Fazenda de Esperanca: Hof der Hoffnung
Die Sucht treibt viele Menschen an den Abgrund und oft weit darüber hinaus. Es gibt viele Therapiemöglichkeiten in Deutschland. Am Ende hilft aber vieles nicht – und als letzte Hoffnung steht da die Fazenda de Esperanca. Das Prinzip Hoffnung wurde vor knapp 30 Jahren in Brasilien von engagierten Mitgliedern einer katholischen Kirchengemeinde begründet. Inzwischen gibt es über 70 Fazendas auf der ganzen Welt, darunter sechs in Deutschland.
Die Fazenda in Nauen-Markee ist die älteste in Deutschland und sozusagen die Blaupause für alle lokalen Neugründungen. Es gibt sie bereits seit knapp 15 Jahren.
Pfarrer Franz Schulte: „In unserer Fazenda nehmen wir nur Männer auf, für die Frauen steht eine andere Fazenda bereit. Wer bei uns Zuflucht sucht, muss auf vieles verzichten – auf das Fernsehen, aufs Handy, auf Zigaretten, auf Alkohol und auch auf Sex. Wer sich daran nicht hält und auch nicht offen zu Regelmißachtungen steht, kann bei uns nicht bleiben. Zurzeit sind 15 junge Männer bei uns. Sie bleiben ein Jahr und erhalten anschließend ein Diplom, das besagt, dass sie es geschafft haben. Wir bekommen jeden Tag neue Anfragen, auch aus den Gefängnissen.“
Lange muss man vom eh schon abgelegenen Markee über einen einsamen Landweg fahren, um bis zum Gut Neuhof zu gelangen. Wenn es denn die Idee der Fazenda ist, sich weit von allen weltlichen Einflüssen und Versuchungen zu entfernen, dann ist die Umsetzung gelungen. Der Gutshof hat eine Fläche von 3,5 Hektar. Er wurde bei der Gründung der Fazenda der Treuhand abgekauft. Gut Neuhof war nach der Wende ein heruntergewirtschafteter und fast verfallener Gutshof, der lange Zeit über als illegale Müllhalde benutzt wurde.
Mit den ersten Drogensüchtigen, die Hilfe auf der Fazenda suchten, wurde zunächst in langer Arbeit der Müll weggeräumt. Dann mussten 2,5 Kilometer Leitungen für Frischwasser und Abwasser bis nach Markee gebuddelt werden. Anschließend bekamen drei Scheunen neue Dächer, um die Bausubstanz zu retten. Dann ging es um den Ausbau der Häuser.
Wer heute, 15 Jahre später, die Fazenda besucht, staunt, was die jungen Männer mit der Kraft ihrer eigenen Hände geschaffen haben. Es gibt mehrere sehr ansehnlich und modern ausgebaute Häuser, eine kleine Kapelle, einen Hofladen, einen Tierstall für Hühner, Kaninchen und Schweine, einen Garten für den Anbau von Obst und Gemüse, eine Backstube und sogar ein kleines Café.
Pfarrer Schulte: „Es war uns wichtig, selbst etwas aufzubauen. Die Süchtigen, die zu uns kommen, sollen selbst Hand anlegen, selbst Teil des Hofes werden. Oft ist es so, dass sie nicht nur von der Droge wegkommen müssen. Für sie ist es auch wichtig, ein neues Leben zu finden und es für sich anzunehmen.“
Gerade das Zusammenleben ist der Fazenda sehr wichtig. So wohnen immer zwei bis drei Jugendliche zusammen in einem Zimmer. Auch alle Arbeiten sollten, so es denn möglich ist, wenigstens zu zweit begangen werden.
Natürlich gelingt die Abkehr von der Droge nicht immer. Pfarrer Schulte: „Viele brechen ihr Jahr in der Facenda ab, weil sie es einfach nicht packen. Manche müssen wir auch bitten zu gehen, weil sie nicht zu uns passen oder weil sie sich nicht an die Regeln halten. Von zehn Süchtigen, die sich bei uns melden, kommen vielleicht drei bei uns an. Etwa die Hälfte derjenigen, die wir aufnehmen, halten das Jahr durch. Ich denke, von denen, die ein Diplom erhalten, schaffen es etwa 60 Prozent, clean zu bleiben. Oft haben wir auch den Fall, dass einzelne junge Männer länger bleiben als ein Jahr, weil sie spüren, dass sie für die Welt da draußen noch nicht bereit sind. Sie können dann natürlich gern noch länger bleiben.“
Gern gehen die Fazenda-Süchtigen auch in die Schulen und berichten von ihrem Lebensverlauf. Die Schulen können aber auch die Fazenda besuchen und sich vor Ort einen Eindruck verschaffen.
Die Fazenda schaut gemeinsam mit dem Jobcenter und Förderern nach Praktika, einer Ausbildung oder einer Arbeit. Damit die Fazenda-Besucher auch wieder ihr Leben selbst in die Hand nehmen können, wenn sie von Hof gehen.
Die Fazenda versucht, autark zu arbeiten, ist aber trotzdem noch immer auf Spenden und Unterstützung angewiesen. Die Nahrungsmittel etwa kommen von den Tafeln.
Wer Interesse daran hat, das Leben auf der Fazenda kennenzulernen, hat immer wieder die Möglichkeit dazu. An jedem Sonntag ist das Hofcafé von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Dann besteht auch die Möglichkeit zu einer Hofführung. Im Hofladen gibt es tolle Dinge aus eigener Produktion und aus den Fazendas aus aller Welt zu erstehen. Um 17 Uhr wird die Heilige Messe abgehalten. Weitere Gottesdienste werden in der Regel am Dienstag und Donnerstag um 19 Uhr abgehalten.
Am 5. Oktober wird das Hoffest gefeiert. Das Franziskusfest steht unter dem Motto „Die Freude geht weiter – 15 Jahre Fazendas in Deutschland“. Es ist ein doppeltes Fest, denn international gibt es die Fazendas bereits seit 30 Jahren. Das Fest findet von 10:30 bis 18:30 Uhr statt, ab 17 Uhr gibt es einen Festgottesdienst.
Pfarrer Schulte: „Wir erwarten dieses Mal 700 bis 800 Gäste auf unserer Fazenda, darunter die vier Gründer unserer Nauener Fazenda. Es wird viele internationale Gäste geben. Unsere Jungs führen ein Theaterstück auf, es gibt Vorträge und eine Ausstellung, ein Kinderprogramm und natürlich auch etwas zu essen. Jeder ist eingeladen, uns zu besuchen und mit uns zu feiern.“
Kontakt: Fazenda da Esperanca Gut Neuhof, Neuhof 2, 14641 Nauen OT Markee, Tel.: 03321-451200, www.fazenda.de
Seitenabrufe seit 1.12.2021:
Kennen Sie schon unsere Gratis-App?
Apple – https://unserhavelland.de/appapple
Android – https://unserhavelland.de/appandroid
Anzeige