FridaysforFuture: Schüler demonstrieren in Falkensee (und schwänzen die Schule)
„Wir schwänzen nicht, wir kämpfen“. Eine Falkenseer Schülerin reckte am 15. März selbstbewusst ihr selbstgemaltes Schild nach oben und reihte sich in die Gruppe der etwa 400 Schüler ein, die freitags morgens um elf ganz bewusst dem Unterricht fernblieben, um stattdessen auf dem Bahnhofplatz der Gartenstadt für den sofortigen Klimawandel zu protestieren. Weltweit wurden an diesem speziellen Tag über 2.000 Schülerdemonstrationen organisiert.
Unter dem Titel „FridaysforFuture“ zeigten die Kinder und Jugendlichen deutlich Flagge, um dem Beispiel der schwedischen Schülerin Greta Thunberg zu folgen. Getreu dem Motto: „Warum für die Zukunft lernen, wenn diese gefährdet ist?“
Anaïs von Fircks (17), die die 12. Klasse des Vicco von Bülow-Gymnasiums in Falkensee besucht und sich im Jugendforum Falkensee engagiert: „Um das 1,5-Grad-Ziel, das im Pariser Klimaabkommen beschlossen wurde, einhalten zu können, brauchen wir die Verkehrswende und den Kohleausstieg 2030. Wir wollen, dass jetzt gehandelt wird, denn die Konsequenzen des Klimawandels machen sich bereits in vielen Teilen der Welt deutlich bemerkbar und stellen eine reale Bedrohung für unsere Zukunft dar!“
Die Falkenseer Schüler sammelten sich am Busbahnhof, hielten Motivationsreden, bemalten den Platz mit Straßenkreiden und liefen anschließend mit ihren Plakaten friedlich die Bahnhofstraße herunter bis zum Falkenseer Rathaus und dann weiter bis zur Kant-Schule.
Peter Kissing, Stadtverordneter in Falkensee, beobachtete die Aktion vom Fahrrad aus: „Ich finde, die Demonstration der Schüler in Falkensee ist eine wichtige Aktion. Es ist toll, dass die Resonanz so hoch ausgefallen ist. Die Schüler zeigen so der ganzen Stadt, dass sich die Jugend engagiert und einmischt – und dass man Entscheidungen nicht an ihr vorbei treffen darf.“
“Wir schwänzen nicht, wir kämpfen”
“Die Erde, hotter als dein Boyfriend”
“Klimawandel kann man nicht schwänzen”
“Make the world Greta again”
“Fuck each other not the planet”
“Das Klima – aussichtloser als unser Mathe Abi”
“Oma – was ist ein Schneemann?”
Dass einmal über 400 Schüler vom Grundschüler bis zum Abiturienten mit selbstgemalten Schildern über die gesperrte Bahnhofstraße laufen und demonstrieren, das hätte vor kurzem auch niemand in der Gartenstadt für möglich gehalten. Aber die Kinder und Jugendlichen sehen ihre eigene Zukunft gefährdet, da die aktuellen Politiker im Amt viel zu wenig für den Klimaschutz unternehmen.
„FridaysforFuture“ ist die Klammer, die Freitag für Freitag viele Schüler aus der ganzen Welt während der offiziellen Schulzeit auf die Straßen treibt. Sie treten für einen Sinneswandel in der Politik ein. An machen Orten wird jeden Freitag gestreikt, in Falkensee markierte der 15. März den Anfang. Anaïs von Fircks: „In Falkensee werden wir nicht jede Woche einen Streik planen. Ich bezweifle, dass da jedes Mal viele Leute kommen würden. Vielleicht werden wir irgendwann einen weiteren Streik in Falkensee organisieren, aber vorerst ist es ein einmaliges Ereignis, das aufgrund des globalen Streiks stattfindet.“
Warum der Streik in der Schulzeit stattfinden muss, erklärt Anaïs von Fircks so: „Wir müssen die Klimakrise in die Köpfe der Bürger kriegen und Druck auf die Politiker ausüben. Das würden wir mit einer Demonstration in der Freizeit nicht schaffen, deswegen streiken wir in der Schulzeit. Ich finde es super, dass durch die Bewegung viele ursprünglich politisch uninteressierte Jugendliche damit beginnen, sich zu engagieren. Ich halte es für sehr wichtig, den Erwachsenen und besonders den Politikern zu zeigen, dass sie weniger egoistisch sein sollen und auch an die Zukunft der jungen und der kommenden Generationen denken müssen. Neben den Protesten muss man natürlich auch an sich selbst arbeiten. Das hat zwar keinen großen Einfluss auf die CO2-Bilanz von Deutschland, aber man sollte ja mit gutem Beispiel vorangehen. Deshalb esse ich z.B. kein Fleisch mehr und fahre so oft wie möglich mit dem Fahrrad.“
Thomas Fuhl, Mitglied der Falkenseer Stadtverordnetenversammlung: „Die Aktion der Schüler finde ich gut. Es schlagen da zwei Seelen in meiner Brust. Schule ist wichtig und schwänzen finde ich nicht gut. Aber das Anliegen der Schüler ist das wichtigste überhaupt für die nächsten Generationen. Außerdem lernen sie während der Demo ihre wichtigste Lektion: Ihre Stimme zählt, ihre Stimme wird gehört. Das ist Demokratie. Streiken ist ein legitimes Recht, warum sollen Schüler das nicht auch haben?“
Über 23.000 Wissenschaftler sollen sich weltweit bereits hinter die Bewegung FridaysforFuture gestellt haben: Die Experten geben den Forderungen der Schüler Recht. Das große Medienecho, das mit den Demonstrationen einhergeht, bewirkt schon mal eins: Die Klimakrise erhält viel Aufmerksamkeit.
Robin Lux, Schüler: „Wir sind nicht nur hier, um die Schule zu schwänzen, sondern auch, um der Bundesrepublik und auch der Stadt Falkensee ein Zeichen zu setzen. Deswegen gehen wir auch geschlossen bis zum Rathaus, um unser Anliegen deutlich zu machen.“ (Fotos/Text: CS)
Dieser Artikel stammt aus „FALKENSEE.aktuell – Unser Havelland“ Ausgabe 157 (4/2019).
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