Mäh-Werk in Falkensee: 70 Schafe und eine Ziege betreiben Landschaftspflege
Die Kölner Straße durchschneidet eine weitläufige Wiesenlandschaft, die sich von beiden Seiten her um einen Graben schmiegt. In den letzten Jahren hat sich hier eine Hochstaudenwiese ausgebreitet, die durch rankendes Kraut und aufschießende Büsche so komplex geworden ist, dass kein Mähwerkzeug dieser Vegetation mehr Herr werden kann. Also muss ein lebendiges Mäh-Werk her: Am 1. November wurde eine Seite der überbordenden Naturlandschaft eingezäunt.
Die neuen Bewohner im eingefassten Areal sind – 70 Schafe und eine Ziege. Sie stammen vom lokalen Schäfer Olaf Kolecki, der die Frage nach dem Halter gar nicht versteht: “Na klar sind die Tiere von mir. Von wem sollen sie denn sonst sein?”
Wer die fleißigen Tiere beobachtet, der ahnt bereits, welchen “Job” sie haben. Von früh bis spät sind die Zähne der Schafe (und die der einen Ziege) in Bewegung und raspeln alles kurz und klein, was in den Fokus ihrer Augen gerät. Olaf Kolecki: “Das ist ökologische Landschaftspflege. Die Schafe sorgen dafür, dass das Zuviel an Vegetation beseitigt wird – auf ganz natürliche Art und Weise. Ein Vorteil ist natürlich auch, dass sie leicht überall hinkommen.”
Vor ihrem Hunger ist kein trockener Halm sicher. Sogar die Kastanien, die von den Bäumen in der Kölner Straße ins Laub gefallen sind, werden aufgespürt und mit sichtbarem Genuss zerknackt und aufgefressen. Die Kosten für das natürliche Mäh-Werk mit dem angeschlossenen Düngeapparat auf der wollenen Rückseite trägt übrigens die Stadt Falkensee.
Olaf Kolecki: “Seit über fünf Jahren werbe ich für diese Form der ökologische Landschaftspflege. Jetzt haben sich Herr Zylla und Frau Bergholz sehr dafür eingesetzt, dass der Grünstreifen an der Kölner Straße von meinen Schafen gepflegt werden kann. Das freut mich sehr. Ich hoffe auf weitere Beauftragungen von der Stadt Falkensee.”
Vor Ort sind 70 Schafe anzutreffen – Skudden, um genau zu sein. Diese kleinste europäische Schafrasse ist vom Aussterben bedroht. Mit dabei ist auch eine einzelne Ziege. Olaf Kolecki: “Die wollte unbedingt mit und ist einfach eingestiegen. Es werden aber wohl noch ein paar Ziegen hinzukommen. Sie schälen die Weiden und die aufstrebenden Triebe und wirken so der Bewaldung entgegen.”
Eine Schlafhütte brauchen die Tiere nicht. Abends legen sie sich alle unter einen ausladenden Baum. Kolecki: “Die Tiere haben vor Ort ausreichend Unterstand, der Schutz vor Wind und Wetter ist gewährleistet.“
Die Frage ist natürlich, ob der über die ganze Breite der Wiese aufgespannte Zaun nun vielleicht den natürlichen Wildwechsel der Rehe und Wildschweine vor Ort behindert. Olaf Kolecki: “Die Rehe stört der Zaun auf gar keinen Fall. Die springen locker bis ein Meter 80 hoch und überwinden so mit Leichtigkeit Hindernisse jeglicher Art. Für Wildschweine gilt das natürlich nicht. Sie sind aber sehr intelligente Tiere. Sie passen sich der neuen Situation an und suchen sich ihre Wege.”
Alle die Schafe so ganz allein: Hat der Schäfer keine Angst vor dem Wolf? Olaf Kolecki: ” Wenn man Schäfer ist wie ich, dann lebt man grundsätzlich in der Angst um seine Tiere. Vor dem Wolf allerdings fürchte ich mich an diesem Einsatzort nicht. Es sind manchmal eher die unerzogenen, freilaufenden Hunde, die mir Sorge bereiten“.
Bis die Schafe (und die eine Ziege) ihren Job getan haben, freuen sich alle Kinder der Nachbarschaft über ihren kleinen Zoo vor der Haustür. (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „FALKENSEE.aktuell – Unser Havelland“ Ausgabe 165 (12/2019).
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