Gemeindewehrführer Marco Robitzsch aus Brieselang im Interview
Wenn Hilfe gefragt ist, sind sie zur Stelle – und das schnellstmöglich. Ihrem exzellenten Ruf als Retter in der Not wollen die Kameradinnen und Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Brieselang auch künftig gerecht werden. Da die Einsatzzahlen und Anforderungen von Jahr zu Jahr steigen, ist auch ein erhöhter Personalbedarf zu verzeichnen. Das zumindest betont Gemeindewehrführer Marco Robitzsch. Im Interview bezieht er unter anderem dazu Stellung.
Herr Robitzsch, geht die Freiwillige Feuerwehr in Brieselang mit der Einheit Bredow personell am Stock?
Robitzsch: Nein, wir haben insgesamt rund 85 Mitglieder und sind ganz gut aufgestellt. Das reicht aber nicht. Verstärkung ist weiterhin vonnöten.
Warum benötigen Sie denn weitere Feuerwehrkräfte?
Robitzsch: Wir müssen zu jeder Tages- und Nachtzeit einsatzbereit sein. Insbesondere die Rufbereitschaft am Tage muss noch besser abgesichert werden. Wir können vor letzterem Hintergrund nur auf eine begrenzte Anzahl von Einsatzkräften zurückgreifen, obgleich wir durch die Vielzahl der Schadensereignisse, die von Jahr zu Jahr steigen, einen deutlich höheren Personalbedarf haben. Die Gemeinde Brieselang wächst und damit wachsen auch die Aufgaben für uns als Feuerwehr. Deshalb müssen wir aktuell im Falle eines Falles gegebenenfalls umliegende Feuerwehreinheiten um Mithilfe bitten. Bei Großschadenslagen, verursacht etwa durch Unwetter oder generell im Katastrophenfall, sieht das schon anders aus. Da ist jede Feuerwehr in ihrem eigenen Territorialgebiet zumeist gebunden. Vor allem in Bredow ist mit Blick auf die steigenden Alarmierungen personeller Zuwachs dringend gefragt. Für unsere Feuerwehr gilt grundsätzlich: je mehr Mitglieder wir haben, desto besser.
Sprechen Sie gezielt auch Frauen an?
Robitzsch: Ja. Aktuell haben wir acht aktive Kameradinnen. Das ist sicher ausbaufähig. Aber immerhin liegt der Frauenanteil, gemessen an der Gesamtzahl der Einsatzkräfte, bei zehn Prozent. Klar ist, die Kameradinnen stehen den männlichen Kollegen mit Blick auf die Anforderungen in nichts nach. Sie leisten all das, was verlangt wird, genauso mit Bravour. Der gegenseitige Respekt ist zweifelsohne vorhanden. Frauen in der Feuerwehr sind wichtig. Das gilt übrigens auch für die Frauengruppe der Feuerwehr, die uns etwa bei Veranstaltungen maßgeblich unterstützt. Das sollte nicht verschwiegen werden.
Welche Voraussetzungen für eine aktive Mitgliedschaft in der Feuerwehr sind grundsätzlich gefordert?
Robitzsch: Wichtig ist die körperliche und geistige Eignung. Alles andere wird trainiert. Eine exzellente Grundausbildung ist schließlich das A und O, um für jede Schadenslage gewappnet zu sein. Dafür tragen wir im Team gemeinsam Sorge, auch vor dem Hintergrund von fortlaufenden Weiterbildungen und Lehrgängen. Die Aufstiegschancen sind bei uns nach oben hin offen. Je nach Fähigkeiten, legen wir darauf großen Wert. Die Möglichkeiten sollen voll ausgeschöpft werden.
Wer kann sich bei der Freiwilligen Feuerwehr bewerben?
Robitzsch: Diejenigen, die das mittlere Alter noch nicht überschritten haben, sind natürlich vorwiegend gefragt. Das heißt aber nicht, dass wir ältere Kameraden in spe, die über viel Lebenserfahrung verfügen, nicht willkommen heißen. Sie sind natürlich gleichfalls eine Bereicherung.
Stichwort Motivation. Was macht aus Ihrer Sicht überhaupt den Reiz aus, Mitglied der Feuerwehr zu werden? Gibt es keine bessere Freizeitgestaltungsmöglichkeit vor dem Hintergrund des Zeitfaktors, der aufgewendet werden muss?
Robitzsch: Die Freiwillige Feuerwehr Brieselang bietet den Umgang mit moderner Technik, ist gut ausgestattet und bietet eine grundsolide Ausbildung, um alle Einsatzszenarien bewältigen zu können. Soziale Kontakte untereinander sind uns zudem wichtig. Wir bieten gelebte Kameradschaft abseits von Einsätzen und Ausbildung. Daraus ziehen wir mentale Stärke. Kameradschaftsabende tragen dazu bei, dass wir noch enger zusammenrücken. Wir müssen uns schließlich alle während der Einsätze aufeinander verlassen können, um Gefahren besser bewältigen zu können. Ich denke, das sehen alle Kameradinnen und Kameraden so. Gelebte Kameradschaft spielt folglich eine zentrale Rolle. Das trägt zur Motivation maßgeblich bei.
