Sichtung in Falkensee? Der Wolf ist da!
Michael K. wohnt in Falkensee-Seegefeld – direkt am Königsgraben an der Grenze zu Dallgow. Als er am 29. November morgens um 7:39 Uhr aus dem Fenster in seinen Garten schaut, traut er seinen Augen kaum. Ein großes graues Tier hat sich auf sein Grundstück verlaufen und irrt einige Male hin und her, bevor es den Ausgang findet und wieder verschwindet. Ein Wolf?
Ein mit dem Handy aufgenommenes Video, das auf der Facebook-Seite von FALKENSEE.aktuell schnell über 30.000 Menschen erreicht, wird intensiv diskutiert. Handelt es sich bei dem Tier wirklich um einen Wolf? Oder ist es ein freilaufender Schäferhund, ein Fuchs oder ein Marderhund? Danko Wenzel, Jäger aus Nauen, wagt ein erstes Urteil: „Für einen Fuchs war das Tier auf dem Video deutlich zu hoch gewachsen. Die langen Läufe und der typische Laufstil weisen wirklich auf einen Wolf hin.“
Von einer klaren Wolfssichtung für das landesweite Monitoring kann eigentlich nur ausgegangen werden, wenn zusätzlich zur visuellen Sichtung auch Fährten oder Losungen gefunden werden. Robert Franck, Wolfsbeauftragter des Landesjagdverbandes Brandenburg, sagt: „Das Video ist nicht ausreichend bezüglich Länge und Farbwiedergabe, um mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sagen zu können, dass es sich um einen Wolf handelt. Größe des Tieres und die Bewegungsabläufe sprechen allerdings für einen Wolfsrüden.“
Udo Appenzeller, Obmann der Falkenseer Jäger: „Hier könnte es sich um einen Rüden handeln, der auf der Suche nach einem neuen Revier umherstreift. Wahrscheinlich ist er dann aber schon wieder weitergezogen. Die Gegend an der Ortsgrenze eignet sich herzlich wenig für einen Einstand. Bedenken wir, dass der Wolf bereits auf der anderen Seite der Autobahn heimisch geworden ist, wäre es aber nicht verwunderlich, wenn sich über kurz oder lang auch hier im Bereich Brieselang/Falkensee Wölfe niederlassen würden.“
Elche, Bären und nun auch noch die Wölfe: Viele Tierarten, die seit vielen Jahrzehnten keine Pfote und keinen Huf mehr auf deutschen Boden gesetzt haben, werden bei uns wieder heimisch. Nicht in jedem Fall ist die Freude groß. Gerade beim Wolf bemerkt man in der Bevölkerung einen großen Respekt vor den haarigen Rudeltieren.
Nun häufen sich mögliche Sichtungen auch im Bereich Falkensee und Dallgow. Die Frage ist: Müssen die Havelländer Angst haben? Um sich, um die Kinder und um die Haustiere im Garten?
