Rollende Käfer auf großer Ausfahrt: VW-Oldtimer-Freunde trafen sich in Ribbeck!
Heute sehen sämtliche Autos irgendwie alle gleich aus. Form folgt Funktion, so heißt es in den Designer-Stuben. Dabei gibt es kaum noch eine Chance, das sich das Extravagante durchsetzt. Das war vor 50 Jahren noch ganz anders. Damals dominierte der VW Käfer als echter Volkswagen die Straßen in Deutschland. Der Käfer war ein wirklich kurios geschnittener Wagen, den sich aber jede Familie leisten konnte. Sein Andenken wird von vielen Oldtimer-Freunden noch immer in Ehren gehalten. Über 50 Käfer-Besitzer trafen sich nun in Ribbeck zu einem gemeinsamen Ausflug auf vier Rädern.
Das war doch einmal ein Fest für alle Sinne: Am 24. Oktober trafen sich der VW-Käferclub Oranienburg e.V., die VW-Oldtimerinitiative “Volkstourer” aus Berlin und der 1. VW Käferclub Wolfsburg e.V. mit ihren liebevoll restaurierten Wagen auf einem Parkplatz in Ribbeck. Von hier aus ging es gemeinsam weiter zum – wie passend – Oldtimer-Flugplatz Bienenfarm.
Im Gespräch: Drei Liebhaber aufwändig restaurierter VW-Käfer-Oldtimer
Mit dabei war auch Gerhard Rathenow (66) vom Berliner Käfer-Club: “Mein knallroter VW-Käfer ist Baujahr 66 – in diesem Jahr passt er einmal ganz perfekt zu meinem eigenen Alter. Ich habe den Käfer ein bisschen verändert und ihn zeitgemäß getunt. So hat er die Felgen und die Sitze von einem 914er Porsche bekommen. Auch die Armaturen sind nicht mehr komplett original. Aber auch wenn der VW Käfer schon so alt ist, er fährt noch immer ganz wunderbar. Letztens durften wir uns einmal zwei Stunden auf dem Sachsenring austoben, da brachte er es noch auf solide 150 Stundenkilometer.”
Das Auto ist ganzjährig angemeldet, darf also sogar im Winter auf die Straße. Gerhard Rathenow: “Der Käfer hat einen Katalysator. Ich habe die grüne Plakette und darf mit dem Auto in der Umweltzone von Berlin fahren. Ich habe kurioserweise auch das Gefühl, dass der Käfer mit dem Alter weniger Spri schluckt. Er verbraucht im Schnitt etwa neun Liter auf hundert Kilometer.”
Faszinierend findet der Oldtimer-Freund an seinem VW-Käfer vor allem die Einfachheit: “Da gibt es eine Zündspule, einen Zündverteiler und einen Vergaser – fertig. Elektronik gibt es da keine. Das waren eben noch ganz andere Zeiten damals.”
Ein Problem ist allerdings, dass an so einem alten Auto immer etwas repariert werden muss. Und eine Autowerkstatt, die sich noch mit so alten Modellen auskennt, ist auch schwer zu finden, sagt Gerhard Rathenow: “Ich bin echter Autodidakt. Ich habe mir alles selbst beigebracht, was ich wissen muss. Wenn etwas am Käfer zu schrauben ist, dann mache ich das einfach selbst. Ein bisschen Rost ist auch immer zu finden. Mein 66er Käfer hat so bereits die dritte Lackierung drauf. Meine Tochter habe ich mit der Faszination für die alten Autos übrigens ebenfalls anstecken können. Wir haben noch zwei, drei weitere Käfer, die wir nach und nach restaurieren.”
Frank Huschke (67) kommt ebenfalls aus Berlin. Er fährt einen VW Käfer Baujahr 61: “Mein Käfer ist allerdings ein echtes Garagenauto. Das wird nur in der Saison gefahren und kommt nur bei schönem Wetter an die Luft. An dem Auto ist eigentlich noch alles im Originalzustand. Es gibt nur ein paar wenige Zusatzsachen wie das Ausstellfenster hinten, die ich mir gegönnt habe. Mit dem Auto habe ich großes Glück gehabt. Das hat ein alter Herr abgegeben, der den Wagen Zeit seines Lebens immer gepflegt und gehütet hat – von so einem Angebot träumt man ja immer. Allerdings habe ich selbst zwei linke Hände, wenn es darum geht, Reparaturen vorzunehmen. Zum Glück ist einer meiner Freunde Mechaniker.”
Was auffällt: Die alten VW-Käfer haben weder eine Kopfstütze an den Sitzen noch Sicherheitsgurte. Frank Huschke: “Das sind echte Oldtimer, die haben ein entsprechendes H-Kennzeichen. Das bedeutet aber auch, dass diese Autos im originalen Zustand fahren dürfen. Weder Kopfstützen noch Sicherheitsgurte sind Pflicht. Falls man sie nachrüsten würde, dann wäre das ja kein authentischer Käfer aus der Zeit mehr. Ich schätze auch sonst im Leben eher die alten Dinge. Im Alltag fahre ich allerdings ein normales, modernes Auto. Es ist immer eine große Umstellung, wenn man aus dem zeitgemäßen Auto in den historischen Käfer steigt. Der hat ja nur 34 PS: Dafür aber eine Vase für Blumen, echte Kokosfußmatten anstelle von modernen Gummimatten und flauschige Fellschonbezüge für die Sitze.”
Chrom findet der Käfer-Nostalgiker ganz besonders toll: “Chrom sieht sehr gut aus und lässt sich noch dazu auch leicht pflegen.”
