Sprich mit mir: Firmenchefs aus dem Havelland geben Tipps für das erste Bewerbungsgespräch!
Die Bewerbung öffnet die Tür zu einem neuen Unternehmen. Ob der Arbeitsuchende am Ende aber einen neuen Arbeitsvertrag erhält oder nicht, das entscheidet oft das Einstellungsgespräch. Manche bereiten sich viel zu wenig auf dieses Gespräch vor, andere sind überängstlich. Wie Arbeitgeber unserer Region das Einstellungsgespräch bewerten und welche Beobachtungen sie dabei immer wieder machen, das erklären vier Firmenchefs aus dem Havelland.
Die Kleidung, in dem ein neuer Mitarbeiter zum Vorstellungsgespräch erscheint, ist schon einmal sehr wichtig, meint Oliver Welter, Pächter der Shell-Tankstelle in Falkensee. Er sagt: “Ich achte auf ein gepflegtes Äußeres. Ich möchte nicht, dass ein zukünftiger Mitarbeiter zum Einstellungsgespräch in einer Trainingshose erscheint. Später am Arbeitsplatz repräsentiert der neue Kollege ja auch das Unternehmen.”
Oft beobachtet Oliver Welter, dass die zukünftigen Mitarbeiter im Gespräch viel zu angespannt sind: “Viele sind bei der Unterhaltung regelrecht verkrampft. Das spreche ich in diesem Fall sofort an und bitte die Vorsprechenden darum, doch einfach einmal tief durchzuatmen. Man möchte sich ja gegenseitig kennenlernen. Ich erzähle dann alles Grundlegende zum Job, da kommt man schon sehr gut ins Gespräch. Wer bei mir arbeiten möchte, muss nicht die gesamte Firmengeschichte der Shell im Kopf parat haben. Aber er oder sie muss schon erklären, warum es denn der Einzelhandel im Bereich der Tankstellen sein soll. Oft ist es so, dass die Bewerber Freunde haben, die auch schon in der Tankstelle arbeiten und es da gut finden. Das ist gut. Ich habe aber auch Bewerber, da stand schon im Zeugnis, dass sie ein Praktikum beim Tierarzt gemacht haben. Da ahne ich, dass der Traumjob eigentlich Tierarzthelfer/in heißt und der Arbeitsvertrag bei der Tankstelle nur die allerletzte Hoffnung ist.”
Auch für Kai-Arno Schmidt, Geschäftsleiter der Selgros in Falkensee, ist das Äußere sofort ein wichtiger Indikator: “Das Äußere muss passen. Kommt jemand in Bauarbeiterschuhen zum Einstellungsgespräch, weiß ich sofort, das wird nichts mit dem angestrebten Beruf als Außendienstmitarbeiter. Suche ich aber nach einem Kollegen für die Getränkeabteilung, passt das hingegen ganz wunderbar. Auch kann ich mir eine Frau mit fünf Zentimeter langen Fingernägeln nicht in der Metzgerei vorstellen. Das muss passen.”
Auch zum Thema Nervösität hat der Geschäftsleiter, der schon viele Einstellungsgespräche geführt hat, eine klare Meinung: “Eine gewisse Grundnervösität ist normal und gut – und besser als ein komplett übertriebenes Selbstvertrauen. Wichtig ist mir immer, dass sich niemand verstellt und im Gespräch so authentisch ist, wie es nur geht. Ich möchte die Person ja kennenlernen und im besten Fall genau die Person einstellen, die mir gerade gegenübersitzt. Passt es im Gespräch nicht, passt es auch hinterher nicht. Gut finde ich es, wenn sich ein Gespräch so entwickelt, dass ich gar keine weiteren Fragen stellen muss, und trotzdem alles erfahre, was ich wissen muss.”
Michael Arneburg ist als Geschäftsführer vom Falkenseer “Kronprinz” Experte beim Führen von Einstellungsgesprächen: “Ich bin schon so lange selbstständig in verschiedenen Bereichen, ich absolviere solche Gespräche gefühlt schon seit Jahrzehnten. Wichtig ist mir, dass ich immer auch etwas über die familiäre Situation der Bewerber erfahre. Vielen ist gar nicht bewusst, wie die Arbeitszeiten in der Gastronomie ausfallen. Das sollte schon zum familiären Umfeld passen.”
Und worauf achtet der Gastronom sonst noch in seinen Einstellungsgesprächen? Arneburg: “Die Kleidung ist schon wichtig, in der Gastronomie muss man eben auch ein solides Auftreten haben. Dazu gehört auch, dass ich keine Schlaftablette im Service haben darf. Die Personen, die ich einstelle, müssen eine gewisse Präsenz haben. Was mir leider immer mehr auffällt, ist, dass viele Bewerber einen gewissen ‘Assi-Slang’ bereits so sehr verinnerlicht haben, dass sie es selbst schon nicht mehr bemerken. Das ist ein großes Problem, denn eine bestimmte Wortwahl ist beim Kontakt mit der Kundschaft unbedingt zu vermeiden.”
Carsten Scheibe vom Pressebüro Typemania, in der die Lokalmagazine “Unser Havelland” und “Zehlendorf aktuell” erscheinen: “Ein Einstellungsgespräch bewahrt mich im besten Fall davor, im späteren Firmenalltag viel Zeit zu verschwenden. Also bin oft ich derjenige, der viel erzählt. Ich stelle die Aufgaben vor, die im Unternehmen zu bewältigen sind, und erkläre ganz genau, was ich von einem Mitarbeiter verlange. Dabei versuche ich auszuloten, ob der Mitarbeiter der Meinung ist, das auch wirklich leisten zu können. Oft genug kam erst im Gespräch heraus, dass ein Bewerber oder eine Bewerberin nur halbstags arbeiten möchte, am Wochenende nicht zur Verfügung steht oder bestimmte Arbeiten nicht leisten kann.”
Eine Person muss auch zum Team passen: “Wir sind ein sehr innovatives, nach vorn strebendes Team. Wir haben viel Kundenkontakt und möchten dort auch Wirkung hinterlassen. Insofern suche ich extrovertierte, symphatische Personen, die unseren Teamspirit selbst dann ausstrahlen, wenn ich einmal nicht selbst mit dabei bin. Außerdem brauche ich Mitarbeiter, die sich in der Region auskennen und wissen, wer was wo macht. Da trennt sich im Gespräch schnell die Spreu vom Weizen. Da wird schon nach wenigen Minuten klar, ob man ‘zusammenpasst’ oder nicht.”
Das Gespräch selbst zeigt oft nur eine Tendenz auf, bietet aber noch keine Sicherheit. Carsten Scheibe: “Eine tolle Idee ist es, eine Person an zwei, drei Tagen probearbeiten zu lassen, um zu sehen, wie die Zusammenarbeit im Alltag passt. Ich habe auch schon Bekannte darum gebeten, einen fingierten Anruf zu tätigen, um das Telefonverhalten eines Mitarbeiters auf die Probe zu stellen.” (Text: CS / Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 185 (8/2021).
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