Warum ist das Engagement der Feuerwehr so wichtig?
Robitzsch: Feuerwehrleute haben in der Regel ein ausgeprägtes Helfersyndrom. Ohne das ehrenamtliche Engagement der Kameradinnen und Kameraden, die stets schnellstmöglich Hilfestellung leisten, hätten wir ein gesellschaftliches Problem. Entscheidend bleibt deshalb, Menschen in Not aktiv helfen zu können, um größeren Schaden von ihnen abzuwenden. Der Schutz von Sach- oder Kulturgütern gehört aber auch dazu, genauso wie Tiere aus Notsituationen zu befreien. Ganz klar: ohne eine gut funktionierende Feuerwehr wäre Hopfen und Malz verloren. Wir stehen zu unserer Verantwortung und stärken damit die gemeindliche Gemeinschaft. Füreinander da zu sein, heißt auch, dass wir uns aktiv einbringen, in dem wir uns beispielsweise am öffentlichen Leben beteiligen, etwa beim Sommerfest oder beim Osterfeuer und natürlich bei dem von uns veranstalteten Tag der offenen Tür. Weiterhin spielt die Brandschutzerziehung in Kitas und Schulen eine zentrale Rolle. Das sind wichtige Aspekte abseits unserer Pflichtaufgaben.
Die Freiwillige Feuerwehr genießt in der breiten Öffentlichkeit allgemeinhin einen guten Ruf. Warum ist das so?
Robitzsch: Von der Bevölkerung wird im besonderen Maße anerkannt, dass Hilfe im Notfall bereitsteht – und das rund um die Uhr, Tag und Nacht, 365 Tage im Jahr. Dass wir vor diesem Hintergrund auch unser familiäres und privates Umfeld hintenanstellen beziehungsweise integrieren müssen, stellt eine besondere Herausforderung für uns dar. Die positive Akzeptanz in der Bevölkerung tut uns aber außerordentlich gut und gibt uns besondere Motivation. Das ist sehr wichtig.
Stichwort Dankbarkeit. Zuweilen wird in Kameradenkreisen dennoch kolportiert, es mangele an Anerkennung für die geleistete Arbeit. Wie ist Ihre Sichtweise dazu?
Robitzsch: Dramatisch sehe ich das nicht. Dankbarkeit wird uns vereinzelt entgegengebracht, so ist es nicht. Bei Einsätzen werden uns schon Getränke und danach hin und wieder Kuchen & Co. gereicht. Auch Kinder malen uns Bilder. Darüber freuen wir uns natürlich. Genauso unterstützt uns der Verein zur Förderung der Freiwilligen Feuerwehr Brieselang e.V. durch Spenden. So können wir beispielsweise Aktivitäten und Anschaffungen für die Jugendfeuerwehr realisieren. Das ist uns viel Wert. In Summe verzeichnen wir folglich nur selten Fälle, in denen es an Anerkennung mangelt.
Wie sieht es in Einsatzsituationen aus? Gibt es Probleme durch Dritte, gar durch Attacken?
Robitzsch: Das kommt vor, obgleich ganz selten.
An welchen Fall erinnern Sie sich konkret?
Robitzsch: Wir mussten wegen eines Einsatzes eine Straße sperren. Eine Autofahrerin hat das mit einer fadenscheinigen Begründung nicht eingesehen und ist mir nach der Diskussion mit ihrem Wagen über den Fuß gefahren und schließlich an der Absperrung vorbeigefahren. Das egoistische Verhalten ist nicht tolerierbar, wir sperren schließlich bei Gefahr in Verzug nicht umsonst eine Straße. Auch Nötigungen sind schon vorgekommen.
Was war der bislang kurioseste Einsatz?
Robitzsch: Kuriose Einsätze haben zumeist mit Tieren zu tun, die beispielsweise entweder aus Gräben oder Schächten befreit werden müssen. Auf großes mediales Interesse stieß vor etwa drei Jahren die geplante Rettungsaktion eines Waschbären, der regungslos in einer Birke hing. Anwohner hatten uns informiert. Als wir mit der Drehleiter hochfuhren, bewegte sich das Tier offenbar wegen der Geräuschkulisse wieder. Der Waschbär hatte sich schlicht ausgeruht und wohl ein Sonnenbad genossen.
Welcher Einsatz war besonders dramatisch?
Robitzsch: Sobald es sich um persönliche Schicksale handelt, sind alle Einsätze besonders dramatisch. Verkehrsunfälle mit Schwerverletzten oder gar Todesfällen sind vor allem für die Betroffenen und die Angehörigen besonders gravierend und einschneidend. Wenn Kinder in Mitleidenschaft geraten, ist das überdies vielfach schmerzvoll.
Die Nachbereitung von Einsätzen nimmt einen großen Stellenwert ein. Vor allem dann, wenn Opfer zu beklagen sind. Wie gehen die Feuerwehrkräfte mit dem Erlebten um? Welche Mechanismen greifen?
