Kino-Filmkritik: Tenet
In der ersten Szene von „Tenet“ geht es gleich in die Kiewer Oper, die Opfer eines Terroranschlags wird. Es dauert keine paar Sekunden und es gibt einen solchen Wumms, dass sich der Zuschauer starr in seinem Sitz krampft und dabei zutiefst erschrocken die Augen aufreißt. Da beginnt die Action – und sie hört 150 Minuten lang nicht mehr auf. Christopher Nolan legt mit „Tenet“ seinen 11. Spielfilm vor.
Der Regisseur wird aufgrund seiner ungewöhnlichen, verschachtelten und oftmals sperrigen und den Geist fordernden Filme von einer wachsenden Anzahl Fans verehrt. Er hat die „dunkle“ Batman-Trilogie gestemmt und sich mit „Inception“ und „Interstellar“ weiter in unbekannte Sphären vorgewagt.
„Tenet“ beginnt als Spionage-Drama. Ein CIA-Agent (John David Washington) wird beauftragt, den 3. Weltkrieg zu verhindern. Es werden immer mehr Artefakte gefunden, die sich in der Zeit rückwärts bewegen, deren Entropie umgekehrt ist, die invertiert sind. Handelt es sich dabei um eine Kriegserklärung aus der Zukunft? Informationen hat vielleicht der russische Waffenhändler Andrei Sator (Kenneth Branagh). Zusammen mit seinem neuen Partner Neil (Robert Pattinson) reist unser Agent um die halbe Welt, um an Informationen zu gelangen. Um in Sators Welt vorzudringen, führt der Weg zwingend über seine Frau Kat (Elizabeth Debicki).
Das muss man erst einmal hinbekommen: „Tenet“ lässt die Leinwand 150 Minuten lang beben. Stillstand gibt es hier nicht, ständig passiert etwas. Die gesamte Action ist handgemacht, kaum ein Effekt kommt aus dem Computer. Selbst das gewaltige Flugzeug, das bereits im Trailer sichtbar zu Schaden kommt, soll auch „in echt“ geschrottet worden sein. Als Kinofreund, der schon viele Millionen Dollar teure Actionszenen gelangweilt überstanden hat, muss man Christopher Nolan zugestehen, dass hier jede Action nicht nur extrem unterhaltam und perfekt inszeniert ist, sondern auch verflucht viel Sinn ergibt. Der Musik-Score und die echt lauten Soundeffekte untermalen das Geschehen perfekt – und treiben den Puls auf eine Höhe, die jeden Hausarzt zum bedenklichen Kopfwackeln verleitet.
Wirklich innovatives Kino sind aber die „invertierten“ Szenen. Wenn sich die Zeit gleichzeitig vor und zurück bewegt, dann steigt der Verstand der Zuschauer schon einmal aus und erfordert einen Reboot. Aber: Dafür ist im Film keine Zeit. Zumal Nolan in der zweiten Hälfte des Films erst richtig loslegt und für einen „Mindfuck“ sorgt, der alles Gesehene wieder neu in Frage stellt. Kleinste Details aus der ersten Filmhälfte spielen plötzlich wieder eine elementare Rolle. Grandios. (CS / Plakat: Warner Bros. Entertainment Inc / Szenebilder: Melinda Sue Gordon)
Tipp: 5 von 5 Sternen
FSK: ab 12 Jahren
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=zBTRhc5lr9A
Dieser Artikel stammt aus „FALKENSEE.aktuell – Unser Havelland“ Ausgabe 175 (10/2020).
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