Kolumne: Hier spricht Uwe… (1)
Wir müssen reden! Über was? Okay, lasst uns mal über Politik reden. Laaaaaaangweilig!? Ja das Desinteresse ist groß und die Wählerverdrossenheit weit verbreitet. Politik ist aber nicht immer langweilig. Jedenfalls nicht in Falkensee. Es braucht auch nicht immer die große Bühne der Weltpolitik, Europas oder der Bundespolitik.
Gerade die kommunale Politik, die uns betrifft, kann äußerst spannend sein. So sind die Entscheidungen, die in der Stadtverordnetenversammlung (SVV) getroffen werden, mitunter für unser tägliches Leben von großer Bedeutung. Wie sieht das konkret in Falkensee aus?
Die Wahlbeteiligung lag bei den Kommunalwahlen 2008 bei nur 47,71%. Unseren derzeitigen Bürgermeister Heiko Müller haben zwar 53,32% der Bürger gewählt, aber auch hier lag die Wahlbeteiligung nur bei 44,6%. Im Klartext heißt das: Von 39.311 Wahlberechtigten sind nur 17.532 Falkenseer zur Wahl gegangen – und davon haben nur 9.348 Personen Heiko Müller ihre Stimme gegeben. Mal nachrechnen: 9.348 Heiko-Müller-Wähler von insgesamt 39.311 Einwohnern sind … richtig, dass sind ja nur 23,78%! Also haben wir einem Viertel der Bevölkerung von Falkensee, einer Minderheit sozusagen, unsere kommunale Regierung zu verdanken. Die Folgen dieser Entscheidung haben wir dann aber alle zu tragen.
Aber kommt es nicht auf den Blickwinkel an? Ist es anders herum betrachtet nicht eher so, das die Mehrheit der Bürger, also die Nichtwähler, für den Zustand verantwortlich ist?
Mich erschreckt diese Tatsache. Gerade an einem Ort, wo man vor nicht allzu langer Zeit gar keine Wahl hatte, verzichtet man heute auf sein Recht zu wählen. Gemeckert wird aber über unsere Politiker und ihre Entscheidungen häufig. Das politische Interesse erwacht nämlich immer genau dann, wenn man als Bürger auf einmal direkt betroffen ist. Zum Beispiel dann, wenn einem der Bescheid ins Haus flattert, dass man für den Ausbau seiner Anliegerstraße heftig zur Kasse gebeten wird. Da gründet man schnell eine Bürgerinitiative, um nachträglich doch noch Einfluss zu nehmen.
Sicherlich kann man diese Art der Bürgerbeteiligung oder aber den Entscheidungsprozess durch die SVV kritisieren. Die Straßen müssen aber gemacht werden. Alleine schon wegen der Feuerwehr und um dem Notarzt einen Anfahrtweg zu bieten. Die Belange der Fußgänger und Fahrradfahrer dürfen dabei auch nicht vernachlässigt werden.
Nun beobachte ich schon seit einiger Zeit die politischen Geschehnisse in Falkensee und besuche auch regelmäßig die Stadtverordnetenversammlung. Die ist meist überhaupt nicht langweilig und es geht oft genug um wichtige Dinge. Leider zeigt sich die Politikverdrossenheit der Bürger auch hier, denn die Besuchertribüne ist nicht immer gut besucht. Es ist natürlich schwer für Berufstätige, die regelmäßig um 18 Uhr stattfindende Versammlung zu besuchen. Und da sind dann auch noch die ganzen Ausschüsse, Hauptausschuss, Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und Verkehr, Bildungs-, Kultur- und Sozialausschuss und der Werk- und Finanzausschuss. Ich glaube, meine Ehefrau 2.0. würde nicht begeistert sein, wenn ich jeden dieser Termine wahrnehmen würde.
Da kam der Antrag der Linken, die Sitzung doch fortan live über das Internet zu streamen, gerade richtig. Das wäre doch was. Mittwochabends um 18 Uhr anstelle von „Deutschland sucht den Superdoofi“ oder „Bauer sucht immer noch eine Frau und findet wieder keine“ einfach mal die Stadtverordnetenversammlung von Falkensee auf dem Bildschirm des PCs gucken, aber bitte das Popcorn nicht vergessen. Es erwartet uns ganz bestimmt großes Kino.
Oder auch nicht, denn es gibt leider wichtige Argumente gegen das Streaming. Es besteht ja die Gefahr, dass die Live-Zuschauer einen Abgeordneten dabei erwischen, wie er ausschweifende Exkursionen mit seinem Finger in den Öffnungen seines Riechorgans unternimmt. Das könnte ja den Weltfrieden gefährden oder einfach nur peinlich sein. Bisher ist mir aber kein Nasenbohrer aufgefallen. Also vorläufig wird es nichts mit der Politik Soap aus dem Rathaus. Schade. Neben dem politischen Unterhaltungswert wäre nämlich ein anderer Vorteil der Live-Übertragung nicht zu unterschätzen. Direkter als über eine Live-Übertragung kann sich der Bürger nicht informieren.
Vielleicht ließe sich so auch die Jugend mobilisieren. Die fehlt nämlich in der politischen Landschaft von Falkensee komplett. Das Jugendparlament wurde mangels Interesse und Beteiligung aufgelöst. Das politische Engagement der Jugendlichen reichte leider nur für eine Demo, als seinerzeit die Baracke mit dem Jugendtreff abgebrannt war. Die Jugendlichen forderten, dass die Stadt für eine neue Bleibe sorgen sollte. Vergeblich – und das war es dann. Aber es gibt ja auch Hoffnung, Max Kocziolek zum Bespiel, der u.a für die FDP in der SVV sitzt. Seine Beiträge sind konstruktiv, spannend und auch irgendwie unterhaltsam.
Davon wünsch ich mir mehr. Aber nicht nur die Jugend soll sich politisch einbringen, jeder ist aufgefordert, sich mehr für Politik zu interessieren. Für die nächsten Wahlen wünsche ich mir eine deutlich höhere Wahlbeteiligung. Vielleicht hat ja auch mal jemand Lust, mit mir gemeinsam die SVV zu besuchen. Dass dies recht lustig sein kann, zeigt die Frage eines Bürgers in der so genannten Fragestunde. Er fragte den Bürgermeister: “Wer ist denn in Falkensee für den Drogenanbau zuständig?“ Das hätte ich auch gerne gewusst, hat doch der Winter meine gesamte Ganja-Anpflanzung ruiniert. (Uwe Abel)
Foto: Uwe Abel
Seitenabrufe seit 1.12.2021:
Kennen Sie schon unsere Gratis-App?
Apple – https://unserhavelland.de/appapple
Android – https://unserhavelland.de/appandroid
Anzeige