Therapie-Pilze im Havelland
Die paar Pilze, die ich esse, die züchte ich doch selbst. Das ist jedenfalls die Meinung von Mike Franke. In seinem Wohnzimmer steht in einem großen Bottich eine komplette Kultur mit Riesen-Träuschlingen, auch als Braunkappen bekannt.
Mike Franke: „Das ist doch einmal ein ungewöhnliches Hobby, oder? Die Pilzsaaten lassen sich im Internet bestellen. Die Anzucht ist auch nicht so schwer. Ich habe frisches Stroh 48 Stunden lang gewässert. Mit heißem Wasser wird am Ende noch die natürliche Wachsschicht um die Strohhalme herum abgelöst. Das Stroh lässt man gut abtropfen, sodass keine Staunässe entsteht. Ich gebe es dann in einer großen Schale auf eine Schicht Erde. Oben drauf kommen noch einmal drei Zentimeter Humus. In 15 Zentimetern Tiefe wird das Pilzgut eingebracht. Anschließend heißt es Warten. Die Pilze vermehren sich und durchdringen mit ihrem Myzel das gesamte Stroh. Die Erde muss dabei ständig feucht gehalten werden. Konstante Temperaturen von 18 bis 25 Grad sind wichtig. Und man muss eine schattige Ecke finden.“
Das ist schon kurios: Da kommt man bei den Frankes ins Wohnzimmer und sieht zwischen Fernseher und Schrankwand in einem Eck eine Plastikwanne mit Pilzen stehen. Die Braunkappen, die sich hier nach der Wachstumsphase als Fruchtkörper aus dem Erdreich schieben, sind durchaus imposant: Sie werden bis zu 15 Zentimeter hoch und wirken recht fleischig.
Mike Franke: „Das ist mein erster Ansatz und er ist bereits perfekt gelungen. Drei bis vier Mal kann ich nun bis zu drei Kilo Pilze ernten. Wir hauen uns die gleich mit Speck und Zwiebeln in die Bratpfanne. Da isst die ganze Familie mit, auch der Schwiegersohn.“
Mike Franke ist in der Region kein Unbekannter. In Falkensee hat der Elstaler mit Versicherungen gehandelt und die Firma SySu geführt: „Am 3. Juli hatte ich einen schweren Burn-Out-Zusammenbruch. Anschließend kamen auch noch Depressionen und Panikattacken hinzu. Seitdem bin ich nicht mehr arbeitsfähig. Die Pilze sind in dieser Situation für mich eine angenehme, ruhige Beschäftigung, die mir sehr gut tut. Für meine Erkrankung möchte ich gar kein Mitleid haben – nur Verständnis. Es ist mehr Aufklärung nötig. Aus diesem Grund habe ich auch kein Problem damit, meinen Burn-Out öffentlich zu machen. Es leiden mehr Menschen an Burn-Out und Depressionen, als man denken würde.“ (Fotos/Text: CS)
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