Kino-Filmkritik: Leberkäs Junkie
Zehn Romane hat Rita Falk bereits über den bayerischen Provinzpolizisten Franz Eberhofer geschrieben – schrullige Mordkomödien mit den wohl durchgeknalltesten Charakteren, die es jemals zwischen zwei Buchdeckel geschafft haben. Und was ein Glück, dass diese Romane auch noch regelmäßig verfilmt werden.
Regisseur Ed Herzog nimmt sich mit „Leberkäs Junkie“ den siebten Fall von Eberhofer (Sebastian Bezzel) vor. Und der etwas träge Dorfbulle kriegt im neuen Film die Probleme gleich doppelt und dreifach aufgehalst. Seine Exfreundin Susi (Lisa Maria Potthoff) liefert für eine ganze Woche den fast einjährigen Nachwuchs Paul beim Erzeuger ab. Das – und die stressige Fresserei – sorgen dafür, dass der Eberhofer einfach umkippt. Der Arzt kennt kein Pardon: Leberkäs‘ und Fleischpflanzerl gibt‘s nicht mehr. Die Oma (Ilse Neubauer) kocht fortan nur noch gesundes Essen. Und dann wird auch noch eine verbrannte Leiche gefunden! Da Eberhofer mehr an Leberkäs-Semmeln als an den Fall denkt, ist es gut, dass es da noch den Privatdetektiv Rudi Birkenberger (Simon Schwarz) gibt. Er greift seinem Kumpel unter die Arme.
Bei „Leberkäs Junkie“ sieht man, wie enorm wichtig ein gutes Drehbuch ist. Die verrückten Einfälle bringen den Zuschauer im Minutentakt um den Verstand. Wer den ganz speziellen und sehr verschrobenen Humor teilt, der diesem Film innewohnt, wird aus dem Lachen und Kichern gar nicht mehr herauskommen.
So stellt man sich das Leben tatsächlich in einem bayerischen Dorf vor, wo sich Bürgermeister, Polizist und alle anderen Unikate des Ortes stets gegenseitig aufs Heftigste in die Wolle bekommen, um dann doch wieder abends bei einem gut gezapften Bier gemeinsam neue depperte Ideen auszuhecken.
Es ist zu schön mit anzusehen, wie der Eberhofer vor lauter privater Probleme mit seiner Ex, dem Pauli, dem kiffenden Papa, der rührseligen Oma, seinem keifenden Vorgesetzten und dem bestimmenden Bürgermeister immer nur daran denkt, wo denn nun die nächste fettige Mahlzeit wieder herkommt. Ganz nebenbei beschäftigt sich der Film auch noch mit Rassismus auf dem Dorf, mit Schwulen-Mobbing und mit den Problemen des Fußballs auf dem untersten Kreisliga-Niveau. Nur der exzessive Alkoholkonsum im Film wird nicht thematisiert.
„Leberkäs Junkie“ ist eine kultige Schrulle für alle Bayern-Liebhaber und -Hasser, die wunderbare Charaktere, einen zünftigen Mordfall, geschliffen gute Dialoge und feinste Beobachtungen des deutschen Spießbürgertums auf dem Dorf mitbringt. Der Autor dieser Zeilen hat sich lange nicht mehr so gut im Kino amüsiert. (CS / Bild: Constantin Film)
Tipp: 5 von 5 Sternen
FSK: ab 12 Jahren
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=sIz3t138zL8
Dieser Artikel stammt aus „FALKENSEE.aktuell – Unser Havelland“ Ausgabe 161 (8/2019).
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