Närrische Zeiten in Nauen: Karneval!
Der 11. November ist grau und verhangen, es hat genieselt. Trotzdem stehen über 200 Nauener Bürger an der Straße vor dem Rathaus. Sie schauen auf die Uhr, es ist etwa elf, als in der Ferne ein lautes Hupkonzert zu hören ist. Eine lange Wagenkarawane zeigt sich am Horizont, blau-weiße Luftballons hängen aus den Fenstern der festlich geschmückten Autos.
Keine Frage, diese Kolonne wird erwartet. Denn an Bord sind die aktiven Mitglieder vom Nauener Karnevals Club Blau Weiß e.V. (www.nauener-karnevals-club.de). Mit großem Trara drehen die Autos eine Extrarunde um den Kreisverkehr vor dem Rathaus, um dann in Richtung Parkplatz zu verschwinden. Es dauert nicht lange, dann erscheint eine blau-weiß gekleidete Prozession, die zu Fuß mit Paukenschlag und Tschingderassabumm langsam näherrückt.
Manuel Meger hat‘s längst mitbekommen. Nauens Bürgermeister hat bereits im Vorfeld festgestellt, dass der 11.11. auf einen Sonntag fällt – und schiebt Überstunden im Rathaus. Den großen Stadtschlüssel hat er gesucht und gefunden. Die Stadtkasse auch. Mit diesen Insignien der Macht über die Ackerbürgerstadt macht er sich auf zum Vorplatz der Sparkasse – in der Hoffnung, vielleicht doch nicht die Vorherrschaft über das Rathaus abgeben zu müssen.
Aber die Nauener Jecken sind unerbittlich. Mit geschleudertem Konfetti und reichlich für die Kinder geworfener Kamelle machen sie sich das Volk gewogen – und rufen pünktlich um 11:11 Uhr die fünfte Jahreszeit aus. Bis zum Aschermittwoch im nächsten Jahr wollen sie nun die Macht in der Stadt übernehmen – und fordern vom Bürgermeister sogleich Schlüssel und Kasse ein.
Ralf Müller gibt als Vereinspräsident das diesjährige Motto der närrischen Zeit vor: „Der Datenschutz ist uns schnuppe, wir feiern hier mit bunter Truppe.“ In einer ersten Rede begrüßt der Präsident die Polizeigarde, das Männerballett und die Funkenmariechen.
Wichtiger noch. Das Prinzenpaar Marcus der 55. und Katharina die 1. stellt sich seinem Volk vor und richtet ein paar erste Worte an die Bürger von Nauen.
Ralf Müller erklärt das Narrenbrauchtum: „Der Prinz bekommt immer die Zahl der Jahre an den Namen angehängt, die es bereits Prinzenpaare im Karnevalsverein gibt. Wir gehen in die 55. Saison, deswegen ist unser Prinz Marcus bereits der 55. Bei ihrer Lieblichkeit, der Prinzessin, geht es hingegen darum, wie oft ihr Name bereits im Verein verwendet wurde. Katharina ist die 1., weil sie auch die erste Katharina bei uns ist.“ Ein Kinderprinzenpaar gibt es auch. Hier ist die Tradition allerdings noch nicht ganz so alt, deswegen heißt das Paar Marcel der 37. und Marieke die 1.
Bürgermeister Manuel Meger lässt es sich nicht nehmen, selbst ein paar Büttenverse ins Mikrofon zu sprechen. Obgleich in Versform redet er doch Klartext und spricht die in Nauen abgeschraubten Mülleimer, die fehlenden Kitaplätze und die wegen Hebammen-Mangel geschlossene Geburtsstation in den Havelland Kliniken an.
Mit dem Narrenruf „Nauen herein“ werden die besten Büttenworte immer wieder kommentiert, während die Kinder sich langsam all ihre Taschen mit Bonbons und Lutschern gefüllt haben. Am Ende verweigert der Bürgermeister noch kurz Schlüssel und Kasse: „Zu hart hab ich gekämpft um den Schlüssel, den geb ich nicht mehr her. Und die Kasse auch nicht, das Geld wird vor allem in den Dörfern gebraucht.“
Doch auch ein kampfesfreudiger Bürgermeister muss sich beugen und Schlüssel ebenso wie Kasse abgeben. Zur Freude der vielen Zuschauer kommt nun mit Michael Knecht ein richtiger Büttenredner zum Einsatz, der einen Witz an den nächsten reiht. Altbürgermeister Detlef Fleischmann steht mitten im Volk und freut sich mit über die Narreteien.
Gesungen wird am Ende auch noch: „Unsere Funkstadt Nauen“. Dann geht es weiter ins Rathaus. Hier haben die Jecken bereits den Rathaussitzungssaal übernommen, um bei Pfannkuchen und belegten Brötchen zum gemütlichen Teil überzugehen. Torsten Hasse vom Karnevalsverein: „Wir haben über 100 Mitglieder, Tendenz steigend.“ Keine Frage: Der Karneval, er brummt in Nauen. (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel wurde in „FALKENSEE.aktuell – Unser Havelland“ Ausgabe 153 (12/2018) veröffentlicht.
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