Schönwalde-Glien OT Dorf: Kleine Osterlämmer bei Kolecki
„Es war eine ganz spontane Idee“, erzählt Olaf Kolecki (54). Über Ostern hat er zum allerersten Mal alle interessierten Nachbarn auf seinen Hof in Schönwalde-Dorf eingeladen. Hier, in umgebauten Stallungen, die zu den ehemaligen Fliegerkasernen gehören und nur über einen löchrigen Feldweg zu erreichen sind, konnten die Besucher die trächtigen Schafe aus der Herde des Falkenseer Schäfers bestaunen, die frischgeborenen Lämmer streicheln und viele Fragen stellen.
Auf der einen Seite der Stallungen waren die noch trächtigen Muttertiere zu sehen, auf der anderen die Lämmer mit ihren Muttertieren. Kolecki: „Über 400 Schafe gehören zu meiner Herde. Über Ostern sind die Mutterschafe in der Lammung und bekommen fast alle auf einmal ihre kleinen Lämmer. In der Regel kommt pro Muttertier ein Lamm auf die Welt, oft sind es auch Zwillinge, nur ganz selten aber mehr. Karfreitag waren bereits 45 Lämmer da, nach Ostern schon über 200. Und keine Angst, die Lämmer haben Ostern alle überlebt, sie werden wie die anderen Tiere für die Landschaftspflege eingesetzt und nicht geschlachtet.“
Dass der Hof von Karfreitag bis Ostermontag für alle Besucher offen stand, hat einen Grund. Olaf Kolecki: „In der Lammung muss ich ja eh Tag und Nacht vor Ort sein, ich schlafe dann auch hier. Normalerweise geht beim Lammen nichts schief, aber bei Problemen muss ich helfen oder sogar den Tierarzt rufen. Das passiert etwa, wenn die Lämmer zu groß sind oder verkehrt herum in den Geburtskanal rutschen. Ich bin also eh da. Und ich finde es toll, wenn sich die Menschen noch für die Schafe interessieren. Seit anderthalb Jahren arbeite ich mit einer Montessori-Schule in Potsdam zusammen. Es ist immer wieder eine Freude zu sehen, wie aufgeschlossen und neugierig die Kinder sind.“
Die Mutterschafe wissen ganz genau, wenn etwas mit ihrem Nachwuchs nicht stimmt. Wenn die Lämmer nach dem ersten Putzen nicht sofort auf wackeligen Beinen aufstehen und nach der Zitze der Mutter suchen, dann werden sie in der Regel nicht mehr vom Muttertier angenommen. Kerstin Kolecki (54): „Wir haben schon so manches Lamm Zuhause mit der Flasche großgezogen. Dann haben wir die Lämmer bei uns in der Wohnung gehabt. Stubenrein sind die leider nicht.“
Sohn Fritz (16) ist vor Ort immer mit dabei. Er hat bereits eine eigene Schafherde, die in Falkensee direkt auf einer Grünfläche steht, die an die Bahnhofstraße angrenzt. Nach der Schule möchte er selbst zum Schäfer ausgebildet werden und einmal in ferner Zukunft den Bestand des Vaters übernehmen.
Fritz Kolecki: „Wir haben bei uns das Bentheimer Landschaf, das Rauhwollige Pommersche Landschaf, Skudden, das Schwarzköpfige Fleischschaf und das Merino-Schaf. In der Paarungszeit trennen wir die Schafe in verschiedene Deckgruppen ein, sodass die Arten räumlich getrennt sind. Wenn dann aber doch mal ein Bock über einen Zaun springt, dann kann es schon zu einem ungewollten Zuchtunfall kommen.“
Olaf Kolecki setzt seine Schafe vor allem in der ökologischen Landschaftspflege ein. Sie stehen u.a. in Rohrbeck auf der alten Deponie, in Nauen auf dem Bosch-Siemens-Betriebsgelände und in Berlin-Tegel: „Hier nehme ich an einem Projekt zur Bekämpfung der invasiven Traubenkirsche teil.“ Ideal sind Schafe auch dafür geeignet, die Pflanzen in den Solarparks kurz zu halten. Kolecki: „Wenn man hier noch etwas mehr Geld in die Hand nimmt und zwei Herdenschutzhunde mit bezahlt, dann würden diese Hunde auch alle Einbrecher, die etwas stehlen oder kaputtmachen möchten, auf Abstand halten.“
Ein großes Problem treibt die deutschen Schäfer und damit auch Olaf Kolecki um: „Von der Landschaftspflege, dem Fleischverkauf und auch der Wolle können wir Schäfer nicht mehr überleben. Allein von der Wolle des letzten Jahres habe ich noch acht Säcke übrig, das gilt ja inzwischen fast als Sondermüll. Da ich ein Schäfer ohne eigene Flächen bin, erhalte ich keine Agrarförderung. Aus diesem Grund ist es sehr wichtig, dass in Deutschland die Weidetierprämie wieder eingeführt wird. Die Prämie gab es schon einmal in Deutschland, sie wurde aber leider abgeschafft. In 22 anderen europäischen Staaten gibt es sie aber noch. Wir brauchen die Prämie, damit die Schäfer im Land noch eine Zukunft haben.“
Neben den Finanzen ist auch der Wolf ein großes Thema für die Schäfer. Olaf Kolecki: „Der Wolf, das ist ein heikles Thema für uns Schäfer – und eins, das uns auch in zwei Lager spaltet. Ich persönlich bin der Meinung, dass der Wolf hierher gehört. Aber wenn er Probleme bereitet, dann muss man ihn auch aus der Natur entnehmen können. Wir haben zwei Hunde, die ihre Schafe bewachen und sich jedem Wolf in den Weg werfen würden. Der Wolf ist nahe, aber noch nicht in unserer Region heimisch. Problematischer für unsere Herde sind demnach zurzeit noch immer eher die wildernden Hunde. Oder Hunde, die laut Herrchen oder Frauchen eigentlich nur spielen wollen. Wenn sie den Schafen selbst nichts tun, treiben sie diese aber mitunter aus ihrer Koppel heraus – und sorgen so dafür, dass sich die Tiere in Gefahr begeben.“
Wer bei der Lammung mit dabei ist, wird feststellen, dass die Böcke vor Ort nicht zu sehen sind. Fritz Kolecki: „Die würden jetzt nur Ärger machen und für Stress sorgen. Sie sind, während die Mutterschafe lammen, schon wieder im Einsatz – zur Landschaftspflege auf der ehemaligen Deponie in Rohrbeck.“ (Text: CS / Fotos: CS & Alisa Scheibe)
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