Andreas Gärtner ist im Beirat für Menschen mit Behinderungen tätig: Ein erfülltes Leben in Falkensee
Andreas Gärtner (36) arbeitet im Falkenseer „Beirat für Menschen mit Behinderungen“ mit. Außerdem ist er bei der Lebenshilfe Havelland e.V. im „Rat behinderter Menschen“ tätig. Zurzeit setzt sich der Ur-Falkenseer etwa dafür ein, dass die Stadt wichtige Texte und Informationen für seine Bürger auch in Einfacher Sprache anbietet. Die Lebenshilfe hat es Andreas Gärtner nun ermöglicht, aus Nauen wieder in die alte Heimat zurückzuziehen.
Andreas Gärtner ist eigentlich immer gut gelaunt. Er packt mit an, er engagiert sich, er möchte Dinge verändern. Dabei denkt er in der Regel zuerst an andere und nur selten an sich.
Woher der gebürtige Falkenseer seine Kraft nimmt, weiß sicherlich nur er. Er ist mit einer geistigen Behinderung auf die Welt gekommen und auch körperlich sehr angeschlagen. Sich aus dem öffentlichen Leben zurückzuziehen, kam für Andreas Gärtner aber trotzdem nie in Frage. Dabei hat ihm das Leben so einige Steine in den Weg gelegt.
Andreas Gärtner: „Ich bin in Falkensee aufgewachsen und habe hier auch 30 Jahre lang gelebt. Als es dann aber nötig wurde, dass ich mir eine eigene Wohnung suche, da habe ich leider nicht in Falkensee bleiben können. Ich musste den für mich sehr schweren Weg nach Nauen antreten. Das war auch gesundheitlich nicht sehr gut für mich. Ich hatte alle meine Kontakte und Freunde hier in Falkensee – und habe hier auch zum größten Teil gearbeitet. Auf einmal war ich komplett weg vom Schuss und fühlte mich sehr einsam.“
Das Nauener Kapitel konnte Andreas Gärtner inzwischen – dank der Intervention der Lebenshilfe – nach sechs Jahren beenden.
Markus Janitzky, Geschäftsführender Vorstand: „In unserer Dreier-Wohngemeinschaft in der Ruppiner Straße ist ein Platz frei geworden. So konnte Herr Gärtner am 14. Dezember 2020 mit in das umgebaute Haus unserer alten Geschäftsstelle einziehen.“
Andreas Gärtner: „In der WG fühle ich mich sehr wohl. Endlich bin ich wieder in meinem Falkensee Zuhause. Aus gesundheitlichen Gründen arbeite ich auch wieder übergangsweise in Falkensee. Ich bin zurzeit Pförtner beí Fliedners in der Halleschen Straße – und passe auf, wer hier in das Verpackungscenter hineingehen möchte.“
Im Falkenseer Beirat für Menschen mit Behinderungen
Andreas Gärtner ist in Falkensee auch im „Beirat für Menschen mit Behinderungen“ tätig: „Da bin ich seit 2018 mit dabei. Im nächsten Jahr finden wieder Neuwahlen statt. Natürlich trete ich da wieder an. Diese Tätigkeit liegt mir sehr am Herzen. Ich bin sehr an Falkensee interessiert. Im Beirat bin ich so etwa zuständig für den Bereich ‚Einfache Sprache‘. Das ist mir sehr wichtig.“
Einfache Sprache zielt darauf ab, die deutsche Sprache so vereinfacht zu verwenden, dass sie auch von Menschen mit kognitiven Einschränkungen oder mit einer anderen Muttersprache leicht verstanden werden kann. Dabei ist es wichtig, nur kurze Sätze zu verwenden, im Aktiv zu schreiben und pro Satz nur eine Aussage zu vermitteln.
Andreas Gärtner: „Ich wünsche mir die Verwendung von Einfacher Sprache etwa auf der Homepage der Stadt Falkensee, auf öffentlichen Schildern und auch in den Pressetexten der Stadt.“
Die Stadt Falkensee hat bereits reagiert. So stellt sie nicht nur die Gebärdendolmetscher für Menschen mit Hörbeeinträchtigungen, wenn diese an öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen möchten. Andreas Gärtner wird so etwa bei seinen Besuchen der Sitzungen der Stadtverordneten von einer Person begleitet, die für ihn komplexe Sinnzusammenhänge in die Einfache Sprache übersetzt.
