Spandauer Sternwarte hat einen Auftrag in der Erwachsenenbildung
Wer aus dem Havelland nach Berlin fahren möchte und dabei die Heerstraße wählt, kommt in Staaken zwangsläufig an der Bruno H. Bürgel Sternwarte vorbei. Und fragt sich vielleicht, was es mit dieser Sternwarte auf sich hat. Günter Mekas (65) ist Vorstand im gemeinnützigen Verein, der hinter der Sternwarte steht. Er sagt: “Bruno H. Bürgel war der erste Populärwissenschaftler – noch vor Humboldt.
Er hat wissenschaftliche Erkenntnisse auch dem Menschen auf der Straße vermittelt. In den 20er Jahren ist sein astronomisches Buch ‘Aus fernen Welten’ erschienen – als volkstümliche Himmelskunde.”
Zum Bruno-H-Bürgel Sternwarte e.V., am 6. April 1982 gegründet, gehören zurzeit 65 Personen, die 12,50 Euro Vereinsbeitrag im Monat bezahlen. Günter Mekas: “Wir finanzieren uns vollständig aus eigener Kraft und zahlen sogar Miete für unsere Räume. Eine Förderung erhalten wir leider nicht. Seit 1992 nutzen wir übrigens die ehemaligen Räumlichkeiten vom alten Zollhaus des Bundesgrenzschutzes am Grenzkontrollpunkt Staaken. Zu unserem Verein: Uns fehlen leider die jungen Leute, das ist schade. Aber das geht ja vielen Vereinen so.”
1988 erhielt der Verein die Baugenehmigung für ein Teleskop mitten auf dem nahen Hahneberg. Mittel aus der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin halfen dabei, den Bau zu finanzieren, mit dem 1989 begonnen wurde. 2005 wurde das vom Verein selbst konstruierte und gebaute 61-cm-Cassegrain-Teleskop auf der selbst gebauten Kuppel auf dem Hahneberg in Betrieb genommen. Der weltweit einzigartige Prototyp hat eine Brennweite von neun Metern und gilt laut dem Verein als leistungsfähigstes Spiegelteleskop in Berlin.
Günter Mekas: “Wenn ich mich an diese Zeit erinnere, wird mir nahezu schwindelig. Sicherlich wäre es leichter gewesen, eine Baugenehmigung für ein Atomkraftwerk auf dem Ku’damm zu bekommen als für ein Teleskop auf dem Hahneberg.”
Joachim Schulze, Stellvertreter des Vorstands: “Der Hahneberg ist der beste astronomische Standort in der ganzen Hauptstadt. Hier lassen sich auch schwache Sterne mit dem bloßen Auge erkennen. Zur letzten Mondfinsternis war deswegen der Hahneberg auch voll mit Menschen, die das Himmelsereignis gern in der bestmöglichen Weise miterleben wollten.”
Eine Besonderheit des Teleskops ist, dass Himmelskörper aufgrund einer typischen Lichtbeugungserscheinung nicht als Lichtkreuze erscheinen, sondern (wie es sein sollte) rund abgebildet werden – das ist selten. Mit dem Teleskop kann man Galaxien klar erkennen, die bis zu 200 Lichtjahre weit entfernt sind. Dafür besteht leider nicht die Möglichkeit, durch das Teleskop zu fotografieren.
Joachim Schulze: “Unsere Mitglieder nutzen eigene Teleskope, an die eine Kamera angeschlossen wird, für ihre Fotografien. Ich fotografiere selbst für mein Leben gern und habe bestimmt an die 50.000 Fotos auf meiner Festplatte. Offene Kugelsternhaufen, Gasnebel, die Überreste einer Supernova, Quasare und ferne Galaxien: Es gibt so vieles, was sich am Himmel beobachten lässt. Ich selbst fotografiere am liebsten den Saturn und den Hantelnebel M27 im Sternbild ‘Füchslein’. An der Astronomie gefällt mir vor allem die Vorstellung, dass das, was ich am Himmel sehe, schon längst wieder Vergangenheit ist, weil das Licht so lange auf dem Weg zur Erde brauchte.”
Günter Mekas: “Wichtig ist, dass man mit einem Teleskop niemals in unsere Sonne schauen darf. Das kann man ansonsten mit jedem Auge nur ein einziges Mal tun. Für die Beobachtung der Sonnenaktivitäten habe ich deswegen eigene Sonnenteleskope gebaut.”
Das teuerste an den Teleskopen der Vereinsmitglieder ist übrigens die sogenannte Nachführung. Dabei handelt es sich um eine elektronische Einrichtung, die das Teleskop vollautomatisch auf bestimmte Sterne ausrichtet und diese auch während der Beobachtungszeit im Fokus hält.
Günter Mekas moniert, dass die Sternenkunde heutzutage in der Bildung keinen Stand mehr hat: “In der DDR war Astronomie noch Pflichtfach in jeder 10. Klasse. Heute kommen wieder manche Leute zu mir und fragen, ob es stimmt, dass unsere Sonne in einem Jahr explodieren würde. Ich erkläre dann, das dies wohl noch 4,5 Milliarden Jahre dauern wird. Es gibt inzwischen hervorragende TV-Sendungen zum Thema auf n-tv und bei National Geographic. Auch die modernen Apps finden wir sehr gut, da sie den Menschen die Sternbilder zeigen – am virtuellen Himmel. Gern würden wir dazu beitragen, dass das Wissen um die Wunder der Astronomie in der Bevölkerung wieder wächst.”
Ganz in diesem Sinne führt der Verein am eigenen Teleskop keine wissenschaftlichen Untersuchungen im Weltall durch, sondern widmet sich ganz der Erwachsenenbildung. Joachim Schulze: “Wir haben einen eigenen Versammlungsraum bei uns, in dem regelmäßig und zwar am Freitag Vortragsabende für bis zu 50 Personen stattfinden. Das Programm lässt sich auf unserer Homepage nachlesen, außerdem gibt es einen Newsletter.”
Die Vorträge beschäftigen sich mit der Astronomie, behandeln aber auch die Astro- und die Gravitationsphysik, Satellitenmissionen zu verschiedenen Himmelskörpern, Impact-Ereignisse, extrasolare Planeten, Schwarze Löcher, die Klimaentwicklung und die Technik der Marsroboter. Im November stehen Vorträge zu einer neuen 3D-Karte der Milchstraße, über einen neuen Blick auf die Große Magellanische Wolke und zur Dunklen Materie auf dem Programm. Der Eintritt ist mit vier Euro (ermäßigt zwei Euro) pro Vortrag sehr niedrig angesetzt – zumal oft Experten vom Max-Planck-Institut, vom Alfred-Wegener-Institut oder vom Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam zu den Vortragenden gehören. Am 6. Dezember gibt es ab 19 Uhr – aber nur bei klarem Himmel – eine Mondbeobachtung in der Sternwarte.
Wer astronomisch noch völlig unbeleckt ist und einen Planeten nicht von einem Mond oder einer Sonne unterscheiden kann, ist herzlich dazu eingeladen, den Kurs “Astronomie für Einsteiger” zu besuchen, der zum Teil in der Volkshochschule Havelland in Falkensee und zum Teil in der Sternwarte durchgeführt wird. Günter Mekas: “Den Kurs leite ich.” (Text/Fotos: CS)
Info: Bruno H. Bürgel Sternwarte, Heerstraße 531, 13593 Berlin, Tel.: 030-33939261 (freitags), www.bhb-sternwarte.de, info@bhb-sternwarte.de
Dieser Artikel stammt aus „FALKENSEE.aktuell – Unser Havelland“ Ausgabe 164 (11/2019).
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