Familiensorgen April 2010
Liebe Deborah, ich habe heute eine Frage an Sie, die aber nicht meine Person oder meine Familie betrifft. Unsere Tochter (4. Klasse) erzählt mir seit einigen Wochen von einem Klassenkameraden, der wohl jeden Morgen zu spät in die Schule kommt. Als Grund gibt dieser Junge an, dass er im Alter von 10 Jahren allein mit dem Bus zur Schule kommt und auch allein aufsteht.
Seine Eltern würden schlafen und daher auch nicht mitbekommen, ob der Junge pünktlich aufsteht, sich Frühstück macht und rechtzeitig zum Bus losgeht. Er scheint in der Schule auch eher zu schlafen, schreibt schlechte Noten und Hausaufgaben erledigt er wohl in der Regel auch nicht. Ich bin schockiert. Wieso macht da niemand was?
Sehen Sie eine Möglichkeit, ob und was wir da unternehmen können?
Ich wäre Ihnen für einen Hinweis sehr dankbar, denn das Wissen um die scheinbar schlechte Situation des Jungen belastet mich sehr.
Herzlichste Grüße, Beate R.
Liebe Beate,
vielen Dank für Ihren Brief. Ich freue mich sehr darüber, dass Sie ganz offen ein wichtiges Thema ansprechen. Zu unserer gesellschaftlichen Verantwortung gehört es meines Erachtens nach, dass wir in solchen und ähnlichen Situationen nicht den Kopf wegdrehen und weitergehen, sondern nachdenken, ob und wie wir hier Hilfe leisten können.
In Ihrem konkreten Fall empfehle ich Ihnen als erstes, mit Ihrer Tochter zu sprechen: Wäre sie denn einverstanden, wenn Sie die Eltern kontaktieren? Wenn das der Fall ist, dann sollten Sie sich fragen, welche Form der Hilfe Sie der Familie anbieten könnten? Da es sich um ein sehr sensibles Thema handelt, sollten Sie bei der ersten Kontaktaufnahme erst einmal ein offenes und unbelastetes Gespräch suchen, denn derzeit haben Sie als Anhaltspunkte lediglich eine so genannte Momentaufnahme. So wie Sie es beschreiben, liegen noch keine konkreten Informationen vor, warum das Kind allein aufstehen und sich selbst versorgen muss. Arbeiten die Eltern vielleicht im Schichtdienst, sodass sie ihr Schlafdefizit am Morgen ausgleichen müssen. Oder meinen die Eltern, dass Kind bereits groß genug ist, um alles allein zu meistern. Oder gibt es tatsächlich schwerwiegende Problem in der Familie?
In der Regel dürften die Eltern Kenntnis über den Leistungsstand sowie das andauernde Zuspätkommen ihres Kindes haben. Möglich wäre auch ein vertrauensvolles Gespräch mit der Klassenlehrerin, in dem Sie Ihre Sorgen artikulieren können. Diese wird Ihnen sicherlich sagen können, ob Sie eine Möglichkeit der Hilfestellung sieht und ob dies überhaupt nötig scheint. Eventuell ist ja auch der „Fensterblick“ Ihrer Tochter etwas überzeichnet, denn Mädchen im Alter Ihrer Tochter reagieren nicht selten sehr sensibel auf solche Themen und machen sich manchmal zu viele Sorgen. Gerade deswegen halte ich es für wichtig, dass Sie auch Ihrer Tochter die Last der Verantwortung von der Schulter heben, damit auch sie wieder einen unbelasteten Schulalltag genießen kann.
Ich drücke fest die Daumen. Sollten Sie noch Fragen haben, können Sie mich auch gerne telefonisch kontaktieren: 03322 2131881.
Herzliche Grüße und alles Gute – Deborah van den Boogaard
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