Robitzsch: Bei besonders belastenden Einsätzen steht das Gespräch im Vordergrund – entweder mit den erfahrenen Vorgesetzten oder mit einem Notfallseelsorger. Wenn jemand ein Problem hat, sind wir da. Wir gehen offensiv damit um und sind dahingehend bestens aufgestellt. Gespräche helfen definitiv. Was wir erleben, können Menschen im Alltag nicht immer verarbeiten. Professionelle Hilfe ist deshalb stets gefragt.
Mit Blick auf das Kerngeschäft: Was ist aus Ihrer Sicht die häufigste Ursache für Brände?
Robitzsch: Der Defekt von technischen Geräten führt oftmals zu Bränden. Weiterhin spielt grundsätzlich immer das persönliche Fehlverhalten beim Umgang mit offenem Feuer eine große Rolle. Deshalb setzten wir auch auf Brandschutzerziehung in Schulen und Kitas, um dem frühzeitig vorzubeugen.
Welche Aufgaben muss eine freiwillige, wenngleich professionell aufgestellte Feuerwehr mittlerweile noch leisten?
Robitzsch: Wir haben viele Aufgaben. Manche Feuerwehrkollegen meinen allerdings, dass beispielsweise Türnotöffnungen oder Tragehilfen keine klassischen Aufgaben für die Feuerwehr seien. Das sehe ich anders. Bei Türnotöffnungen kann sich tatsächlich eine Person in einer Notlage befinden, also müssen wir Hilfestellung leisten. Lieber einmal mehr, als zu wenig. Es handelt sich schließlich unter Umständen um eine unklare Situation. Auch die Unterstützung für den Rettungsdienst mit Blick auf Tragehilfen stellt meiner Meinung nach ein Erfordernis dar – zumindest in begrenztem Maße, wenn beispielsweise adipöse Menschen aus dem Obergeschoss eines Hauses via Drehleiter ins Freie gebracht werden müssen. Auch die Beseitigung von Ölspuren ist eine wichtige Aufgabe. Davon gehen schließlich Gefahren aus, die in der Konsequenz alle Verkehrsteilnehmer in missliche Situationen geraten lassen können.
Anderes Thema: Stichwort Infrastruktur & Co.. Der Gefahrenabwehrbedarfsplan liegt im Entwurf vor. Die Gemeindevertreter müssen diesen demnächst bewerten, ehe sie eine Entscheidung dazu treffen, wohin die Reise für die Feuerwehr gehen kann, soll oder muss. Welche Baustellen hat die Feuerwehr in Brieselang aktuell?
Robitzsch: Klar ist, erhebliche Investitionen sind in den nächsten Jahren erforderlich, um die Leistungsfähigkeit der Feuerwehr zu erhalten. Generell haben wir aktuell begrenzte Platz- und Kapazitätsprobleme an den Feuerwehrstandorten. Dazu müssen Lösungen erarbeitet werden. Mein Anspruch wird zudem immer sein, dass wir über eine optimale Ausstattung verfügen, um jede Schadenslage meistern zu können. Das muss gewährleistet sein. Wir haben moderne Fahrzeuge und Schutzanzüge, wir dürfen aber niemals den Anschluss verlieren.
Der Ortsteil Zeestow ist gewissermaßen Feuerwehr-Diaspora. Dort gibt es seit mehr als zehn Jahren keinen eigenen Standort mehr. Ändert sich das in naher Zukunft wieder?
Robitzsch: Nein. Die Zielsetzung, eine Ortswehr in Zeestow zu aktivieren, gibt es zurzeit nicht. Für solche Bestrebungen haben wir aktuell keinen neuen Ansatz. Rückblickend lässt sich jedoch sagen, dass es sich dennoch als Fehler herausgestellt hat, die Ortswehr Zeestow aufzugeben. Vor meiner Amtszeit als Gemeindewehrführer galt die Ortswehr, so die Bgeründung, nicht mehr als leistungsfähig und wurde deshalb aufgelöst – und das bei ähnlichem Potenzial wie in Bredow.
Einen Tipp bitte noch: Was tun, wenn’s brennt?
Robitzsch: Die 112 wählen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Kontakt: Wer Kontakt zur Freiwilligen Feuerwehr Brieselang aufnehmen will, kann diesen entweder telefonisch unter 033232/3380, per Mail via info@gemeindebrieselang.de oder dienstagabends um 19 Uhr persönlich in der Feuerwehrwache, Paul-Mewes-Damm 7, suchen. Nach einer persönlichen Vorstellung wird eine Kurzführung durch das Feuerwehrdepot angeboten. Zudem werden weitere Erläuterungen zur ehrenamtlichen Tätigkeit als Feuerwehreinsatzkraft gegeben. Ein Aufnahmeantrag wird weiterhin ausgehändigt. Eine Bedenkzeit wird natürlich gewährt. (Text/Fotos: Gemeinde Brieselang/Rachner)
Dies ist eine Pressemitteilung, die der Redaktion zugeschickt wurde, und die wir zur Information der Bürger in der Region Havelland unredigiert übernehmen.
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