Schönwalde-Dorf: Jeden Sonntag Pétanque spielen
In Frankreich gilt Pétanque als Nationalsport, der von jung wie alt gleichermaßen gespielt wird. Um eine Runde zu meistern, reicht oft schon ein geschotterter Weg als Untergrund aus. Die Franzosen lieben ihr Spiel aber so sehr, dass in vielen öffentlichen Parkanlagen eigene Pétanque-Bahnen zu finden sind.
Die Franzosen haben das Spiel während der Besatzungszeit auch in Berlin populär gemacht, inzwischen gibt es viele große und aktive Vereine in der Hauptstadt. Und wer sich ein wenig umsieht, entdeckt Pétanque sogar im Havelland. Edmund Becker vom Falkenseer Hexenhaus hat das dem Boule zuzurechnende Spiel aus seiner Zeit an der Côte d‘Azur mitgebracht und eine eigene Bahn auf dem Außengelände des Hexenhauses anlegen lassen.
Die wahren Fans des Kugelspiels sind aber in Schönwalde-Dorf zu finden. Auf dem Gelände des Kreativ e.V. (www.kreativ-ev.de) in der Dorfstraße 7 gibt es ingesamt vier Pétanque-Bahnen, die jeweils einen anderen Untergrund aufweisen. So gibt es eine glatte Sandbahn ebenso wie eine knifflige Schotterbahn, auf der sich der Weg der rollenden Stahlkugeln kaum vorhersagen lässt.
Reinhold Ehl vom Kreativ e.V.: „Wir haben 2005 mit dem Pétanque-Spielen angefangen. Seitdem treffen wir uns jeden Sonntag von 10 bis 13 Uhr und zwar zu jeder Jahreszeit und bei jedem Wetter. Wir spielen auch bei Regen. Und wenn es schneit, dann räumen wir die Bahnen eben mit dem Schneeschieber frei.“
Die Regeln beim Pétanque sind leicht zu erlernen. Zwei Mannschaften treten mit jeweils sechs Metallkugeln gegeneinander an, die bis zu 710 Gramm schwer sind. In einer Mannschaft können zwei Spieler mit jeweils drei Kugeln (Dublette) oder drei Spieler mit jeweils zwei Kugeln (Triplette) antreten. Auf der Bahn wird eine kleine Holzkugel, das Schweinchen, so geworfen, dass es mindestens sechs und maximal zehn Meter von einem Ring entfernt ist, aus dem heraus die Spieler ihre Kugeln werfen.
Reinhold Ehl: „Der erste Spieler versucht, seine Kugel nah ans Schweinchen heranzulegen. Anschließend ist immer das Team an der Reihe, dessen Kugeln weiter vom Schweinchen entfernt sind. Liegt eine gegnerische Kugel gefährlich nah am Schweinchen, kommen die ‚Schießer‘ zum Einsatz, die ihre Kugel so geschickt durch die Luft fliegen lassen, dass sie die gegnerische Kugel im besten Fall direkt treffen. Oft gibt es in den Teams eine regelrechte Arbeitsteilung, sodass ‚Leger‘ und ‚Schießer‘ ihre Strategie aufeinander abstimmen. Pro Partie kann man maximal sechs Punkte erzielen – wenn die sechs eigenen Kugeln am Ende am nächsten am Schweinchen liegen. Wer zuerst 13 Punkte hat, gewinnt die Runde.“
So einfach die Regeln beim Pétanque auch sind, so schwierig ist es, das Spiel zu beherrschen. Man braucht ein gutes Gefühl, um die Kugeln richtig aus dem Handgelenk fliegen zu lassen. Außerdem gilt es, den Untergrund perfekt zu lesen, denn auf Sand rollen die Kugeln anders als auf Schotter. Manche Bahnen sind auch etwas schief, sodass die Kugeln zu einer Seite hin rollen. Auch Laub, Stöcker, größere Steine und andere natürliche Hindernisse werden nicht entfernt: Die Schwierigkeit gilt schließlich für beide Teams gleichermaßen.
Reinhold Ehl: „Wenn wir am Sonntag spielen, dann losen wir die Teams bei jeder Partie neu aus. So spielt jeder einmal mit jedem. Nach jeder Runde werden den einzelnen Spielern Punkte zugewiesen. Wer am Ende des Jahres die meisten Punkte auf dem Konto hat, gewinnt einen Wanderpokal. Außerdem veranstalten wir zwei Mal im Jahr ein offenes Turnier.“
Zurzeit nutzen etwa 20 Spieler die vier Pétanque-Bahnen in Schönwalde. Wer Lust bekommt, selbst einmal die Kugeln fliegen zu lassen, ist am Sonntag sehr willkommen, wenn es darum geht, an den Spielen teilzunehmen. Die Kosten halten sich in Grenzen: Pro Spieltag kostet die Teilnahme einen Euro. Ein paar weitere Cents werden für die vor Ort angebotene Verpflegung erbeten. Karla Ehl: „Niemand braucht Angst davor zu haben, dass er oder sie am Anfang noch nicht so gut spielen kann. Niemand schimpft, wir haben alle einmal klein angefangen. Kugeln können wir den Spielern am Anfang leihen. Wer regelmäßig kommt, kann sich seine eigenen Kugeln kaufen. Selbst gute Turnierkugeln kosten nicht mehr als hundert Euro pro Set.“
An einem Sonntagvormittag werden in der Regel drei Partien bis 13 Punkte gespielt, manchmal auch vier. Wer später hinzustößt, muss eben warten, bis die aktuelle Runde abgeschlossen ist und neue Mannschaften ausgelost werden.
Schon nach einigen Runden in Schönwalde lernt man auch die wichtigsten Phrasen des Spiels kennen – wie etwa „Ein guter Leger macht jeden Schießer kaputt“, „Man muss das Spiel lesen können“ oder „Das Spiel ist erst zu Ende, wenn die letzte Kugel geworfen ist.“
Reinhold Ehl: „Unser Garten steht auch die ganze Woche über offen. Wer hier mit Freunden oder der Familie spielen möchte, kann dies jederzeit tun – für einen Euro pro Person.“ (Text/Fotos: CS)
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