Die alte Falkenseer Stadtbibliothek ist kaum zu retten!
Bücher brauchen Platz. Den hat die Stadtbibliothek in Falkensee schon lange nicht mehr. 260 Quadratmeter Publikumsfläche reichen nicht aus, um die eigenen Medien ansprechend zu präsentieren. Außerdem träumen die Bibliothekare vor Ort von der Möglichkeit, Raum für Lesungen und Begegnungen zu schaffen oder vielleicht sogar ein Café vor Ort zu etablieren.
Das rot geklinkerte Gebäude auf dem Campusgelände zwischen der neuen Stadthalle und der Europaschule am Gutspark ist über hundert Jahre alt und war früher selbst einmal eine Schule. Seit 1993 ist sie die Heimat der Stadtbibliothek.
2,5 Millionen Euro wollte die Stadt in die Hand nehmen, um den Altbau auf Vordermann zu bringen und um gleichzeitig einen modernen Anbau zu realisieren. Der beauftragte Generalplaner überraschte die Falkenseer Stadtverordnetenversammlung allerdings mit einer echten Hiobsbotschaft: Das Bestandsgebäude sei im Kern so sehr geschädigt, dass eine Sanierung kaum möglich ist und ein kompletter Neubau schneller und auch preiswerter wäre. Allerdings würden die Kosten in beiden Fällen deutlich anwachsen – von knapp sieben Millionen Euro war auf einmal die Rede.
Diese Hiobsbotschaft brachte zunächst den Bildungsausschuss zum Hyperventilieren. Die Details stellte Architekt Wolfhardt Focke von Focke Architekten aus Potsdam deswegen noch einmal am 8. Juni im Bauausschuss vor. Und sie sind erschreckend. Die vorhandenen Holzbalkendecken sind ohne neue Stahlträger nicht tragfähig. Die gesamte Innenbekleidung der Dachkonstruktion müsste entfernt werden. Der Hausbock hat am Holz genagt, die Braunfäule wurde entdeckt, Belastungen mit Umweltgiften wie PCP oder DDT lassen sich messen. Eigentlich müsste jede Decke, jeder Boden, jede Wand und jeder Balken noch einmal angefasst werden. Und selbst dann lassen sich abschließende Sanierungsmaßnahmen erst nach der Freilegung der Rohbauwände ermessen.
Wolfhardt Focke: “Der Schadstoffexperte sagt ganz klar: Weg damit, geht da bloß nicht ran.”
Eine Sanierung des alten Gebäudes mit einem neuen Anbau würde laut den ersten Berechnungen der Architekten 7,4 Millionen Euro kosten. Eine weitere Kröte, die dabei zu schlucken wäre: Der Umbau würde nicht zu mehr Quadratmetern führen, sondern zu weniger: 60 der eigentlich geplanten 1.146 Quadratmeter würden wieder verloren gehen.
Und die schöne Fassade wäre auch nicht zu erhalten: Dank der Energieverordnung müsste eine dicke Isolierung von außen angebracht werden, die alle Klinker verdeckt. Wolfhardt Focke: “Die Stadtbibliothek steht nicht unter Denkmalschutz.”
Bibliotheksleiterin Christiane Radon, die kommendes Jahr in den Ruhestand geht, fand deutliche Worte: “Das Zauberwort heißt Barrierefreiheit. Mit dem alten Haus, an dem noch sehr viele Herzen hängen, werden wir niemals eine echte Barrierefreiheit erreichen können, das geht nur mit einer ebenerdigen Lösung. Man sollte lieber über einen Neubau mit einem Raumgewinn nachdenken. Man braucht auch nur einmal über den Campusplatz zu gehen und sich das aktuelle Gebäude der Stadtbibliothek anzusehen: Alles sieht alt aus und abgeranzt. Wollen wir eine moderne Bibliothek oder ein Provisorium?”
Die Zahlen sprechen für einen Neubau. Er würde inklusive einem Abriss des alten Gebäudes “nur” 6,77 Millionen Euro kosten. Da hier keine faulen Kompromisse geschlossen werden müssen, stünden am Ende sogar deutlich mehr Quadratmeter auf der Agenda: 1.395 wären es am Ende – 249 mehr als geplant. Allerdings seien Mehrkosten für einen Bau in Passivhausbauweise noch nicht eingerechnet.
Gerd Gunkel von den Grünen zeigte sich “schockiert”: “Sie haben den Auftrag bekommen, aus einem historischen Bauwerk etwas richtig Schönes zu machen – und jetzt ziehen Sie uns den Zahn. Ich weiß nicht, ob es die Lösung ist, einen billigen Würfel zu bauen und zu sagen, das ist jetzt unsere Bibliothek. Ich traue mich nicht, diese Entscheidung hier und heute zu treffen, das muss ich erst in der Fraktion besprechen, das wird eine längere Diskussion.” Tatsächlich wurde die Entscheidung, ob nun saniert oder abgerissen wird, mit einem eindeutigem Votum auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. (Text/Foto: CS)
Dieser Artikel stammt aus „FALKENSEE.aktuell – Unser Havelland“ Ausgabe 172 (7/2020).
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