Brieselang – Unfassbare Trauer: Guido von Martens nach langer Krankheit verstorben
Er war ein begnadeter Künstler, ein überaus geselliger Mensch und zudem ein hervorragender Koch: Nicht nur in Brieselang, sondern weit über die Grenzen hinaus trauern zahlreiche Freunde und Weggefährten um Guido von Martens. Er verstarb am vergangenen Mittwoch (13. November) nach langer und schwerer Krankheit. Der einzige Meisterschüler, den Hedwig Bollhagen ausgebildet hat, wurde 76 Jahre alt.
Die Nachwelt wird ihn nicht vergessen – allen voran seine Frau und ewige Freundin Renée Dressler von Martens sowie seine Kinder.
In der Kunst- und Künstlerszene herrscht große Trauer. Doch auch diejenigen, die ihn einfach nur als Mensch schätzen gelernt haben, sind in Melancholie verfallen. Guido von Martens ist schließlich eine besondere, liebenswerte und humorvolle Persönlichkeit gewesen, die vielen genau so in Erinnerung bleiben wird. Seitdem die engsten Freunde vom Schicksalsschlag erfahren haben, gibt es schon jetzt postalisch und telefonisch unzählige Beileidsbekundungen aus allen Ecke der Erde, die Renée Dressler von Martens über den Verlust ein wenig hinwegtrösten können. Natürlich sitzt der Schmerz tief, obgleich es wegen seiner Erkrankung eine gewisse Vorbereitungszeit gegeben hat, wie sie selbst betont.
Guido von Martens wurde 1943 in Königshütte (Schlesien/Chorzów in Polen) geboren. Mit seinen Eltern zog es ihn im Zuge der Kriegswirren nach Mecklenburg-Vorpommern. Er hatte fünf Geschwister. Zu DDR-Zeiten legte er schließlich am Bischhöflichen Convict Berlin (1959 – 1961) sein Abitur ab. „Er war tatsächlich auf dem Weg, Pfaffe zu werden“, so Renée Dressler von Martens. Seine ganze Familie floh schließlich in den Westen. Er aber blieb, weil er sein Abitur erfolgreich abschließen wollte. Dann schlossen sich die Grenzen, die Mauer versperrte ihm den Weg zu seinen Eltern und Geschwistern. Später durfte er nicht einmal zur Beerdigung seines Vaters ausreisen. Darüber sei er „sehr sauer und zutiefst enttäuscht“ gewesen. Der Staat hatte ihm seine Grenzen aufgezeigt.
Zurück in Mecklenburg lernte er schließlich den Beruf des Spitzendrehers, dazu wurde er „verdonnert“. Schiffsschrauben stellte er etwa mit her. Zu dieser Zeit, in den 1960er Jahren, knüpfte er erste Kontakte zu Künstlern. Zahlreiche Berührungspunkte gab es, die ihn wenig später vollständig und tiefer in die Szene der Kunst- und Kulturschaffenden hineinkatapultierten sollte. Gelernt hat er wie Bronze gegossen wird, wie Skulpturen angefertigt werden. „Er ist durch viele Metall- und Bildhauerwerkstätten getingelt.“ Die Kunst hatte ihn seither gepackt. 1968 begann er die Ausbildung bei Hedwig Bollhagen, die er 1976 als ihr einziger Meisterschüler, den sie persönlich in Praxis und Theorie unterrichtete, erfolgreich abschloss. „Seither war er der Keramik und dem Porzellan verbunden – aus tiefstem Herzen“, so Renée Dressler von Martens, die selbst gelernte Töpferin und studierte Malerin und Grafikerin ist. Ihr späterer Ehemann lebte schon zu dieser Zeit in Brieselang. Dort lernten sich beide 1994 kennen und lieben.