Manfred Kustin (60) ist ebenfalls ein leidenschaftlicher Käfer-Fahrer. Er wohnt in Fehrbellin und gehört zum VW-Käferclub Oranienburg e.V. Er erzählt: “Meinen Käfer habe ich damals 1988 gekauft. Er stand dann aber zehn Jahre einfach nur herum. Der Club hat mir dabei geholfen, ihn wieder instandzusetzen. Er ist Baujahr 1974. Der Wagen fuhr eigentlich immer, aber er hatte sehr viel Rost angesetzt. Demzufolge hat er auch eine neue Lackierung bekommen. Mein VW Käfer hat ein Saisonkennzeichen, ich fahre ihn also nur von März bis Oktober. Wenn ich mit dem Auto unterwegs bin, fährt die Familie schon ganz gern mit. Faszinierend finde ich am Käfer, dass nicht mehr sehr viele von diesen Autos unterwegs sind. Alle sind neugierig, alle gucken, wenn wir mit dem Käfer unterwegs sind.”
Drei Oldtimer-Organisationen vereinbarten ein erstes Treffen
Hermann Zimmermann aus Falkensee ist der erste Vorsitzende im VW-Käferclub Oranienburg e.V., der zurzeit 30 Mitglieder hat: “Wir versuchen mit unserem Verein, die Szene in Berlin und Brandenburg zusammenzubringen. Da hilft man sich untereinander mit fachlichem Rat, tauscht sich aus und lernt sich bei verschiedenen Treffen besser kennen. So ein Verein hat ja schließlich auch immer eine gesellige Aufgabe. Mein eigener VW Käfer ist übrigens Baujahr 1971, der wird im Dezember 50 Jahre alt.”
Susanne Adler ist verantwortlich für die VW-Oldtimerinitiative “Volkstourer” aus Berlin. Sie kam mit ihren “Volkstourern” ein paar Minuten zu spät zum gemeinschaftlichen Treffen in Ribbeck: “Wir hatten unterwegs eine Panne, nichts ging mehr. Aber wir hatten zum Glück zwei Mechaniker dabei, die haben den VW wieder in Gang bekommen.”
Die “Volkstourer” sind kein eingetragener Verein. Die Freunde “historischer Wasser- und Luft-gekühlter Volkswagen” verstehen sich eher als Initiative. Susanne Adler: “Im März habe ich mitten während Corona eine WhatsApp-Gruppe gegründet, um VW-Oldtimer-Freunde in Berlin und Brandenburg zusammenzubringen. In unserer Gruppe sind bereits 40 Leute versammelt. Wir haben uns am 24. Oktober auf dem ALDI-Parkplatz in Zehlendorf getroffen und sind dann Kolonne nach Ribbeck gefahren. Die Teilnehmer wussten dabei überhaupt nicht, was sie erwartet und wo die Reise hingeht. Das sollte eine echte Überraschung sein.”
Zu den beiden regionalen VW-Käfer-Organisationen gesellte sich am 24. Oktober in Ribbeck auch der 1. VW Käferclub Wolfsburg e.V. mit seiner neuen Vorsitzenden und Mitorganisatorin des Treffens, Helga Düwert: “Aus Wolfsburg sind 18 Autos nach Ribbeck im Havelland angereist. Es sollten eigentlich zwanzig werden, aber kurz vor der Abfahrt gab es noch zwei Ausfälle. Wir sind sonst immer mehrmals im Jahr mit den Käfern unterwegs und schauen uns gemeinsam neue Orte im Umkreis von 200 bis 300 Kilometer um Wolfsburg herum an. Wir waren schon in Celle, Lüneburg und Tangermünde. In Tangermünde haben wir übrigens gelernt, dass immer nur acht Käfer auf eine Fähre passen. Leider sind durch Corona viele geplante Touren ausgefallen. Umso schöner ist es, dass es jetzt mit dem Havelland geklappt hat. Wir hatten uns vorab schon bei einem Treffen in der Wolfsburger Autostadt zu diesem besonderen Event verabredet. Dabei haben wir auch im Havelland festgestellt: Wenn wir reisen, ist immer schönes Wetter.”
VW-Oldtimer trafen Flugzeug-Oldtimer
Die beiden VW-Vereine und die VW-Initiative hatten aber nicht nur das gemeinsame VW-Treffen bei schönstem Wetter ausgetüftelt, sondern für die beteiligten Oldtimer-Fahrer auch eine ganz besondere Überraschung vorbereitet, von der im Vorfeld niemand etwas wusste.
Der Parkplatz in Ribbeck war nämlich nur ein allererster Versammlungstreffpunkt für die VW-Fahrer. Von hier aus ging es weiter zum nahen Oldtimer-Flugplatz Bienenfarm. Hier kümmert sich der QUAX-Verein um den Erhalt historischer Flugzeuge. Das passte thematisch natürlich perfekt zur Mechatronik-fernen Nostalgie der VW-Fahrer mit dem H-Kennzeichen.
Hermann Zimmermann vom VW-Käferclub Oranienburg e.V.: “Vor Ort auf der Bienenfarm wartete das Pächterehepaar der Gastronomie auf dem Flugplatz auf uns. Andrea und Heinz Vogel haben uns kulinarisch versorgt – und hatten alle Hände voll damit zu tun, so viele hungrige Besucher satt zu bekommen. Die Mitglieder vom QUAX-Verein haben außerdem eine Führung für uns VW-Freunde organisiert. Wir durften uns den Hangar mit den historischen Flugzeugen des Vereins anschauen und haben viel über die Geschichte der hier ausgestellten Flugzeuge gelernt.”
Wer es sich zutraute, der durfte an Bord einer der solchen Maschine auch abheben und sich die Ansammlung historischer VW-Autos einmal aus der ungewohnten Vogelperspektive anschauen. (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 189 (12/2021).
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