Scheibes Kolumne: Rauchen ist doch echt doof…
Früher ritt der Marlboro-Mann vor dem Kinofilm über die Leinwand, zündete sich vor der untergehenden Sonne eine Kippe an und verbreitete so den Duft von Freiheit und Abenteuer. Bei den Pfadfindern ging es da deutlich reduzierter zu, was die Romantik anbelangte: Wir pafften als Teenager Zimtstangen am Lagerfeuer. Ja, Zimtstangen. Darüber lachen die Kids von heute bestimmt, die den Joint zum Teil schon in der Grundschule kreisen lassen.
Rauchen ist so ein komisches Ding. Erst schmeckt es widerlich – und dann geht es auf einmal gar nicht mehr ohne. In der Universität war meine Hochzeit. Im Bakterienlabor meines Fachbereichs im Studiengang Biologie durfte natürlich nicht geraucht werden. Aber dafür im Treppenhaus. Immer wenn die Zentrifuge fünf Minuten lang schleuderte, ging es ab ins Treppenhaus – eine löten, den Glimmstängel durchziehen, den Sargnagel einhämmern, an der Lulle lutschen.
Mit der Sucht ist es immer wieder so: Lange Zeit sagt man sich, dass es kein Problem ist, jederzeit wieder damit aufzuhören. Und dann zieht man schon einen Flunsch, weil die nächste Party bei jemandem stattfindet, der notorischer Nichtraucher ist.
Bei mir war es so: Ich konnte kein Geschäftsgespräch am Telefon mehr führen, ohne dabei auf der Terrasse vor meinem Büro eine zu rauchen. Klingelte das Telefon, griff ich sofort zur Schachtel und zum Feuerzeug.
Rauchen machte mich auch zum unfreiwilligen Kleptomanen: Lagen in einer Kneipe mehrere Zigarettenschachteln samt Feuerzeug auf dem Tisch, so landeten am Ende alle Feuerzeuge irgendwie immer in meiner Hosentasche. Einmal räumte ich mein Auto auf – und fand 36 Feuerzeuge im Handschuhfach, in den Türen und unter den Sitzen.
So eine Suchtkarriere führt irgendwann zu einer Weggabel: Raucht man nun sein Leben lang weiter, bis erst der Husten, dann der Auswurf und am Ende der Krebs kommt? Oder hört man auf? Ich kann leider nur ganz oder gar nicht. Reduzieren geht nicht. Also ganz aufhören. Vielleicht mit Nikotinpflaster? Die fand ich eklig. Einmal auf der Haut, sorgten sie sofort für einen metallischen Nikotingeschmack auf meiner Zunge. Das fachte erst recht die Lust an, noch eine zu rauchen.
Losgekommen von der Kippe bin ich dann mit einem Gefühl, das ich im Kopf immer wieder heraufbeschwören konnte: Diese nikotinschwangere Übelkeit samt Kreislaufbeschwerden, die bei mir immer aufkamen, wenn ich einmal deutlich zu viel geraucht hatte. Bei erneuter Lust auf einen Glimmstängel dachte ich an diese Momente des körperlichen Unbehagens – und schon schwand das Verlangen.
Schwierig war es auf Feiern. Warum mit Freunden weggehen, wenn ich dabei nicht rauchen kann? Dann macht die Sause doch gar keine Laune! Es dauerte gut und gern ein bis zwei Jahre, bis dieses Gefühl verschwand. Und bestimmt fünf Jahre dauerte es, bis ich nicht mehr die Nase in den Zigarettenqualm völlig fremder Leute gehalten habe, um noch einmal diesen Duft von Abenteuer und Freiheit zu inhalieren.
Dann irgendwann war er da, der Moment, wo der eigene Körper loslässt und es einem auf einmal völlig blödsinnig und dämlich vorkommt, überhaupt auf die Idee zu kommen, sich eine Zigarette anzuzünden. Es kostet unglaublich viel Geld, sieht sehr dämlich aus, stinkt wie die Hölle und reduziert die eigene Lebenszeit auf dieser Erde ohne Wenn und Aber und ohne Diskussionen. Ich freue mich, dieser Sucht entkommen zu sein – meine letzte Zigarette ist etwa 16 Jahre her.
Heute habe ich gleich mehrere Freunde, die nun selbst mit dem Rauchen aufhören möchten. Ich sage: Tut es, befreut euch, zeigt Willensstärke, lasst es bleiben. Es gibt nicht einen einzigen Grund, an dieser unsäglichen Unsitte festzuhalten. Und dann stinkt ihr auch nicht mehr wie ein abgestandener Aschenbecher, wenn ihr mal zu mir ins Auto steigt. (Carsten Scheibe)
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