Ursula Sack, zertifizierte NABU-Wolfsbotschafterin aus Berlin: „Wölfe meiden die Nähe des Menschen und sind insgesamt sehr vorsichtige Wildtiere. Egal, wie oft wir Exkursionen in die Wolfsgebiete Brandenburgs unternehmen: Kein einziger Wolf lässt sich blicken. Die Tiere wittern uns schon lange, bevor sie uns sehen können und suchen das Weite. Eventuell im Sommer, wenn die Jungwölfe beginnen, ihre Umgebung zu erkunden, kann man das Glück haben, so einem Jungspunt zu begegnen. Die sind einfach neugierig wie junge Hunde, machen sich aber schleunigst davon, wenn man z.B. in die Hände klatscht oder mit den Armen wedelt.“
Und sie ergänzt: „Seit mehr als 15 Jahren gibt es wieder Wölfe in Deutschland. Es ist kein einziger Fall bekannt, wo ein Wolf sich einem erwachsenen Menschen oder gar einem Kind aggressiv genähert hätte! In den letzten 50 Jahren gab es europaweit nur 9 Todesfälle durch Wölfe. Diese Wölfe hatten entweder Tollwut oder sie waren zuvor durch Menschen angefüttert worden.“
Udo Appenzeller, Obmann der Falkenseer Jäger: „Der Wolf meidet den Menschen und greift normalerweise auch keine Hunde an, es sei denn, er sieht sich selber, sein Revier oder seine Jungen gefährdet. Mit Jagdhunden gab es des öfteren schon schwere Unfälle. Der Wolf geht normalerweise nicht in Gärten, um sich an Haustieren zu bedienen. In der Feldflur sind die Tiere sehr wohl gefährdet. Diverse Schafe, Ziegen und Rinder mussten bereits dran glauben.“
Wie stehen die Jäger eigentlich zum Wolf? Udo Appenzeller: „Der Jäger steht dem Wolf mit gemischten Gefühlen gegenüber. Einerseits wird die Rückkehr des Wolfes überwiegend begrüßt, andererseits meinen die Jäger, dass der Ausbreitung des Wolfes gewisse Grenzen gesetzt werden sollten. Schließlich greift der Wolf auch sehr stark in den Bestand der hiesigen Population bei den Rehen, Hirschen und Wildschweinen ein. Es gibt inzwischen Jagdgebiete, wo nur noch vereinzelt Rehe vorkommen. Deswegen sagen wir: Wolf ja, aber in Maßen.“
Die Frage, wie groß ein Wolfsrudel eigentlich sein kann, beantwortet NABU-Wolfsbotschafterin Ursula Sack: „Ein Wolfsrudel ist im Grunde nichts anderes als eine Wolfsfamilie. Und die besteht aus den Elterntieren, dem Nachwuchs vom Vorjahr, den so genannten Jährlingen, und den diesjährigen, aktuellen Welpen. Das sind insgesamt zwischen 8 und 10 Tiere. Die Jährlinge wandern mit Beginn der Geschlechtsreife vom elterlichen Rudel ab, um sich ein eigenes Territorium zu suchen. Diese Wölfe können Strecken von bis zu 75 Kilometern pro Tag zurücklegen und nutzen dabei mitunter auch menschliche Strukturen wie Straßen. Im Ergebnis bleibt die Zahl der Tiere in einer Wolfsfamilie in etwa immer gleich. Auf der Suche nach neuen Revieren werden zahlreiche Wölfe Opfer des Straßenverkehrs. Und trotz höchstem Schutzstatus werden sie auch hierzulande immer wieder illegal geschossen. Unsere heimischen Wölfe nutzen Reviere von durchschnittlich 250 Quadratkilometern. Diese Reviere werden von den erwachsenen Tieren mit Geruchsmarken versehen, damit jeder fremde Wolf weiß, stopp, hier ist schon besetzt! Das funktioniert hervorragend. Würde ein fremder Wolf trotzdem ins Revier eindringen, hätte er ziemlich schlechte Karten, da die Altwölfe keine fremden Artgenossen in ihrem Territorium dulden. Das hat die Natur schon ganz gut eingerichtet.“
Eigentlich wäre ja die Döberitzer Heide das perfekte Gebiet für den Wolf. Elisabeth Fleisch von der Heinz Sielmann Stiftung: „Die Döberitzer Heide ist Durchzugsgebiet, aber nach Erkenntnissen der Sielmann Stiftung bisher kein fester Standort für einen Wolf oder ein Rudel. Die Döberitzer Heide ist dafür vermutlich doch nicht groß genug. Die Wölfe sind sehr scheu und halten bei ihrer Ansiedlung viel Abstand zu menschlichen Siedlungen.“
Festzuhalten ist: Jungwölfe können Falkensee durchaus durchwandern, werden hier aber kaum seßhaft werden. (Text: CS / Fotos: Clipart.com)
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