Falkensee: Achtung, Rikscha unterwegs!
Falkensee ist eigentlich schwer vom Verkehr gebeutelt. Wenn jetzt ein weiteres Gefährt hinzukommt, dann ist dies aber trotzdem ein Anlass zur Freude. Denn ab sofort rollt die wohl erste Rikscha der Gartenstadt über den Asphalt. Bei einer Rikscha handelt es sich um einen zweirädrigen Wagen, in dem zwei Personen Platz finden, und der mithilfe eines angekoppelten Fahrrads geschoben wird.
Vor allem in Ost- und Südasien sind diese treibstoffsparenden Vehikel im Straßenverkehr sehr beliebt und in großer Zahl anzutreffen.
In Falkensee wird die Rikscha nun für das Projekt „Fahrtwind schenken“ eingesetzt. Wolfgang Biernath und Else Schmidt kümmern sich um das Projekt, das dem ASB in der Ruppiner Straße zugeordnet ist.
Just an diesem Standort fand am 29. August auch die Übergabe der ersten Rikscha statt. Finanziert wurde sie vom ASB Bundesverband. Dr. Christine Theiss, Vorsitzende der Arbeiter-Samariter-Stiftung und bekannt aus der TV-Sendung „Biggest Loser“, war persönlich nach Falkensee gekommen, um die Spende in die richtigen Hände zu übergeben. Dabei drehte sie auch gleich eine Runde – und holte sich dafür Wolfgang Biernath und Else Schmidt mit an Bord (siehe Foto).
Da bleibt die Frage im Raum stehen – für welchen sozialen Zweck soll die Rikscha eigentlich in Zukunft eingesetzt werden? Liane Stawemann-Walter, Geschäftsführerin vom ASB Ortsverband Nauen: „Das Projekt ‚Fahrtwind schenken‘ verbindet Inklusion, nachbarschaftliches Engagement, Ehrenamt und die Möglichkeit, unmittelbar Freude zu verschenken und dabei auch noch etwas Gutes für die eigene Gesundheit zu tun.“ Ziel ist es, ehrenamtliche Fahrer zu finden, die Menschen mit Demenz zu einer Rikscha-Fahrt einladen und mit ihnen – und einem Betreuer – für ein oder zwei Stunden durch die Nachbarschaft fahren, um den Fahrtwind auf dem Gesicht zu spüren.
Nun ist sie da, die erste Rikscha, die der Falkenseer ASB für sein Projekt „Fahrtwind schenken“ nutzen darf. Sie ist als Elektro-Rad konzipiert, sodass es auch für den Fahrer nicht allzu schwer ist, zwei Personen durch die Havelländer Landschaft zu transportieren. Denn genau dies ist das Ziel des Projekts, das von Wolfgang Biernath, Netzwerkkoordinator der Allianz für Menschen mit Demenz, und von Else Schmidt als ASB-Verantwortliche in der Kontaktstelle für Demenz geleitet wird. Die Idee: Menschen mit Demenz bekommen eine oder zwei Stunden geschenkt und werden mit der Rikscha durch ihre alte Nachbarschaft gefahren. Den Fahrtwind im Gesicht spüren, bekannte Gerüche wahrnehmen, durch die Gegend fahren und die Schönheit der Natur wahrnehmen – das ist für Demenzkranke ein echtes Geschenk. Die vordere Klappe der Rikscha kann sogar behindertengerecht abgesenkt werden – für einen einfacheren Einstieg.
Die Anschaffung weiterer Rikschas ist bereits geplant. Finanziert wurde die erste e-Rikscha von der Arbeiter-Samariter-Stiftung, die das Projekt mit 6.350 Euro unterstützt hat. Dr. Christine Theiss (38) ist als Vorsitzende der Arbeiter-Samariter-Stiftung selbst angereist, um die erste Rikscha am 29. August feierlich zu übergeben. Die 23-fache Weltmeisterin im Profikickboxen und Moderatorin der TV-Abnehmshow „The Biggest Loser“ hat selbst Erfahrungen mit dem Thema Demenz sammeln müssen: „Mein Opa war 15 Jahre lang dement, ehe er mit 95 Jahren verstorben ist. Zum Schluss konnte er sich immer nur minutenweise etwas merken. Es gab aber auch bei ihm besondere Momente in der Erinnerung, die nie verloren gingen. Eine Rikscha-Fahrt könnte Erinnerungen wecken, man fährt durch die Heimat, hat eine nette Unterhaltung.“
Ulf Hoffmeyer-Zlotnik, der den Vorsitz vom ASB Falkensee auf ehrenamtlicher Basis übernommen hat: „Unser Rikscha-Projekt ist ja nicht das erste, was es in Deutschland gibt. Aber wir nehmen uns den Demenzkranken an – und das ist schon etwas Neues. Die knallige rote Farbe der Rikscha fällt im Stadtbild auf, sie macht neugierig, was wohl dahinter steckt.“
Else Schmidt: „Viele Demenzkranke und ihre Angehörigen wissen gar nicht, was es für Angebote, Projekte und Förderungen für die Erkrankten gibt. Wir vom ASB bieten schon sehr viel an. Das Rikscha-Projekt ist nur ein weiterer Baustein.“
Wolfgang Biernath ist der Ansprechpartner für das Rikscha-Projekt. Er ist jeden Montag von 10 bis 13 Uhr in der Falkenseer ASB-Beratungsstelle Bahnhofstraße Ecke Poststraße anzutreffen. Er fährt auch aktiv durch Falkensee und spricht Radfahrer an, ob sie nicht Lust darauf hätten, beim Projekt „Fahrtwind schenken“ mitzuwirken. Es wird einige vorab erprobte Streckenempfehlungen geben – etwa von Falkensee über Schönwalde bis zum Havelkanal und dann an diesem entlang bis nach Hennigsdorf. Neben den Demenzkranken wird eine fachkundige Begleitung mit in der Rikscha Platz nehmen. Wolfgang Biernath engagiert sich seit vier Jahren: „Das Rikscha-Fahren verbindet. Man hört unterwegs beeindruckende Lebensgeschichten.“
Dr. Christine Theiss: „Mit dem Projekt hat man bei mir offene Türen eingerannt. Ich setze mich selbst regional im Ehrenamt ein – das muss auch deutschlandweit weiter gefördert werden. Der sportliche Aspekt ist auch wichtig. Ich sage immer: Ein gesunder Körper, ein gesunder Geist!“ (Text: CS / Fotos: Sonja Schröder)
Dieser Artikel wurde in „FALKENSEE.aktuell – Unser Havelland“ Ausgabe 151 (10/2018) veröffentlicht.
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