Kino-Filmkritik: The Hunt
Blumhouse Productions wurde im Jahr 2000 von Jason Blum gegründet – mit dem Ziel, äußerst preisgünstige Horrorfilme zu produzieren, die bei Erfolg an der Kinokasse umso profitabler werden. Das gelang dem Filmstudio immer wieder. 2009 kostete der Horrorstreifen “Paranormal Activity” gerade einmal 15.000 Dollar in der Produktion – und sammelte an den weltweiten Kinokassen 193 Millionen von den Zuschauern ein.
Weitere Filme wie “The Purge”, “Get Out”, “Split”, “Happy Deathday”, “Halloween” und “Der Unsichtbare” zeigten ebenfalls sehr eindrucksvoll, dass die Macher ein gutes Auge für das richtige Drehbuch und die optimale Machart haben. Diese Erfolgsserie sollte eigentlich mit “The Hunt” fortgeschrieben werden.
Dieser Horrorfilm, der kein wirklicher Horrorfilm, sondern eher ein blutrünstiger Thriller ohne übersinnliche Bestandteile ist, sollte im September 2019 erscheinen und eine Splatter-mäßig inszenierte Menschenjagd ins Zentrum stellen. Angesichts mehrerer Amokläufe, die Amerika damals erschütterten, zog man den Film allerdings lieber wieder zurück. Es war auch nicht hilfreich, dass sich Präsident Donald Trump in die Diskussion um den Film einmischte und ihn wortreich auf Twitter verdammte – u.a. mit dem Vermerk, dass der Film dazu in der Lage sei, “Unruhen zu entzünden.”
So wurde “The Hunt” verschoben. Nun sollte er im Frühjahr 2020 erscheinen – als einer “der am kontroversesten diskutierten Kinofilme, den aber noch nie jemand gesehen hat.” Inzwischen wurde der Film auch nicht mehr als Horrorfilm deklariert, sondern als schwarzhumorige Gesellschaftssatire bezeichnet. Nun denn.
Corona verhagelte den Machern aber auch diesen Start: Die Kinos in allen wichtigen Ländern hatten ja aufgrund der Viren-Pandemie geschlossen. So entschloss man sich, den 115 Minuten langen Streifen als hochpreisigen Leihfilm direkt über die Streamingportale wie etwa Apple-TV zu vermarkten.
Worum geht es? Ein Dutzend Menschen aus den verschiedensten amerikanischen Bundesstaaten erwacht auf einer Wiese mitten im Wald. Alle wurden betäubt, entführt und gezielt in den Wald gelegt. Mitten auf der Wiese steht eine große Holzkiste – voll mit Waffen aller Art. Noch während die Männer und Frauen staunen, was das alles soll, wird bereits auf sie geschossen. Keine Frage: Auf sie wird Jagd gemacht. Schnell zeigt sich, dass auch die Flucht keine wirkliche Alternative ist – überall im Wald warten tödliche Fallen auf unvorsichtige Davonläufer.
Präsident Trump hätte sich den Film vor seinem Twitter-Urteil erst einmal anschauen sollen, dann wär er bestimmt still geblieben: In “The Hunt” machen nämlich lauter vornehme und superreiche Liberale rund um die durchtrainierte Sadistin (Hilary Swank) Jagd auf einfältige Trump-Wähler, Waffennarren und republikanische Hinterwäldler. Das ist schon eine kuriose Situation – und eine filmtechnisch überspannte und ins Groteske verzerrte Aufarbeitung der Spaltung Amerikas, wie wir sie zurzeit unter der aktuellen Trump-Regierung erleben. Politische Zwistigkeiten, die einmal nicht verbal, sondern stattdessen mit Sniper-Gewehr, Pfeil und Bogen und im Wald verbuddelten Minen ausgetragen werden? Kurios ist, dass die tumben Rednecks und waffenliebenden Republikaner hier auf einmal die “Guten” sind, während die schick gekleideten, gebildeten und auf Genderthemen achtenden Demokraten als die Fiesen erscheinen. Verkehrte Welt auf der Leinwand.
Auf jeden Fall gibt dieser Twist der Geschichte die nötige Absurdität, um Splatterfreunden anderthalb Stunden Badass-Action vom Allerfeinsten zu spendieren. Wer einen tiefschwarzen Humor mitbringt und Splatter-Schmonzetten wie “Tucker & Dale vs Evil” zu schätzen weiß, wird an dem Actionfeuerwerk ohne nennenswerte Pausen und Längen durchaus seine Freude haben.
Die Drehbuchautoren Nick Cuse („Maniac“) und Damon Lindelof („Lost“) holen gute Gaststars wie Emma Roberts („Scream 4“) oder Ike Barinholtz („Suicide Squad“) auf die Leinwand. Star des Films ist aber Betty Gilpin als taffe Crystal, die keine Lust darauf hat, das Opfer zu sein – und beschließt, von der Gejagten zur Jägerin zu mutieren. Der finale Kampf von Betty Gilpin (“Glow”)mit Hilary Swank lässt Actionfreunde Freudentränen weinen.
Ein Tipp: Während “The Hunt” das Thema eher klamaukig und schwarzhumoristisch angeht, setzt der Roman “Jagdzeit” von David Osborn es deutlich nervenaufreibender um. (CS / Bild: Universal)
Tipp: 3 von 5 Sternen
FSK: ab 16 Jahren
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=ovgvrZD1OEI
Dieser Artikel stammt aus „FALKENSEE.aktuell – Unser Havelland“ Ausgabe 171 (6/2020).
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