Schönwalde: Mörderische Lesung mit Veikko Bartel
Veikko Bartel (52) war lange Zeit Strafverteidiger, einer der besten, wie er selbst von sich sagt. Von seiner Kanzlei in Potsdam aus war er in ganz Deutschland unterwegs, um vor Gericht die Stimme zu erheben, wenn es galt, für Mörder und Mörderinnen das Recht zu wahren: „In meinem Berufsleben war ich in 43 Tötungsdelikte mit 61 Tatopfern involviert.“
Veikko Bartel arbeitet schon seit vielen Jahren nicht mehr als Strafverteidiger. Er ist inzwischen Universitätsdozent und lehrt Steuerrecht. Aber seine Zeit im Gerichtssaal wirkt nach. Und so hat er ein Buch geschrieben, das am 20. August im Mosaik-Verlag erschienen ist und ganz schlicht „Mörderinnen“ heißt. In vier authentischen Geschichten erzählt der ehemalige Strafverteidiger, was er vor Gericht erlebt hat. Von der Kindsmörderin, die ihr Baby erstickt, gekocht und in der Toilette heruntergespült hat. Von der Sadistin, der Gattenmörderin und der Giftmörderin.
Am 19. Oktober las der Autor aus seinem Buch – im Obergeschoss vom kreativ-Vereinshaus in Schönwalde-Dorf. Knapp 30 Personen waren anwesend. Sie alle hatten sechs Euro bezahlt, um angelockt von schlimmen, menschlichen Taten dem doch immer wieder Faszination auslösendem „Bösen“ in den Geschichten nachzuspüren.
Sieht der Autor die Menschen nach seinem Blick auf Mörder und Mörderinnen vor Gericht eigentlich mit anderen Augen? Kann er nachts noch ruhig schlafen? Veikko Bartel: „Ich hatte nie schlaflose Nächte, aber ich hatte zweifelsohne Fälle, die mich zutiefst beeindruckt haben. Da stellt sich immer die Frage nach dem Warum. Mein Menschenbild selbst hat sich in all dieser Zeit kein Stück verändert. Strafverteidiger kann man nur dann werden, wenn man bedingungslos an das Gute im Menschen glaubt. Ich sage immer, dass es im Gehirn des schlimmsten Psychopathen einen hellen Bereich reinster Unschuld gibt und dass im Kopf eines normalen Menschen die bösesten Dämonen um die Vorherrschaft ringen können. Als Strafverteidiger war es mir immer wichtig, die Person zu verteidigen und nicht die Tat.“
Das ist auch der Spagat, den das Buch beherrscht. In seinen vier Geschichten geht Veikko Bartel akribisch den Motiven aus den Grund, die am Ende zu einem Mord geführt haben: „Bei der babymordenden Mutter wollte mich mein eigenes Büro zunächst davon abhalten, die Verteidigung zu übernehmen. Mir wurde gesagt, hier sei die Grenze, so einen Fall könne nicht einmal ich übernehmen. Forscht man aber der Geschichte nach, die am Ende zu der Tat geführt hat, dann ändert man seine Meinung. Mein Büro hat am Ende geschimpft, warum das Urteil gegen die Mutter so hart ausgefallen ist.“
In Schönwalde hängen die Zuhörer an den Lippen des Autoren, der am 4. März 2019 sein nächstes Buch „Die Mörder“ vorstellen wird. Veikko Bartel: „Ich bin sehr aufgeregt, denn das ist meine erste Lesung mit dem Mörderinnen-Buch. Das Schreiben ist mir übrigens nicht schwergefallen, Sprache ist mein Metier, die Worte flossen wie von selbst. Natürlich war mein Lektor bei der ersten Durchsicht des Buches schockiert. Einige Passagen musste ich entschärfen.“
Dass der Autor, der ja eigentlich aus Potsdam kommt, ausgerechnet in Schönwalde-Dorf seine erste Lesung abhält, hat einen ganz profunden Grund, wie Bürgermeister Bodo Oehme weiß: „Ich habe Veikko Bartel auf einer Geburtstagsfeier kennengelernt und ihn dazu verdonnert, seine Lesung bei uns zu machen.“ (Text/Foto: CS)
Dieser Artikel wurde in „FALKENSEE.aktuell – Unser Havelland“ Ausgabe 152 (11/2018) veröffentlicht.
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