Scheibes Glosse: Ich glotz TV
Dass Frauen und Männer grundverschieden sind, zeigt sich bei vielen Gelegenheiten. Ganz egal, ob Kino- oder Videoabend: Es fällt den Geschlechtern doch sehr schwer, einen gemeinsamen Nenner zu finden. Und daran ist nicht nur die Auswahl der Filme schuld.
Vor dem Kino weiß ER ganz genau, was er will – und das sagt er auch. Ein schöner Action-Film mit wenigen Dialogen soll es sein. Dafür aber viele Explosionen, schöne Frauen und ein Dutzend Filmleichen. Dabei weiß er im Innersten seines Machoherzens, dass der Held des Films automatisch unsterblich ist, sobald er nur noch im zerfetzten Unterhemd zu sehen ist. Das ist seit „Stirb langsam“ mit Bruce Willis Gesetz und das wird auch nicht in Frage gestellt.
SIE kennt sich meist mit den aktuellen Kinofilmen gar nicht aus und fragt deswegen ganz nett: „Was willst du denn gern sehen?“ Dann nörgelt sie aber doch so lange herum, bis das Pärchen am Ende den einzigen Autorenfilm besucht. Der ist dann meist langweilig wie ein Buch von Thomas Mann und garantiert bar jeder Action und Erotik. Bei den Werbe-Trailern für „richtige“ Filme, die er gern gucken möchte, erzählt sie ohne Punkt und Komma von ihrem Tag. Und wenn dann der richtige Film ausgestrahlt wird, darf er nicht in seinen Nachos kramen, weil ihr das zu laut ist.
Im Heimkino dreht er den Ton gern richtig laut, damit die Familie den coolen 5.1-Dolby-Digital-Sound seiner Anlage genießen kann. Sie erinnert an die Nachbarn und mahnt, dass die Vibrationen des Subwoofers langsam die Blumentöpfe vom Fensterbrett schieben. Nach fünf Minuten legt sie Kissen auf die hinteren Lautsprecher, weil „da Geräusche rauskommen“. Er verdreht die Augen, weil das ja auch so sein soll. Meist schläft sie dann ein und wacht mitten im Ende des Films wieder auf, um sich erklären zu lassen, was denn in der Zwischenzeit alles passiert ist. Das kann allerdings auch ihm passieren. Dann sorgt sein Geschnarche aber dafür, dass niemand in der Familie mehr Freude am Film hat.
Beim ganz normalen Fernsehen übernimmt sie immer häufiger die Kontrolle über die Fernbedienung. Dann bleibt sie immer wieder bei der Super-Nanny, bei Frauentausch und ähnlichen Reality-Sendungen hängen, während spannende Box-Events, Wrestling-Haudraufs oder CSI-Derivate einfach ansatzlos weggedrückt werden.
Meist findet sie einen Pilcher oder einen anderen Schmachtfetzen, den er dann doch mit ansieht, weil er unbedingt erfahren muss, ob sich das von Anfang an anvisierte Pärchen am Ende wirklich bekommt. Während im anderen Kanal die lang ersehnte Erstausstrahlung eines scharfen Hollywood-Knallers läuft, lässt er sich also auf einen plüschigen Romantikstreifen ein. Klar, dass sie dann kurz vor dem Ende raunt: „Du, ich glaub, ich kenn den Film doch schon.“ Au weia. (CS)
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