete vor Ort, so etwa Barbara Richstein (CDU), Cornelia Nietsch-Hach (SPD) und Amid Jabbour (FDP). Zu den prominenten Gästen der Veranstaltung zählten Marcus Brandt von Vodafone Falkensee, Mario Hesse von EMA Immobilien, Michael Ziesecke von der Schlosserei Ziesecke und die Leiterin der Wirtschaftsförderung Falkensee Babett Ullrich.
Bei einer Podiumsdiskussion stellten sich Steffi Witt (Netzwerk der kreativen Künstler „Made in Falkensee“), Maike Janetzke (Kaffeerösterei RöstTeam), Heiko Richter (Event-Manager der Stadthalle), Hans-Peter Pohl (Geschäftsführer vom MIT-Kreisverband Havelland), Thomas Zylla (Baudezernent der Stadt Falkensee), Thomas Lenkitsch (Architekt, in der SVV im Ausschuss Stadtentwicklung) und Jörg Rade (Architekt, verantwortlich für das Bauprojekt an der alten Stadthalle) den Fragen der Moderatorin.
Hans-Peter Pohl: „Wenn ich durch das Zentrum gehe, frage ich mich immer wieder, warum es nicht gelingt, die Aufenthaltsqualität zu heben.“
Thomas Zylla: „Das ist ein strukturelles Defizit. Es müssen Magnete geschaffen werden, zu denen man gern hinfährt. Das kann ein Bäcker sein oder ein Café. Es ist ja ein Zentrum für alle. Wir von der Stadt können da nur sekundieren. Diese Magnete und Leuchttürme, die Menschen anziehen, müssen aber von selbst kommen.“
Thomas Lenkitsch: „Die Künstlermeile hat gezeigt, dass es mit einer guten Idee sehr wohl gelingt, sehr viele Menschen ins Zentrum zu locken. Hier trifft man sich dann rein zufällig, tauscht sich aus. So entsteht Verbundenheit, so entsteht ein Heimatgefühl. So etwas braucht eine Stadt wie Falkensee mit zugezogenen Menschen aus aller Welt. Der Gutspark sollte dabei der Garten der Stadt sein – mit vielen Angeboten zum Verweilen. Ich stelle mir da etwa ein Freilufttheater vor. Von diesen Ideen sind wir aber noch sehr weit entfernt. Generell müssen wir Wohnungen dichter ans Zentrum bauen. Da kommt ein riesiger Bedarf auf uns zu. Denn ältere Bewohner werden ihr Haus mit Garten nur dann aufgeben, wenn sie dafür in eine attraktive Wohnung im Zentrum umziehen können.“
Heiko Richter: „Als Veranstalter ist die Nähe Falkensees zu Berlin und die schnelle Anbindung mit der Bahn nicht eben ein Vorteil. Viele fahren dann lieber nach Berlin, als in Falkensee Events zu besuchen. Auch, weil sie nach dem Umzug nach Falkensee ihren Lebensmittelpunkt weiter in Berlin behalten. Auch ist es schwer, die Falkenseer im Sommer überhaupt von ihren Weber-Grills im Garten wegzulocken. Wichtig wäre mir aber auch, dass wir Falkenseer unsere lokalen Händler mehr unterstützen. Da sollte man sein neues Fahrrad eben vor Ort bei einem der beiden Händler kaufen und nicht in Berlin. Man muss eben auch dafür Sorge tragen, dass die Händler Lust darauf bekommen, sich im Zentrum anzusiedeln. Problematisch für die Belebung des Zentrums ist auch der Lärmschutz. Nach 22 Uhr habe ich als Veranstalter immer Stress an der Backe, wenn auch nur ein Ton zu hören ist. Wollen wir das Zentrum beleben, dann dürfen die Bürgersteige nicht nach 22 Uhr hochgeklappt werden. Wichtig ist auch, dass die Zentrumsbesucher die Chance erhalten, überhaupt ins Zentrum zu gelangen. Der Parkplatz an der Stadthalle braucht dringend eine zweite Etage.“
Steffi Witt: „170 Kreative sind im Netzwerk ‚Made in Falkensee‘ organisiert, das 2012 gegründet wurde. Ich habe sie gefragt, was sie von einem Zentrum in Falkensee erwarten. Sie sagen: Mehr Kultur in zentraler Lage in öffentlichen Räumen. Restaurants mit moderner Küche. Geschenkeläden ohne Nippes. Ein großer Schuhladen fehlt. Die Künstler wünschen sich temporär verfügbare Räume für Ausstellungen und auch Seminare. Wichtig wären ihnen außerdem kleine Ladenflächen im Zentrum, die auch bezahlbar sind.“
Maike Janetzke vom RöstTeam: „Meine Kunden erzählen mir immer wieder, dass sie in der Bahnhofstraße kleine Läden mit einem gut durchdachten Konzept vorfinden möchten – und nicht schon wieder einen weiteren Discounter. Wir sind jedenfalls vom Erfolg unserer Kaffeerösterei schier überrannt worden und haben jetzt bereits zu wenig Plätze. Wir könnten uns auch vorstellen, mit unserer Kaffeerösterei in den Gutspark umzuziehen.“
Jörg Rade: „Unser Architektenbüro ist zurzeit an drei Bauprojekten in Falkensee beteiligt. Dazu zählt auch der Neubau an der alten Stadthalle. Wir wissen, dass dies für die Falkenseer ein sensibler Standort ist. Wir möchten hier die Aufenthaltsqualität erhöhen. Wir planen Gastronomie, Dienstleister und Händler im Erdgeschoss und Wohnungen direkt darüber. Natürlich können wir nicht allen Wünschen gerecht werden.“
Im Anschluss an die Podiumsdiskussion konnten sich Besucher der Veranstaltung zu Wort melden. Ulf Hoffmeyer-Zlotnik vom Seniorenbeirat: „Die Begegnungsstätte B80 läuft richtig gut. Da ist täglich Bewegung. Zurzeit wird der Vertrag monatlich verlängert, weil das Haus dem Kreisverkehr weichen soll. Hier brauchen wir dringend einen neuen Standort ebenfalls im Zentrum, damit uns das erhalten bleibt.“
Taxiunternehmer Alexander Silvester: „Eine Fahrt über die verstopfte Bahnhofstraße ist jeden Tag ein Krampf. Oft brauche ich zehn Minuten, um durch den Tunnel zu gelangen. Auch vom Parkplatz des Akazienhofs kommt keiner mehr runter.“
Die hohe Resonanz, viele kritische Gedanken und zahlreiche Anregungen zeigten: Der Diskussionsabend war wichtig. Hans-Peter Pohl: „Weitere Fehler in der Zentrumsentwicklung können wir uns jetzt nicht mehr leisten.“ (Fotos / Text: CS)
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