Richtig aktiv ist Andreas Gärtner im Falkenseer Beirat übrigens erst seit dem 9. Dezember 2020: „Da wurde ich nachgewählt. Vorher war ich nämlich nur stilles Mitglied. Das ging nicht anders, weil ich meinen Wohnsitz ja vorher noch gar nicht in Falkensee hatte, sondern in Nauen. Das hat sich ja jetzt zum Glück geändert.“
Außerdem setzt sich Andreas Gärtner dafür ein, dass die Radwege und Straßen in Falkensee aus- und umgebaut werden: „Vor allem Rollstuhlfahrer und ältere Menschen mit einem Rollator haben große Probleme, in Falkensee voran zu kommen. Oft sind die Wege nicht barrierefrei. Auch die Bushaltestellen sind nicht perfekt für Menschen mit Behinderungen vorbereitet. Oft fehlt auch ein Streifen für Blinde, damit sie erkennen, wo der Bürgersteig aufhört und wo die Straße beginnt. Ich persönlich würde mir auch sehr wünschen, dass die Ruppiner Straße einen richtigen Fußgängerweg bekommt. Da, wo ich jetzt wohne, haben wir nur einen staubigen Sandweg vor der Tür. Rollstuhlfahrer können da zum Beispiel nicht langfahren.“
Ansonsten fühlt sich Andreas Gärtner in Falkensee aber sehr wohl: „Die Integration klappt hier vor Ort sehr gut. Alle geben sich große Mühe. Damit das gelingt, sind aber beide Seiten gefragt. Man muss halt selbst auch mitarbeiten und etwas dafür tun.“
Bei der Lebenshilfe ist Andreas Gärtner übrigens auch im „Rat behinderter Menschen“ mit dabei. Der Rat gibt den Menschen mit Behinderungen, die von der Lebenshilfe betreut werden, eine Stimme.
Aktiv überall mit dabei – auch beim Fußball und beim Handball
Bleibt neben der Arbeit und der Beteiligung im „Beirat für Menschen mit Behinderungen“ und dem „Rat behinderter Menschen“ in der Lebenshilfe Havelland noch Zeit, dann hat Andreas Gärtner sehr viel Spaß am Sport: „Ich spiele selbst sehr gern Fußball – etwa in der Mannschaft der Werkstatt. Wenn ich einmal nicht selbst spiele, dann bin ich auch gern als Schiedsrichter mit dabei. Ich freue mich, wenn die Fußball-Saison endlich wieder losgeht. Corona geht einem in dieser Hinsicht ganz schön auf die Schnur.“
Beim SSV Falkensee engagiert sich Andreas Gärtner auch beim Handball: „Hier spiele ich aber nicht. Ich gehöre stattdessen dem Kampfgericht an und übernehme Ordnerdienste. Auch um den Wischdienst kümmere ich mich.“
Gern besucht der Falkenseer Konzerte – in der Stadthalle, aber auch in Berlin: „Schlagerkonzerte finde ich toll. Ich bin aber auch begeisterter Fußball-Fan und immer bei der Hertha mit dabei. Da fahre ich sogar bei den Auswärtsspielen mit. Zurzeit geht das ja mit den Besuchen im Stadion wegen Corona leider nicht. Dabei brauchen die Spieler die Unterstützung durch uns Fans. Zurzeit geht Hertha ja durch ein Tal der Tränen. Wir müssen langsam mal wieder die Kurve bekommen und gewinnen.“
In seiner Freizeit geht Andreas Gärtner auch einkaufen – für andere Menschen, die das aus zeitlichen Gründen nicht schaffen: „Das hat nichts mit Corona zu tun, das habe ich schon vorher gemacht. Ich kenne viele Leute, die sind beruflich so eingespannt, die schaffen das mit dem Einkaufen einfach nicht. So erledige ich schon lange die Besorgungen für einen Falkenseer Döner-Inhaber, der die ganze Zeit nur am Arbeiten ist.“
Apropos Corona. Corona ist natürlich ein Thema für jemanden, der sich so leidenschaftlich im Beirat für Menschen mit Behinderungen engagiert: „Dass das Impfzentrum nun nach Falkensee kommen soll, finde ich gut. Dann müssen wir nicht so weit fahren, und auch die Senioren bei uns in der Stadt haben eine Impfmöglichkeit vor der eigenen Haustür. Ich hoffe nur, dass der SV Falkensee Finkenkrug e.V. weiterhin seinen Bus-Shuttle anbietet. Der Verein hat ja Senioren bis nach Potsdam gefahren. Aber auch innerhalb von Falkensee sind die Wege nicht für jeden zu meistern.“
Obwohl er Risikopatient ist, hat Andreas Gärtner übrigens bislang noch kein Impfangebot erhalten.
Gemeinsames Kochen in der WG
Dass Andreas Gärtner wieder in Falkensee angekommen ist, macht ihn sehr glücklich: „In Nauen habe ich ganz alleine gelebt. Das ist nicht schön, da ich sehr gesellig bin. Ich hatte auch keinen Herd, konnte also gar nicht für mich kochen. In der WG kochen wir jetzt alleine oder zusammen mit unseren Betreuern. Das ist wichtig, so bekomme ich Halt. Es ist auch gut, dass ich nun vor Ort Unterstützung habe, wann immer ich sie brauche.“ (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 181 (4/2021).
Seitenabrufe seit 1.12.2021:
Kennen Sie schon unsere Gratis-App?
Apple – https://unserhavelland.de/appapple
Android – https://unserhavelland.de/appandroid
Anzeige