Kino-Filmkritik: Suicide Squad
Regisseur James Gunn ist es im Auftrag von Marvel gelungen, die eigentlich nahezu unbekannten „Guardians of the Galaxy“ in bislang zwei Filmen in absolute Kultstars zu verwandeln. Gunn hat ein Gespür für sehr schräge Situationen, bringt ein perfektes Charakter-Telling mit und sorgt für umwerfende Action-Szenen, die haarscharf an der Grenze des guten Geschmacks entlangschrammen – allerdings von der falschen Seite.
Bei Marvel musste Gunn immer noch die intakte Familie als Zielgruppe im Kinositz mit im Auge haben. Um sich einmal so richtig auszutoben, hat sich der Kultregisseur nun von Warner einfangen lassen – und sich im DC-Universum von Superman und Wonder Woman eine neue Heimat geschaffen. Auch hier entwickelt er eine schräge Liebe für die Figuren jenseits der Fanaufmerksamkeit. Und so hat er sein ganzes Herzblut in den Film „The Suicide Squad“ gelegt (der übrigens so tut, als gäbe es den fast gleichnamigen Vorgängerfilm gar nicht).
Belle Reve ist ein amerikanisches Gefängnis, in dem sehr üble Superhelden-Bösewichte ihre Strafe absitzen müssen. Ihre einzige Chance, sich ein wenig Haftverschonung zu verschaffen, ist es, sich freiwillig für die Task Force X zu melden. Sie wird intern auch „Suicide Squad“ genannt, weil die Helden auf absolute Selbstmordkommandos geschickt werden (wie die ersten Minuten des Films auf ebenso anschauliche wie auch verstörende Weise zeigen). Amanda Waller Bedarf an neuen Superschurken nimmt nicht ab. Mit einem fiesen Kniff schafft sie es, Bloodsport (Idris Elba) von einer neuen Mission zu überzeugen. Mit ihm hat sie den passenen Leader, um die schrecklich dysfunktionale Gang ihrer „Freiwilligen“ zusammenzuhalten. Zum Trupp gehören auch der Polka-Dot Man (David Dastmalchian), Harley Quinn (Margot Robbie) Peace Maker (John Cena) und Ratcatcher 2 (Daniela Melchior). Eins darf schon einmal gesagt werden. James Gunn gelingt es auch hier, dem Zuschauer eine Sympathie für wirklich armselige Superhelden aufzuzwingen. Ein Mann, der bunte Polka-Kreise ausatmet? Eine Frau, die mit Ratten spricht? Megacool. So denkt man jedenfalls NACH dem Film.
Schaffte es Gunn in „Guardian of the Galaxy“, mit dem lebenden Baum Groot einen ebenso liebenswerten wie auch wortkargen Charakter zu erschaffen, so ist es hier der laufende Hai King Shark, der im Original von Sylvester Stallone gesprochen wird. Er kann eigentlich nur „Nom nom“ sagen und muss ständig davon abgehalten werden, seine Teamkollegen aufzufressen.
Die ganze Bande wird auf den fiktiven Inselstaat Corto Maltese geschickt, um eine intergalaktische Geheimwaffe in Form eines riesigen Seesterns zu sichern. Das geht natürlich mächtig schief.
„The Suicide Squad“ bietet einen fast schon traumatisch unpolitischen Humor, der stets die Grenzen dessen auslotet, was man gerade noch so im Kino zeigen darf. Auch von seiner Brutalität her ist das kein Film für Marvel-Weicheier. Hier geht es wirklich übel zur Sache. Was sich Gunn ausgedacht hat und auf die Leinwand bringt, ist abstrus, einfallsreich, übelkeitserregend, lustig, unerwartet, herzerweichend und einfach nur gut.
Es ist eine ganz besondere Gabe von James Gunn, inmitten des von ihm verzapften Actionchaos ganz sensible Charakterstudien zu betreiben, sodass dem Zuschauer die schrägen Antihelden immer mehr ans Herz wachsen. Vor allem King Shark ist eine Figur, die man gar nicht genug wertschätzen kann. (CS / Bilder: Warner)
Fazit: 4 von 5 Sterne (FSK 16)
Spieldauer: 132 Minuten
Kinostart: ab sofort
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=CN2ctkcK4ZI
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 186 (9/2021).
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