Schönwalde-Glien: Der Puppen-Faust
Was viele nicht wissen: Goethe hat den „Faust“ zwar geschrieben, ihn aber beileibe nicht erfunden. Schon zweihundert Jahre vorher gab es das anonym verfasste Volksbuch „Historia von D. Johann Fausten“. Zu dieser Zeit wurde das Stück um den Doktor Faust, der versucht, mit des Teufels Macht zu Wohlstand, Wissen und Ruhm zu gelangen, vor allem von Wandertheatergruppen und durch das Land ziehenden Puppenspielern aufgeführt.
Natürlich immer mit der am Ende des Stücks vermittelten Erkenntnis, dass es selbst die großen Gelehrten nicht schaffen, den Teufel zu überlisten.
Jürgen Fiedler (70), Reinhard Dahms (69) und Johanna Hoffmann (52) sehen sich ganz in der Tradition der alten Puppenspieler, die damals auszogen, um ein erwachsenes Publikum zu unterhalten. Jürgen Fiedler: „Uns gibt es seit 1982. Wir hatten lange Jahre über eine Puppenwerkstatt in Hohenschönhausen und sind dann durch ganz Berlin gezogen, um unsere Stücke wie etwa den ‚Don Quixote‘ oder ‚Der Tod im Apfelbaum‘ aufzuführen. Seit 2017 haben wir in der ‚Kunstlaube Schönwalde‘ eine feste Open-Air-Spielstätte gefunden.“
In diesem Jahr spielte das Trio den „Dr. Faust“ in einer anderthalbstündigen Fassung sehr eng an der ursprünglichen Version – ohne Gretchen, aber dafür mit einem bauernschlauen Hans Wurst, der ein wenig Humor in das doch sehr ernste Stück bringt. Das Puppenspiel wird dabei in „vier Bildern“ erzählt. Bilder – das sind hier die sehr aufwändig selbst gestalteten Kulissen, vor denen die handgeführten Puppen agieren. Die Puppen sind alle selbst angefertigt – nicht aus Pappmaché, sondern aus einem speziellen Ton, der nicht gebrannt wird. Die Kostüme – ebenfalls selbst genäht. Reinhard Dahms: „Bei manchen Stücken brauchen wir bis zu zehn Puppen, die von Hand eingekleidet werden müssen.“
Das neue Stück „Dr. Faust“ wurde leider nur an zwei Tagen am 31. August und am 1. September im Garten der Kunstlaube Schönwalde aufgeführt – vor 40 bis 60 Personen. Jürgen Fiedler: „Mehr Aufführungen schaffen wir zurzeit nicht, da der Aufbau unserer Puppenbühne mit all der dazugehörenden Technik sehr aufwändig ist. Anders würde der Fall liegen, wenn wir die Bühne einmal drei Wochen lang stehenlassen könnten. Aber dafür bräuchten wir einen festen Raum. Wir haben uns aber sehr gefreut, diese volkstümliche und unterhaltsame Fabel vor Ort aufführen zu können.“
Toll: Nach dem Stück durften die Zuschauer hinter die Bühne treten, um herauszufinden, wie es wohl gelingt, die Puppen zu animieren und zum Sprechen zu bringen.
Das Puppentheater Stoffwechsel (www.puppentheater-stoffwechsel.de) spielt zwischendurch auch klassisches „Kasperle-Theater“ für Kinder. Zurzeit bereitet das Trio ein Stück über die „Bremer Stadtmusikanten“ für die Kinder vor. Es wird dann u.a. für die Kindergärten in Schönwalde-Glien gespielt. (Fotos / Text: CS)
Dieser Artikel wurde in „FALKENSEE.aktuell – Unser Havelland“ Ausgabe 151 (10/2018) veröffentlicht.
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