Kino-Filmkritik: The Favourite – Intrigen und Irrsinn
„The Favourite – Intrigen und Irrsinn“ ist ein 120 Minuten langer Kinofilm, der im besten Sinne des Wortes überrascht. Regisseur Yorgos Lanthimos entführt uns ins frühe 18. Jahrhundert. Königin Anne Stuart (Olivia Colman) ist schwach, kränklich, aufbrausend und wie ein kleines Kind völlig mit sich selbst beschäftigt.
Der Hof vertreibt sich derweil mit Entenrennen und frivolen Späßen die Zeit. Und das, wo England mit Frankreich im Krieg liegt, die Bürger wegen der Steuern aufbegehren und die Opposition immer mehr Macht gewinnt. Wie gut, dass die Hofdame Lady Sarah (Rachel Weisz) die Zügel des Regierens in die Hand nimmt und der Königin alle Befehle ins Ohr souffliert, die ihr ins intrigenreiche Planwerk passen. Als Sarahs ärmliche Kusine Abigail (Emma Stone) an den Hof drängt, glaubt Lady Sarah, eine Verbündete gefunden zu haben. Aber sie züchtet sich nur eine weitere Intrigantin heran.
Der Film lebt von drei extrem stark gespielten Frauenrollen, die den barock ausgeschmückten Kostümfilm dominieren und ebenso scharfzüngig wie launig für viele tolle Szenen und bemerkenswerte Bonmots sorgen. Sämtliche männlichen Figuren können mit der intriganten Macht und der Intelligenz von Emma Stones und Rachel Weiszs perfekt gespielten Figuren nicht auch nur im Ansatz mithalten, sodass „The Favourite“ ein zutiefst weiblich dominiertes Historienstück ist. Erstaunlich, was sowohl Lady Sarah als auch Abigail auf sich nehmen, um ihre hoch gesteckten Ziele zu erreichen.
Da ist es zwar schon etwas schade, dass die historischen Begebenheiten immer nur kurz gestreift werden, sodass man als Zuschauer nur wenig über die damalige Zeit erfährt. Aber es bleibt eben keine Zeit, um im bösartigen Intrigenspiel noch nach rechts oder links zu schauen.
Betrüblich ist nur, dass dem Film in den letzten Minuten ein wenig das Tempo abhanden kommt und sich das Gewitter der Emotionen nicht in einem lauten Knall entlädt, sondern in einer zwar knisternden, zuletzt aber mehrdeutigen Szene, über die der Zuschauer noch eine Weile nachdenken muss.
Wer zuletzt nach starken Frauenrollen im Kino, nach einem starken Drehbuch mit extrem auf den Punkt ausformulierten Dialogen und nach einer süffisanten Boshaftigkeit in den Beziehungen der Figuren gesucht hat, der wird mit „The Favourite“ eine Menge Spaß haben. Das ist ein prunkvolles Historienfest mit einem bittersüßen Nebengeschmack. (CS / Bild: © 2018 Twentieth Century Fox)
Tipp: 4 von 5 Sternen
FSK: ab 12 Jahren
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=ennN6NL_PJc
Dieser Artikel wurde in „FALKENSEE.aktuell – Unser Havelland“ Ausgabe 153 (12/2018) veröffentlicht.
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