Mit Blick auf sein 1978 beginnendes Wirken als freischaffender Künstler, die Keramik-Virtuosin Bollhagen hatte ihn als Mentorin dazu animiert sich selbstständig zu machen, bezeichnete er sich selbst als Keramiker (stets zuerst genannt) und Bildhauer. Er war Mitglied im Verband Bildender Künstler. Seine Schwarzkeramik gilt als besonders legendär. Von Martens setzte aber auch als Autor des Lehrbuches „Blaumalerei auf Porzellan und Keramik“ gemeinsam mit Hans van Lemmen Akzente. In China war in der Folge sein Wissen, seine Expertise etwa an der Design-Hochschule Shangyu, dem Ceramic Art Center, als Lehrkraft mehrfach gefragt – überhaupt genoss er internationales Renommee. Zahlreiche Filmdokumentationen, darunter auch über Performances gemeinsam mit ausländischen Künstlern, die immer wieder regelmäßig den Weg zu Guido und Renée Dressler von Martens fanden, zeugen von der Bedeutung seines Könnens. Selbst Schulklassen aus Südafrika unterrichtete er in Kursen in Brieselang. Er habe sich immer hinreißen lassen, Jugendlichen etwas beizubringen. Auch im Havelland hat er wie unter anderem in Nauen zahlreiche Skulpturprojekte mit Schülern realisiert.
Die letzte Ausstellung mit seinen Werken fand übrigens im Januar 2019 in zur Galerie umgebauten Bahnhof in Teterow statt. Der Titel: „Göttlich dekadent“. „Das war es auch“, sagt seine Liebste. „Eat & Art“ oder diverse Ausstellungen mit zahlreichen befreundeten Kunstschaffenden im Märkischen Künstlerhof oder Feierlichkeiten mit dem Kunstverein lockte „die halbe Welt“ nach Brieselang. Zuletzt, Anfang Oktober, war er auf der Zitadelle Spandau noch Teilnehmer eines Bildhauer-Symposiums.
Die Schaffenskraft von Guido von Martens war herausragend. Beziffern lassen sich seine unzähligen Arbeiten, vor allem Skulpturen, nicht. Mit Blick auf die zahlreich realisierten internationalen Ausstellungen wurde die Hinwendung zur Gartenkeramik und die Kunst am Bau besonders deutlich. So haben ihn seine Mistreiter im Kunstverein Brieselang thematisch beschrieben. Insbesondere die landschaftsgestalterische Arbeit sei für Guido von Martens ein forderndes Thema gewesen.
Für die Brieselangerinnen und Brieselanger hat er unter anderem trotz aller Widrigkeiten und nicht nachvollziehbarer Kritik die Nymphe am Kreisverkehr, dem Wahrzeichen am Eingangstor der Gemeinde Brieselang, unter tatkräftiger Unterstützung des Kunstvereins realisiert. „Es ist sein Vermächtnis“, sagen enge Vertraute und Freunde. Ob seinem langgehegten Wunsch Rechnung getragen wird, nämlich die Nymphe per Beleuchtung auch in der Dunkelheit zu inszenieren, wird die Zukunft zeigen.
Fakt ist: „Guido hat viele Spuren hinterlassen. Er ist gutmütig, lieb, lebensfroh, sanft und unheimlich geduldig gewesen – auch mit dem Ort Brieselang. Für mich war er der beste Freund meines Lebens“, betont Renée Dressler von Martens. Und nun? Zahlreiche Ausstellungen und Kunstaktionen im Märkischen Künstlerhof, der von beiden 2006 gekauft und auf Vordermann gebracht wurde, waren und sind geplant. „Es geht weiter – gnadenlos“, sagt sie. „Wenn du drei Veranstaltungen ausfallen lässt, biste pleite“, hat er immer gesagt.
Anmerkung: Die Urnenbeisetzung findet am Montag, 16. Dezember, um 13 Uhr auf dem Stahnsdorfer Friedhof statt. Guido von Martens selbst hatte sich dort noch zu Lebzeiten ein Mausoleum gekauft. (Text/Foto: Rachner/Gemeinde Brieselang)
Dies ist eine Pressemitteilung, die der Redaktion zugeschickt wurde, und die wir zur Information der Bürger in der Region Havelland unredigiert übernehmen.
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